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Uni goes Grundschule

07.07.2020

Ein Klassenzimmer voll mit digitalen Medien, mit Videotechnik und mit flexiblem Mobiliar: Das gibt es jetzt in einer Würzburger Grundschule. Das Kooperationsprojekt mit der Universität soll helfen, den Unterricht zu verbessern.

Austausch im Uni-Klassenzimmer der Josef-Schule mit (v.l.) stehend: Sanna Pohlmann-Rother und Gabriele Schwenkert sowie sitzend den wissenschaftlichen Mitarbeitern am Lehrstuhl Grundschulpädagogik Tina Jocham und Larissa Ade sowie dem stellvertretenden Schulleiter Lothar Müßig.
Austausch im Uni-Klassenzimmer der Josef-Schule mit (v.l.) stehend: Sanna Pohlmann-Rother und Gabriele Schwenkert sowie sitzend den wissenschaftlichen Mitarbeitern am Lehrstuhl Grundschulpädagogik Tina Jocham und Larissa Ade sowie dem stellvertretenden Schulleiter Lothar Müßig. (Bild: privat)

Wenn seit Kurzem in einem bestimmten Klassenzimmer an der Josef-Grundschule im Würzburger Stadtteil Grombühl Unterricht stattfindet, können Lehrkräfte, Dozierende oder Studierende das Geschehen unmittelbar in einem angrenzenden Zimmer mitverfolgen – Videotechnik und ein Live-Stream machen das möglich. Und noch etwas ist in dem Klassenzimmer anders: Es ist ausgestattet mit neuesten digitalen Medien wie Tablets und Smartboards sowie mit flexiblem Mobiliar, das es ermöglicht, die Sitzordnung schnell und unkompliziert den jeweiligen Unterrichtssituationen anzupassen.

Ein Plus für Praxisbezug und Vernetzung

PLUS@Wü: So lautet der Name des Projekts, das hinter dem digitalen Klassenzimmer steht – oder ausgeschrieben: „Progressives Lernen durch Universität und Schule in Würzburg“. Verantwortlich dafür ist die Professorin Sanna Pohlmann-Rother, Inhaberin des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Ihre Kooperationspartnerinnen und -partner sind die Rektorin der Josef-Grundschule, Gabriele Schwenkert, die Schulamtsdirektorin des Staatlichen Schulamts Würzburg, Claudia Vollmar, sowie das Bildungs-, Schul- und Sportreferat der Stadt Würzburg. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst fördert das Projekt.

„Wir wollen mit dem Uni-Klassenzimmer den Praxisbezug im Studium und die Vernetzung der Lehrerbildung verbessern“, beschreibt Pohlmann-Rother die Ziele des Projekts. Die UNI-Klasse könne sowohl von Studierenden als auch von Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern während des Referendariats sowie von Lehrkräften im Rahmen von Fortbildungen oder zur kollegialen Beratung genutzt werden. Und das ohne den Unterricht durch ihre Anwesenheit zu stören. „Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten regen zur Vernetzung der einzelnen Phasen der Lehrerbildung an sowie zur Kooperation der an der Lehrerbildung beteiligten Akteure“, ist die Professorin überzeugt.

Mehr Praxisbezug im Studium

Von dem Klassenzimmer profitieren können sowohl Schule als auch Universität. „Für die universitäre Lehrerbildung in Würzburg bieten die Unterrichtsbeobachtungen das Potenzial, den Praxisbezug im Studium zu erhöhen und vertiefte Reflexionsprozesse über unterrichtliche Lehr-Lernprozesse anzuregen“, erklärt Pohlmann-Rother. Studierende können beispielsweise im Live-Stream das Geschehen im Klassenzimmer beobachten und mit ihrem Wissen über Grundschulpädagogik und -didaktik analysieren. Das erhöhe nicht nur den Transfer von der Theorie in die Praxis, sondern fördere auch die kritische Auseinandersetzung und Diskursfähigkeit der Studierenden.

Insofern unterstütze das Projekt Studierende dabei, das im Studium vermittelte, theoretisch fundierte und forschungsbasierte Wissen hinsichtlich seiner Relevanz und Tragweite für Schule und Unterricht durch Praxiserfahrungen zu erweitern und kritisch zu reflektieren.

Auch die Schule profitiert

Von dem Projekt profitieren kann aber auch die Josef-Grundschule. Beispielsweise wenn Lehrkräfte sowie Lehramtsanwärterinnen und -anwärter in dem Uni-Klassenzimmer unterrichten und Kolleginnen oder Kollegen ihnen im Nebenzimmer dabei zuschauen. Diese Form der „kollegialen Hospitation“ biete allen Beteiligten die Chance, ihre professionellen Kompetenzen weiterzuentwickeln, so Pohlmann-Rother. Der Technikeinsatz biete nicht zuletzt die seltene Möglichkeit eines Perspektivwechsels auf das eigene Unterrichten, aber auch auf die Schülerinnen und Schüler in der Klasse.

Zudem erhält die Grundschule die Chance, ihr Medienkonzept in Zusammenarbeit mit Dozierenden und Studierenden der Universität weiterzuentwickeln und innovative Unterrichtskonzepte mit digitalen Medien kennenzulernen und zu erproben. Hiervon profitieren auch die Schülerinnen und Schüler der Josef-Grundschule.

Einzigartig in Nordbayern

Verschiedene Lehrveranstaltungen des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik werden künftig in den Räumen der UNI-Klasse, also direkt in der Schule, stattfinden. Im Rahmen dieser Seminare erhalten die Studierenden die Möglichkeit, selbst Unterricht zu planen, durchzuführen und zu reflektieren, oder auch Unterricht erfahrener Lehrkräfte zu beobachten. Thematisch kreisen die Seminarinhalte beispielsweise um die Frage, wie ausgewählte Applikationen beziehungsweise Softwareprogramme digitaler Medien zur individuellen Förderung in der Grundschule eingesetzt oder verschiedene Erstsprachen der Kinder in den Unterricht einbezogen werden können.

Vergleichbare Projekte gibt es in Bayern nur noch an den Standorten München und Regenburg. In Nordbayern ist das Projekt einmalig und macht den Standort Würzburg für die universitäre Lehrerbildung im Lehramt Grundschule besonders attraktiv; zugleich profitieren auch die anderen Phasen der Lehrerbildung wie Referendariat, Fort- und Weiterbildung davon.

Start unter besonderen Bedingungen

Zwei Jahre haben die Vorbereitungen für das Uni-Klassenzimmer gedauert – dann kam Corona. Wegen den damit verbunden Schul- und Universitätsschließungen musste Sanna Pohlmann-Rother innerhalb kürzester Zeit für die Gestaltung ihrer Seminare im Sommersemester eine Alternative entwickeln. „Sowohl den Lehrkräften als auch den Dozierenden an der Universität war es wichtig, dass der Kooperationsgedanke auch im alternativen Seminarformat erhalten bleibt“, sagt sie.

Das Ergebnis: Während das Kollegium der Schule inhaltlich relevante Unterrichtsthemen für die Studierenden formuliert und mit den Schülerinnen und Schülern beim „Lernen zuhause“ übt, sind die Studierenden derzeit dabei, diese Inhalte in Lernvideos für die Kinder so aufzubereiten, dass diese sich auch kleinere neue Unterrichtsthemen zuhause selbstständig erarbeiten beziehungsweise diese vertiefen können. Die Videoclips werden von den Studierenden auf ihre Eignung für den Einsatz in der Schule wie auch zu Hause geprüft; sie bilden einen kleinen Fundus selbst entwickelter, digitaler Lernmaterialien, auf den sowohl Studierende als auch Lehrkräfte zugreifen können.

Kontakt

Prof. Dr. Sanna Pohlmann-Rother, Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik,
T: +49 931 31-86856, sanna.pohlmann-rother@uni-wuerzburg.de 

Homepage des Lehrstuhls

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