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Verschränkt und verschlüsselt

18.01.2022

Der Physiker Tobias Huber forscht an den Grundlagen der Quantentechnologie. Dafür erhält er vom Bundesforschungsministerium knapp fünf Millionen Euro.

Quantentechnologien bieten Möglichkeiten für neue Anwendungen in der Informationsübertragung und -verarbeitung.
Quantentechnologien bieten Möglichkeiten für neue Anwendungen in der Informationsübertragung und -verarbeitung. (Bild: Moritz Meinecke)

Quantenkommunikation und Quantencomputer: An diesen Zukunftsthemen forscht Dr. Tobias Huber am Lehrstuhl für Technische Physik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Für ein neues Projekt erhält er jetzt 4,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Damit kann der Physiker seine eigene Nachwuchsgruppe aufbauen und über die Laufzeit von fünf Jahren hinweg an den Grundlagen der Quantentechnologien der zweiten Generation forschen.

„Wir arbeiten daran, Lichtteilchen, sogenannte Photonen, mithilfe von Halbleiterstrukturen in speziellen, komplex verschränkten Zuständen zu präparieren“, beschreibt Huber das Ziel der neuen Forschungsgruppe. „Verschränkt“ bedeutet in diesem Fall: Unabhängig davon, wie weit die Teilchen voneinander entfernt sind, beeinflusst eine Veränderung an einem Teilchen automatisch auch alle anderen Teilchen – ein Effekt, der unter dem Schlagwort „Spukhafte Fernwirkung“ bekannt geworden ist.

Verschränkte Photonen bilden die Grundlage

Verschränkung ist – neben der Superposition – eine von zwei Schlüsselkomponenten für Quantentechnologien und bildet die Grundlage für Quantencomputer und Quantenkommunikation. Huber versetzt dafür – stark vereinfacht dargestellt – in einem Halbleiter ein Elektron in einen angeregten Zustand. Fällt dieses Elektron anschließend in seinen Grundzustand zurück, emittiert es ein Lichtteilchen – ein Photon. Wird dieser Prozess wiederholt, entstehen Photonen, die miteinander verschränkt sein können. Mit drei Photonen will Huber starten; am Ende hofft er, auf diese Weise bis zu 32 untereinander verschränkte Photonen erzeugen zu können.

„Wenn uns das gelingt, kann man damit tolle Sachen machen“, sagt der Physiker. Ein Beispiel dafür sind Quantennetzwerke, die Information mit Lichtteilchen übertragen. Weil es dabei jedoch zu unvermeidbaren Leitungsverlusten kommt, sind die Übertragungsstrecken bisher begrenzt. Abhilfe sollen sogenannte Quantenrepeater als Signalverstärker schaffen. „Mit der Technik, an der wir arbeiten, wäre es möglich, speicherfreie Quantenrepeater zu entwickeln, was den Vorteil hat, dass man die zahlreichen Knoten eines Quantennetzwerks nicht mehr synchronisieren muss“, so Huber.

Spezialrechner für spezielle Probleme

Verschränkte Photonen sind auch die Grundlage von Quantencomputern. Als Informationsträger eingesetzt, können sie nicht nur Werte von Null oder Eins annehmen, sondern auch alle Zustände dazwischen. Erste Computer, die auf dieser Basis arbeiten, existieren bereits. So hat Google einen Quantencomputer entwickelt, der mit 53 Qubits rechnet, und ist damit weltweit führend. 53 Qubits: Das hört sich nach wenig an. Trotzdem ist der Rechner in der Lage, spezielle Probleme innerhalb weniger Minuten zu lösen – wofür traditionelle Hochleistungsrechner mehrere tausend Jahre gebraucht hätten.

„Quantencomputer sind Spezialrechner, die spezielle Probleme extrem effizient lösen können“, antwortet Tobias Huber, wenn man ihn fragt, ob diese Technik in absehbarer Zeit die bisherigen Rechner ablösen wird. Was sie unter anderem so interessant macht, ist die Tatsache, dass unter diese speziellen Probleme die Primfaktorzerlegung fällt – und damit die Basis der meistgenutzten Verschlüsselungstechniken weltweit. Ein Quantencomputer wäre in der Lage, verschlüsselte Botschaften in kürzester Zeit zu knacken.

Herausforderung für die Verschlüsselung

Um trotzdem sicher kommunizieren zu können, liefert allerdings Quantentechnologie auch die Lösung: Dafür arbeiten die Beteiligten mit einem geheimen Schlüssel, den sie mit Hilfe von verschränkten Photonen erzeugt haben. Greift ein unbefugter Zuhörer nun auf ein Photon zu, verändert sich dessen Zustand – und damit automatisch auch der Zustand sämtlicher verschränkter Photonen. Und die Gesprächspartner sehen: Sie werden gerade belauscht.

Einfach wird die Arbeit für Tobias Hubers Nachwuchsgruppe nicht, und fünf Jahre sind dafür knapp bemessen. „Teilziele sind auf jeden Fall erreichbar. Es wird aber extrem herausfordernd, alle von uns gesteckten Ziele zu verwirklichen“, sagt er. Sogar das Risiko eines Ausfalls besteht seinen Worten nach. Denn letzten Endes sei das, was er in dem Labor am Hubland-Campus der JMU betreibe, Grundlagenforschung. Und die könne auch zum Ergebnis haben, das physikalische Hindernisse, die heute noch gar nicht bekannt sind, das Projekt zum Scheitern bringen.

Zur Person

Tobias Huber stammt aus Tirol und hat an der Universität Innsbruck Physik studiert. Dort wurde er auch promoviert. Nach zwei Jahren als Stipendiat am Joint Quantum Institute (USA) wechselte er im Herbst 2018 an die Universität Würzburg. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter forscht er seitdem am Lehrstuhl für Technische Physik bei Professor Sven Höfling.

Mit dem Geld des BMBF kann Huber nun seine eigene Gruppe aufbauen, in der neben ihm zwei Postdocs, drei Doktoranden sowie Masterstudierende forschen werden.

Das Förderprogramm

Der Nachwuchswettbewerb „Quantum Futur“ des BMBF ist Teil des Programms „Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt“. Er soll jungen Akademikerinnen und Akademikern beste Start- und Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten bieten. Exzellente Nachwuchsköpfe sollen so die Möglichkeit erhalten, den Übergang von Erkenntnissen der Grundlagenforschung in neuartige Anwendungen in der Industrie zu stimulieren.

Bei der sogenannten zweiten Generation der Quantentechnologien steht der kontrollierte Quantenzustand einzelner oder gekoppelter Systeme im Vordergrund, das heißt seine gezielte Präparation, seine kohärente Kontrolle und nachfolgende Auslese. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten für neue Anwendungen in der Informationsübertragung und -verarbeitung, höchstpräzise und -sensible Mess- und Abbildungsverfahren oder auch die Überwindung heutiger Beschränkungen bei der Simulation komplexer Systeme, so das BMBF.

Kontakt

Dr. Tobias Huber, Universität Würzburg - Lehrstuhl für Technische Physik
T: +49 931 84117, tobias.huber@physik.uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch

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