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Verbindung von Radiologie mit Künstlicher Intelligenz

14.12.2021

Bettina Baeßler leitet den neuen Schwerpunkt „Kardiovaskuläre Bildgebung und Künstliche Intelligenz“ am Uniklinikum Würzburg. Die Expertin der Radiomics-Forschung engagiert sich auf vielen weiteren Feldern der Universitätsmedizin.

Bettina Baeßler, die Leiterin des neuen Schwerpunkts „Kardiovaskuläre Bildgebung und Künstliche Intelligenz“ am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Uniklinikums Würzburg.
Bettina Baeßler, die Leiterin des neuen Schwerpunkts „Kardiovaskuläre Bildgebung und Künstliche Intelligenz“ am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Uniklinikums Würzburg. (Bild: Henner Huflage / Uniklinikum Würzburg)

Seit Anfang Oktober dieses Jahres leitet Bettina Baeßler den Bereich „Kardiovaskuläre Bildgebung“ am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Uniklinikums Würzburg (UKW). Außerdem wurde die Radiologin im Rahmen einer W2-Professur mit dem neugeschaffenen Schwerpunkt „Kardiovaskuläre Bildgebung und Künstliche Intelligenz“ betraut. „Ich freue mich sehr, dass wir mit Professorin Baeßler eine der national wie international anerkanntesten Vordenkerinnen auf dem Gebiet „Radiomics“ gewinnen konnten“, kommentierte Professor Thorsten Bley, der Direktor des Instituts, den Neuzugang.

Hinter der Wortneuschöpfung Radiomics steht die Idee, aus radiologischen Bildern quantitative und mehrdimensionale Informationen zu gewinnen. Dazu sind Big-Data-Analysen erforderlich, denn in den zum Beispiel mit Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) erzeugten Aufnahmen stecken riesige Datenmengen, deren Informationsgehalt größer ist, als es das menschliche Auge erfassen kann.

Der Weg hin zu diesem vergleichsweise neuen Forschungsansatz startete für die gebürtige Kölnerin praktisch unmittelbar nach dem im Jahr 2010 abgeschlossenen Medizinstudium an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Schon als Assistenzärztin am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Uniklinik Köln widmete sich Bettina Baeßler im Rahmen ihrer Promotionsarbeit der quantitativen kardialen MRT. „Mein Fokus lag von Beginn an auf der Entwicklung, Validierung und Translation neuer quantitativer Bildgebungstechniken. Zunächst ging es dabei um die Diagnostik von Herzmuskelentzündungen“, berichtet die Wissenschaftlerin und fährt fort: „Im weiteren Verlauf kam dann die Untersuchung anderer Herzerkrankungen und schließlich auch anderer Organsysteme dazu.“

Aufstieg zur Radiomics-Expertin

Ihr tiefschürfendes Engagement sorgte dafür, dass sich die Medizinerin mehr und mehr mit komplexen statistischen Verfahren und den Techniken des maschinellen Lernens auseinandersetzte, was sie in den Bereich von Radiomics führte. Um sich die für Radiomics-Analysen nötigen, speziellen EDV-Kenntnisse anzueignen, verbrachte sie im Jahr 2016 einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt am Universitätsspital Zürich. Ausgestattet mit dem dort erworbenen, grundlegenden Know-how leitete Baeßler ab 2016 in Köln die Arbeitsgruppe „Multiparametrische Bildgebung und Radiomics“ und zwischen 2018 und 2019 das Geschäftsfeld „Medical Imaging Informatics and Radiomics“ an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Uni Heidelberg. Als letzte berufliche Station vor dem Wechsel nach Würzburg führte die Oberärztin die „Cardiovascular Imaging and Data Science Group“ des Universitätsspitals Zürich.

Mit ihrer Radiomics-Expertise erstellte sie hochrangig publizierte Studien, wobei sich zu den ursprünglichen kardiovaskulären im Verlauf auch onkologische Themen gesellten. Ihre Forschungsergebnisse stießen in Fachkreisen vielfach auf große Anerkennung und wurden mit diversen Preisen geehrt, darunter der Walter-Friedrich-Preis 2018 und der Wilhelm Conrad Röntgen-Preis 2020, beide vergeben durch die Deutsche Röntgengesellschaft.

Können die Limitationen von Radiomics überwunden werden?

„Wir stehen jetzt an einem Punkt, wo wir das bislang gewonnene Radiomics-Wissen gerne in die klinische Anwendung bringen würden. Allerdings zeigen sich bei kritischer Betrachtung dafür massive technische Limitationen“, sagt Baeßler. Sie meint damit: Geräte unterschiedlicher Hersteller, verschiedene Bildaufnahmesequenzen und die Vielzahl der bei der Detektion wählbaren Parameter sorgen für extrem heterogene Bilddaten, die sich – zumindest aktuell – nicht standardisieren lassen. „Soll Radiomics in Zukunft zu einer klinischen Erfolgsgeschichte werden, muss es uns gelingen, die Bilddaten zu homogenisieren. Ein möglicher Schlüssel dazu ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Dies gehört zu meinen zentralen Forschungszielen am UKW, entsprechende Projekte dazu werden derzeit angestoßen“, so die Professorin.

Die Würzburger Rahmenbedingungen für ihre weitere Forschung bezeichnet sie als perfekt. So seien zum Beispiel mit dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz, der Onkologie am UKW, dem Forschungszentrum „Künstliche Intelligenz und Data Science“ (CAIDAS) der Uni Würzburg sowie einer forschungsstarken MR-Physik hochkompetente Partner für die erforderliche interdisziplinäre Zusammenarbeit vor Ort. „Besonders erfreulich – und keine Selbstverständlichkeit in der deutschen Universitätslandschaft – ist dabei der ausdrückliche Wille zur fächerübergreifenden Zusammenarbeit, den ich hier schon in den ersten Monaten erleben durfte“, unterstreicht Baeßler und ergänzt: „Hier finde ich ein hervorragendes Setting – angefangen von herausragenden Forscherpersönlichkeiten bis zur technischen Ausstattung – um grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse in die klinische Anwendung zu bringen.“

Engagement für bessere (Online-)Lehre

Neben Forschung und Klinik liegt der neuen Professorin die Lehre besonders am Herzen. „In jungen Jahren hätte ich mir auch vorstellen können, Lehrerin zu werden. Dieser edukative Anspruch ist ein wesentlicher Grund, weshalb ich in der Hochschulmedizin richtig bin“, schildert Bettina Baeßler. Dabei erlebte sie die Lehre in ihrem eigenen Studium als keineswegs optimal. „Ich dachte mir damals schon: Das muss doch besser gehen!“, berichtet sie heute. Deshalb gestaltete sie bereits als Assistenzärztin und Lehrkoordinatorin an der Uniklinik Köln das Curriculum der Radiologie neu, zum Beispiel mit auch heute noch erfolgreichen Youtube-Lehrvideos. Ihr Wunsch nach qualitativen Online-Lehrinhalten führte im Frühjahr dieses Jahres dazu, dass sie zusammen mit zwei Kolleginnen die LernRad GmbH, eine interaktive digitale Lernplattform für die Radiologie, gründete.

Ihr Engagement für gute Lehre geht über die Radiologie hinaus. So ist Bettina Baeßler seit annähernd drei Jahren in der Überarbeitung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Medizin (NKLM) hochaktiv.

„Zu den Pluspunkten meines Wechsels nach Würzburg zählt, dass die Lehre auch bei Prof. Bley einen hohen Stellenwert hat und er – trotz des hier schon erreichten, sehr hohen Niveaus – offen ist für neue, zum Beispiel digitale Lehrkonzepte“, unterstreicht Baeßler.

Förderung der Diversität als Herzensangelegenheiten

Eine Herzensangelegenheit ist für sie ferner die Leitung der Diversity-Kommission der Deutschen Röntgengesellschaft. „Unser Ziel ist es, lösungsorientiert Ideen und Instrumente zu entwickeln, um die Vielfalt in der Röntgengesellschaft und der Radiologie allgemein zu fördern“, beschreibt die zweifache Mutter und fährt fort: „Die Medizin hat in allen Dimensionen der Diversität Verbesserungsbedarf – und gerade in der Medizin könnte man so viele moderne Konzepte, wie zum Beispiel ‚Geteilte Führung‘, gut umsetzen.“ Ein zentrales Informationsmedium der Diversity-Kommission ist der Podcast „RADiversum“, den Baeßler maßgeblich mitgestaltet.

Von UKW

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