Tutorium beim Roboter
06.12.2022Roboter Pepper unterstützt Studierende bei der Klausurvorbereitung – mit großem Erfolg. Wer die Tutorien besucht, schreibt im Schnitt bessere Noten.
Sie ist etwa 1,20 Meter hoch, hat große, leuchtende Augen, ein leichtes Lächeln im weißen Kunststoffgesicht und trägt ein Tablet vor der Brust: Pepper. An der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg ist sie als Lernroboter im Einsatz. Konkret können Studierende bei ihr den Stoff aus den Vorlesungen Medieninformatik 1 & 2 von Professorin Birgit Lugrin nachbereiten. Von ungefähr 150 Teilnehmenden nutzten im letzten Semester zwischen 50 und 60 das Zusatzangebot.
Warum für den Roboter weibliche Pronomen verwendet werden? „Gute Frage“, meint Birgit Lugrin, „das hat sich bei uns mit Pepper einfach so eingebürgert.“
In der sozialen Robotik finden Pepper und ihre „Verwandten“ in vielen Bereichen Anwendung: „Das geht vom Einsatz in Seniorenheimen über medizinische Anwendungen bis zur Behandlung von Autismus bei Kindern. Ein zentrales Gebiet ist auch die Bildung, hier wird allerdings hauptsächlich mit Kindern gearbeitet. In der Hochschullehre ist die Nutzung ziemlich außergewöhnlich“, klärt die Informatikprofessorin auf.
Einzelunterricht mit Pepper
Wie sieht so ein Robotertutorium aber genau aus? Das beantwortet am besten Melissa Donnermann. Sie schreibt zu dem Thema ihre Dissertation mit dem Titel „Benefits of Robotic Tutors in Higher Education“ bei Birgit Lugrin: „Pepper bietet Einzeltutorien an. Diese sind auf adaptives Lernen ausgelegt, sie stellt sich also auf den Wissensstand der Studierenden ein, merkt sich Lernerfolge und passt die Aufgaben entsprechend an.“ Die nötigen Informationen erhält sie von den Studierenden vorab per Eingabe auf einem Tablet und aus den Antworten auf gestellte Fragen.
Was aber unterscheidet die Arbeit mit Pepper dann von einer herkömmlichen Lernsoftware? „Hier kommt die soziale Komponente ins Spiel“, weiß Melissa Donnermann. „Pepper spricht die Teilnehmenden mit Namen an, sie lobt zwischendurch, sucht Blickkontakt und gestikuliert.“ Studien zeigen, dass solche Aspekte beim Lernen durchaus wichtig sind. Das bestätige auch das Feedback der Studis: „Gerade das Loben finden sie toll, weil sowas im Unialltag mit großen Vorlesungen und Seminaren sonst selten vorkommt.“
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Für die Studierenden lohnt sich die Teilnahme gleich doppelt. Sie sammeln einerseits für das Studium benötigte Versuchspersonenstunden im Rahmen des sogenannten SONA-Systems. Zum anderen verbessern sich auch ihre Ergebnisse in den Klausuren zur Vorlesung signifikant. Birgit Lugrin berichtet, dass deshalb „viele das Angebot auch über den vergüteten Teil hinaus nutzten.“ An der JMU läuft das Projekt inzwischen im sechsten Semester.
Neben dem Einsatz in der Lehre finden soziale Roboter wie Pepper auch in anderen Berufsfeldern Anwendung. An der JMU werden im Rahmen des Projekts „Zentrum für Digitales Experimentieren 4.0“ (ZDEX), gefördert durch den Europäischen Sozialfonds (ESF), Anwendungsgebiete in kleinen und mittleren Unternehmen erforscht.
Hier übernimmt Pepper zum Beispiel Rezeptionsdienste, etwa in Hotels oder Arztpraxen. Ein Versuch zeigte, dass schon eine kurze Begrüßung von Patientinnen und Patienten durch Pepper und eine Interaktion mit ihr eine relevante Arbeitsentlastung für das Praxispersonal darstellte: „Andere Aufgaben mussten deshalb nicht abrupt unterbrochen werden, was die Abläufe verbesserte“, erklärt Birgit Lugrin. Bei einem neuen Versuch soll Pepper weitere Aufgaben übernehmen und Leute zum Beispiel in Warte- oder Behandlungszimmer führen.
Kontakt
Prof. Dr. Birgit Lugrin, Medieninformatik / Informatik 9, Tel: +49 931 31-84602, birgit.lugrin@uni-wuerzburg.de
Melissa Donnermann, Medieninformatik / Informatik 9, Tel: Tel: +49 931 31 83462, melissa.donnermann@uni-wuerzburg.de