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Von Würzburg in die Welt

13.09.2016

Dr. Dieter Widmann hat an der Uni Würzburg Sport und Chemie auf Lehramt studiert. Nach dem Studium ist er nach Namibia gegangen und hat dort nicht nur unterrichtet. Der leidenschaftliche Fußballer wurde Torschützenkönig der 2. Liga und Trainer der Nationalmannschaft.

Dr. Dieter Widmann
Von Würzburg nach Namibia: Dr. Dieter Widmann ist direkt im Anschluss an sein Lehramtsstudium nach Afrika gegangen. (Foto: privat)

Was arbeiten Absolventen der Universität Würzburg? Um den Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Alumnus Dr. Dieter Widmann an der Reihe.

Dieter Widmann hat Sport und Chemie für das Höhere Lehramt studiert und später promoviert. Im Jahr 1976 hat er seine erste Auslandsstelle bei der Deutschen Höheren Privatschule (DHPS) im namibischen Windhoek angetreten. In Windhoek ist Dieter Widmann, der auch eine Saison für Kickers Würzburg spielte, dann gleich Torschützenkönig der zweiten Liga geworden, bevor er als Trainer der African Stars mit den Apartheitsgesetzen in Berührung kam. Wegen eines „gemischtrassigen Fußballspiels“ (das erste seiner Art im damaligen Südwestafrika, das von Südafrika fremdverwaltet wurde) wurde ihm von der Regierung die Ausweisung angedroht. Er durfte bleiben und 1980 sogar die namibische Nationalmannschaft trainieren. Dieter Widmann wurde nach fünf Jahren nach Deutschland zurückgerufen, bis heute hält er aber den Kontakt mit dem afrikanischen Kontinent.

Herr Widmann, Sie kommen gerade zurück aus Tansania - was haben Sie dort gemacht? Ich war in der Fußballakademie „Future Stars“ in Arusha beschäftigt, vermittelt durch den „Senior-Experten Service“ in Bonn. Ich habe in Tansania unter anderem versucht, Kontakte zu knüpfen mit dem dortigen Honorarkonsul, der deutschen Botschaft in Dar es Salaam, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und vielen anderen Institutionen, weil die Fußballakademie Geld benötigt, um ca. 300 Schülerinnen und Schüler von der Straße zu holen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Das kostet viel Geld und ist für manchen Zögling nicht aufzubringen. Zusätzlich habe ich eine Broschüre in englischer und deutscher Sprache erstellt, um die Fußballakademie bekannter zu machen. Obendrein habe ich Trainingsprogramme für einen mir nachfolgenden deutschen Fußballtrainer entworfen.

Sie haben an der Universität Sport und Chemie studiert. Gab es afrikanische Studierende unter Ihren Kommilitonen? Mitte der 1960er-, Anfang der 70er-Jahre kann ich mich an keine afrikanischen Studenten in meinen Fächern in Würzburg erinnern. In Köln oder Berlin schon eher.

Warum haben Sie sich nach Ihrem Referendariat für eine Stelle im Ausland beworben? Weil der gemeinsame Englischlehrer von meiner Frau und mir später in Montevideo (Uruguay) Schulleiter war und uns mit dem Gedanken, als Lehrer ins Ausland zu gehen, infiziert hat. Als Student habe ich oft international gekickt, da hatte ich sowieso schon Auslandsluft geschnuppert. Namibia war die schnellstmögliche Gelegenheit, mit der Arbeit als Lehrer im Ausland zu beginnen. Ich hatte immerhin fünf weiteren Angebote im Ausland: Kobe (Japan), Hongkong, Sao Paulo (Brasilien) und Montevideo.

Erinnern Sie sich an ihre erste Zeit in Namibia - wie war das? Wir, das waren meine Frau und unsere zwei Kinder (damals fünf und drei Jahre alt), kamen im Januar 1976 aus der Kälte und dem Nebel in Deutschland ins herrlichste Wetter in Namibia – das war fantastisch. Auch an die netten Kollegen erinnere ich mich, sowohl die deutschen, aus Bonn vermittelten Lehrer, als auch die Ortskräfte. Wir hatten gleich einen tollen Bungalow am Hang. Und der Lehrplan: Ich kam von Bad Brückenau (kleinstes Gymnasium in Bayern) mit zwei Stunden Chemie und habe an der DHPS in Windhoek 23 Stunden Chemie übernommen - und das in Afrikaans. Das funktionierte nach einem halben Jahr ganz gut. Meine Frau hat als Englischlehrerin oft vertretungsweise als Ortskraft in Windhoek gearbeitet. Unsere Kinder sind dort in den deutschsprachigen Kindergarten gegangen und später zur Schule.

Aber auch der Sport ist bei mir nicht zu kurz gekommen: Ab dem Jahre 1976 habe ich diverse Schul- und Auswahlmannschaften, die Erstligamannschaft „African Stars“ in der „Schwarzen-Stadt“ Katutura und eine Saison lang sogar die südafrikanische Armee trainiert. Das Training mit der Armee durfte aber nicht publik gemacht werden, weil die Armee ja im Buschkrieg im Norden des Landes gegen die damalige Terrororganisation der South-West-African People Organization (Swapo) kämpfte.

Ich selbst habe 1976 eine Saison in der zweiten Liga gespielt. Das hieß, dass ich, außer montags, täglich mit Training und Spielen unterwegs war. Meine Frau durfte ihren Hobbies nachgehen. Sie hat im Chor gesungen, gebastelt, getöpfert, etc. Wir haben uns quasi nur montags gesehen. Dazwischen haben wir aber auch mit Erfolg unsere beiden Kinder erziehen können.

Die Republik Südafrika wurde am 31. Mai 1961 gegründet. Südwestafrika wurde von Südafrika praktisch wie eine Provinz verwaltet und damit war die Apartheit nach Namibia gekommen. Inwiefern war der Einfluss Südafrikas in Namibia im Alltag präsent? Die Apartheit war überall zu spüren: Es gab beispielsweise verschiedene Eingänge zu Behörden für Weiße und „Nichtweiße“, viele Lokale waren für Nichtweiße nicht zugänglich. Als wir ankamen, gab es nach Sonnenuntergang ein Ausgehverbot für nichtweiße Einwohner. Busse und offene Lastwagen brachten sie zurück in die „Schwarzenstadt“. Diese war wiederum für Weiße „off limits“. Man brauchte ein Permit der Regierung um das Eingangstor zu passieren.

Was verbuchen Sie als persönlichen größten Trainer-Erfolg? Dass ich das gemischtrassige Fußballspiel am 10. Februar 1977 in Khomasdal trotz der vielen Hürden einführen konnte und sich dieses bis heute gehalten hat. Das deutsche Konsulat bestätigte mir 1980 offiziell, dass ich mich um die Rassenintegrität in Namibia verdient gemacht habe.

Wie schätzen Sie die Zukunft des afrikanischen Fußballes und der afrikanischen Länder ein? Der afrikanische Fußball ist in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren viel besser geworden, aber bis zum europäischen Standard braucht es noch ein bisschen. Jeder einzelne Spieler ist technisch sehr versiert, aber das Teamspiel muss sich noch entwickeln. Auch das gesamte Management sowie eine allumfassende Organisation und dergleichen mehr lassen zu wünschen übrig. Allgegenwärtig ist die Korruption, aber das ist leider kein allein afrikanisches Phänomen.

Das kann man eigentlich auch auf das allgemeine Leben übertragen: Es existiert eine eigene „afrikanische“ Herangehensweise an die täglichen Probleme, man hat einen eigenen Rhythmus. Gerne übernimmt man beispielsweise Tipps von Experten, aber keine Befehle. Dem Kolonialismus sind die afrikanischen Länder längst entwachsen, aber viele müssen ihren Weg erst finden.

Vielen Dank für das Gespräch.

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