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Vom Tippen und Wischen im Alter

21.04.2020

Wie Ältere die Kommunikation mit Smartphone oder PC lernen, haben sich Studierende der Uni Würzburg in einem Internet-Senioren-Café angesehen. Dabei konnten sie Aspekte herausarbeiten, wie der Lernerfolg optimiert werden kann.

Die Studierenden (von links) Alexander Zwurtschek, Stephanie Müller und Pearl-Sue Carper präsentierten Ihre Ergebnisse den Seniorinnen und Senioren.
Die Studierenden (von links) Alexander Zwurtschek, Stephanie Müller und Pearl-Sue Carper präsentierten Ihre Ergebnisse den Seniorinnen und Senioren. (Bild: Herbert Schmidt)

Wie schaffen es Seniorinnen und Senioren, im digitalen Zeitalter mit neuen Medien umzugehen? Drei Studierende der Europäischen Ethnologie/Volkskunde an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg haben diese Frage mit Praxisarbeit in einem Internetcafé für Senioren untersucht – und haben dazu einige Tipps und Antworten gefunden.

Drei Monate engagierten sich die Studierenden Pearl-Sue Carper, Stephanie Müller und Alexander Zwurtschek ehrenamtlich im Würzburger Café „Internet – Von Senioren für Senioren“. Und sie untersuchten dabei den Lernprozess der Cafébesucherinnen und Besucher im Umgang mit digitalen Medien – natürlich mit deren Einverständnis. In der Jahresschrift des JMU-Lehrstuhls Europäische Ethnologie/Volkskunde „Alltag – Kultur Wissenschaft“ zum Thema „Plurale Literalitäten“ haben sie nun ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht.

Gegenseitiges Verständnis ist gefragt

Unter Literalität versteht man das Beherrschen von Lesen und Schreiben. Plurale Literalitäten meint die Erweiterung um neue Arten der Kommunikation im Kontext der Digitalisierung – also zum Beispiel Umgang und Kommunikation mit dem Smartphone, dem Tablet oder Computer. Den drei Studierenden ging es in ihrer Forschung jedoch nicht nur um das „was“ an Smartphone oder PC gemacht wird, sondern auch um das „wie“ – also die genauen Bewegungen, die mit der Hand gemacht werden, um die Geräte zu bedienen.

Die Studierenden fanden heraus, dass der Körper ein ganz zentrales Instrument beim Erlernen neuer digitaler Praktiken ist. „Tatsächliche Kompetenz entwickelt man nur durch das eigene Tun. So können Praktiken erprobt und Ängste abgebaut werden“, sagt Alexander Zwurtschek. „Darüber hinaus liegt der Schlüssel zum Abbau der Kluft zwischen Jung und Alt in mehr Verständnis für die beide Seiten, was nur durch gemeinsames Handeln gelingt.“ Über das Problem zu sprechen reicht demnach also nicht.

Tipps für das Lernen mit neuen Technologien

Körperlichkeit, die Visualisierung von Erklärungen und eine stärkere Zusammenarbeit von Jung und Alt sind für die drei Studierenden drei wesentlichen Faktoren, um Seniorinnen und Senioren erfolgreich im Umgang mit digitalen Medien zu schulen.

 „Der Unterschied zwischen Alt und Jung besteht nicht zwangsläufig im Wissen, wie etwas funktioniert, sondern vielmehr in der Gewohnheit“, sagt Pearl-Sue Carper. Denn auch Jüngere würden die Prozesse meist nicht hinterfragen und verstünden auch nicht immer, wie Geräte und Anwendungen genau funktionieren. Carper: „Der Unterschied liegt in der Routine, im sogenannten Körperwissen. Inkorporierte Bewegungen, die stark unterbewusst ablaufen und nur durch regelmäßiges ‚Selbst-Tun‘ trainiert werden können.“

Metaphern spielen zudem eine wichtige Rolle, um Erklärungen verständlich zu gestalten. „Komplexe digitale Vorgänge werden mit einfachen Beispielen aus dem Alltag der älteren Menschen visualisiert“, erklärt Stephanie Müller. Ihr Vorschlag für die Zukunft:  Diese Metaphern katalogisieren und in Schaubildern zusammenfassen, als Verständnishilfen für häufige Begriffe aus der digitalen Welt.

Eine gewisse Kluft zwischen den Generationen mag zwar bestehen, ist aber alles andere als unüberwindbar, schreiben die Studierenden. Ihre Lösung: Zusammenarbeit und Empathie. „Auch Ältere lernen im Internetcafé extrem schnell, wenn sie mit Ihrem Wissen dort abgeholt werden, wo sie tatsächlich stehen, wie einer der Helfer so schön formulierte“, sagt Zwurtschek. Gerade in der Familie scheitere die Vermittlung von Kompetenzen oft an für selbstverständlich gehaltenen Begrifflichkeiten, die von Älteren aber noch nicht verinnerlicht wurden. „Jüngere müssen hier etwas sensibler reagieren. Gemeinsame Termine von Älteren und Jüngeren im Internetcafé wären hierfür ein guter Weg.“

Publikation

Carper, Pearl-Sue; Müller, Stephanie; Zwurtschek, Alexander: „Vom Tippen und Wischen: Wie sich ältere Menschen digitale Literalität aneignen“, In: Alltag – Kultur – Wissenschaft. Beiträge zur Europäischen Ethnologie/Volkskunde 6 (2019), S. 127-148.

Kontakt

Prof. Dr. Michaela Fenske, Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/Volkskunde, Universität Würzburg, T +49 931 – 31 89921, michaela.fenske@uni-wuerzburg.de

Pearl-Sue Carper, Studentische Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/Volkskunde, Universität Würzburg, T +49 931 – 31 85624, pearl-sue.carper@uni-wuerzburg.de

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