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Vater der Orchideen

05.06.2018

Orchideen galten früher als exklusive Pflanzen. Heute kann man sie für wenig Geld kaufen, oft sogar beim Discounter. Möglich wurde das durch den Würzburger Botaniker Hans Burgeff.

Professor Hans Burgeff mit einer seiner Orchideenzüchtungen. (Foto: Botanischer Garten)

Mit einer Pflanzenvitrine macht der Botanische Garten der Julius-Maximilians-Universität (JMU) auf der bayerischen Landesgartenschau 2018 auf sich aufmerksam. Sie steht im LAB 13, dem gemeinsamen Ausstellungsraum der Würzburger Hochschulen.

In der Vitrine wachsen auch tropische Orchideen, vor allem die als Zimmerpflanzen sehr bekannten Phalaenopsis-Hybriden. Sie haben für die JMU und den Botanischen Garten eine ganz besondere Bedeutung: Es war der Würzburger Botanik-Professor Hans Burgeff (1883-1976), der sie gezüchtet hat. Zuvor hatte er herausgefunden, wie man Orchideen aus Samen vermehren kann. Burgeff war von 1925 bis 1958 Ordinarius am Botanischen Institut und Direktor des Botanischen Gartens.

Winzige Samen ohne Nährgewebe

Heutzutage bietet fast jede Gärtnerei tropische Orchideen für die Fensterbank für relativ wenig Geld an. Das war nicht immer so. Früher mussten die Pflanzen in ihren tropischen Heimatländern gesammelt und importiert werden.

Der Grund: Orchideen lassen sich nicht so einfach vermehren wie die die meisten anderen Pflanzen. Der Versuch, sie auf klassischem Weg über Samen zu vermehren, schlägt meist fehl. Zwar sind Orchideen im Pflanzenreich mit Abstand die Weltmeister in der Samenproduktion – pro Frucht entstehen bis zu einer Million Samen. Allerdings bilden sie auch die kleinsten und leichtesten Samen. Sie sind fein wie Staub und wiegen nur wenige millionstel Gramm.

Jeder Same besteht nur aus einem Embryo und einer hauchdünnen Samenwand. Ein Gewebe zur Speicherung von Nährstoffen gibt es nicht. Dagegen nimmt bei den meisten anderen Pflanzengruppen das Nährgewebe den größten Teil des Samens ein – es ernährt den Embryo bei der Keimung, bis er selber ausreichend Photosynthese machen kann. Keimen Orchideensamen, bedeutet das für die meisten Embryonen den Tod, weil sie „verhungern“.

Orchideensamen brauchen Pilze

Der Würzburger Botaniker Hans Burgeff fand heraus, wie man Orchideen erfolgreich zum Keimen bringen kann. Der Schlüssel zum Erfolg sind Pilze im Boden: Sie wachsen in den jungen Embryo ein und versorgen ihn mit Nährstoffen.

Deshalb sind Orchideen bei der Keimung von diesen Pilzen abhängig. Manche Orchideen, vor allem an dunklen Waldstandorten, benötigen ihr ganzes Leben das innige Zusammenspiel mit Pilzen.

„Stern von Rio“ und andere Züchtungen

Nachdem Burgeff diese Wechselbeziehung zwischen Pflanze und Pilz verstanden hatte, konnte er auf künstlichen Nährmedien mit passenden Pilzen Orchideensamen nicht nur zum Keimen bringen – er konnte auch gezielte Kreuzungen durchführen. Dabei bevorzugte er die Orchideengattungen Phalaenopsis und Vanda. Von ihnen züchtete er viele äußerst attraktive Hybriden, die ihm weltweit Anerkennung brachten.

Für viele seiner neuen Sorten wie den „Stern von Rio“ erhielt Burgeff hohe Auszeichnungen bei internationalen Gartenschauen. Aus der ganzen Welt kamen Orchideenliebhaber in den Würzburger Botanischen Garten, um die faszinierenden Neuzüchtungen kennenzulernen. Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde Burgeff als Mitglied in die Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften und in die Göttinger Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Raubbau an Orchideen stoppen

Dem Naturschützer Burgeff ging es aber auch noch um etwas anderes: Die Nachfrage nach tropischen Orchideen war zu seiner Zeit bereits immens. Das führte zu einem Raubbau in den Herkunftsländern und zur Ausrottung seltener Arten.

Es war ein Anliegen des Würzburger Professors, den Import von Orchideen und damit den Raubbau in den Tropen durch seine Zuchtmethode aus Samen einzuschränken. Dass Orchideen heutzutage als Massenware so billig angeboten werden können, liegt auch an seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Pflanzen vor der Bombardierung gerettet

Am 16. März 1945 wurde Würzburg und damit auch der Botanische Garten durch einen Bombenangriff weitgehend zerstört. Hans Burgeff aber hatte rechtzeitig einen Teil seiner Orchideen aus der Stadt gebracht und in einem Emaillierwerk bei Gambach eingelagert. Das rettete vielen wertvollen Pflanzen das Leben.

Nach dem Krieg besserte er durch den Verkauf seiner Orchideen-Neuzüchtungen den Etat des Botanischen Instituts und Gartens auf. Die Einnahmen ermöglichten die Anschaffung von Literatur und wissenschaftlichen Apparaten. Die in der LGS gezeigten Orchideen halfen also mit, den Lehr- und Forschungsbetrieb am Botanischen Institut nach dem Krieg schnell wieder in Gang zu bringen.

Sammlung von Burgeff-Orchideen

Die historisch wertvolle Sammlung von Burgeff-Orchideen wird im Botanischen Garten weiterhin gepflegt. Wenn die Landesgartenschau vorüber ist, können Interessierte die Vitrine mit den Burgeff-Züchtungen wieder im Blütengang des Botanischen Gartens bewundern – das ganze Jahr hindurch täglich bei freiem Eintritt.

Weitere Bilder

Von Markus Riederer und Gerd Vogg

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