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Vom Krieg gezeichnet

11.10.2016

Ein historischer Globus, überzogen mit Schrammen, Brandlöchern und Spachtelrändern. Welche Geschichte steht hinter diesem auffälligen Stück, das auf einem barocken Holzgestell in der Universitätsbibliothek thront? Regina Beitzinger weiß es.

Blickfang: Einer der zwei historischen Globen ist in einem Lesesaal der Universitätsbibliothek Würzburg aufgestellt. (Foto: Robert Emmerich)
Blickfang: Einer der zwei historischen Globen ist in einem Lesesaal der Universitätsbibliothek Würzburg aufgestellt. (Foto: Robert Emmerich)

Wer schon einmal den Lesesaal „Sondersammlungen“ im dritten Stock der Würzburger Universitätsbibliothek betreten hat, dürfte ihn nicht übersehen haben: den alten Globus, der dort auf einem Holzgestell ruht. Ein wahrhaft altehrwürdiges Stück, wie es scheint. Regina Beitzinger kann das bestätigen – zur Vorbereitung auf eine Führung zum Thema Kartographie hat sich die Bibliothekarin eingehender mit der Geschichte des Globus beschäftigt.

„Wir haben zwei solche Globen in der Bibliothek, denn zu ihrer Entstehungszeit war es üblich, jeweils in gleicher Ausführung einen Erd- und einen Himmelsglobus anzufertigen“, sagt Beitzinger. Im Lesesaal der Sondersammlungen sehen die Besucher den Erdglobus; der Himmelsglobus ist im Handschriftenmagazin verwahrt.

Gebaut um 1715 in Nürnberg

Johann Ludwig Andreae hat die beiden Würzburger Globen in den Jahren 1715/16 in Nürnberg hergestellt. Die Stadt war damals eine Hochburg der Globenproduktion. Geliefert wurden die Stücke immer mit jeweils passenden Holzgestellen.

Die Kugeln bestehen aus Pappe, die mit Gipskreide überzogen ist. Die kartographischen Darstellungen der Erde und des Himmels wurden als kolorierte Kupferstiche auf Papier angefertigt und dann in einzelnen Segmenten auf die Kugeln geklebt.

Physiker gaben die Stücke der Bibliothek

„Leider liegt die Geschichte unserer zwei Exemplare weitgehend im Dunkeln“, bedauert Beitzinger. Vermutlich lasse sich nicht mehr herausfinden, wie die beiden Globen nach Würzburg und an die Universität kamen. Im Universitätsarchiv existiert aber immerhin ein Schriftstück (Akt ARS 3230), das den Übergang an die Universitätsbibliothek belegt.

In dem Dokument genehmigt der Akademische Senat dem „Conservator des Physikalischen Instituts“ mit Schreiben vom 12.02.1876, elf Globen aus der institutseigenen Sammlung auszusondern und der Universitätsbibliothek zu übergeben. Die Bibliothek hatte zuvor offensichtlich ihr Interesse an den Stücken bekundet. „In der Physik wurden die Globen sicherlich in der Lehre verwendet“, sagt Beitzinger.

Auf Dachboden in Vergessenheit geraten

In der Bibliothek schmückten die Kugeln dann den Lesesaal, damals noch in der Alten Universität in der Domerschulstraße. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der fast kompletten Zerstörung von Würzburg gerieten die Globen auf einem Dachboden der Alten Uni in Vergessenheit. Erst Anfang der 1960er-Jahre wurden sie dort wiederentdeckt. „Sie waren im Krieg und durch die lange Lagerung in zu feuchter Luft schwer beschädigt worden“, so die Würzburger Bibliothekarin.

In München so gut wie möglich restauriert

Darum schickte die Universität die beiden Globen um 1963/64 nach München, zum Vorläufer des heutigen Instituts für Buch- und Handschriftenrestaurierung. Dort wurden die Gestelle und Armierungen wieder zusammengesetzt oder ergänzt, der Erhaltungszustand der Kugeln wurde so gut wie möglich gesichert. Es blieb ein großflächiger Substanzverlust an der Oberfläche. Und so sind die Globen noch heute von Schrammen, Scharten, Brandlöchern sowie Klebe- und Spachtelrändern verunziert.

Zur Restaurierung der Globen und zu ihrem vorherigen Zustand findet sich leider kein Nachweis in den Akten der Unibibliothek. „Da weiß man die akribischen Aufzeichnungen heutiger Restauratoren umso mehr zu schätzen“, sagt Beitzinger.

Literatur zum Thema

Alois Fauser, Traudl Seifert: „Ältere Erd- und Himmelsgloben in Bayern“, Schuler-Verlag Stuttgart, 1964.

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