Von Würzburg in die Welt
07.12.2021Seine Berufsbezeichnung als „geschäftsführender Gesellschafter“ gefällt ihm nicht. Sebastian Koeppel bezeichnet sich lieber als „Unternehmenshüter“. Der Alumnus der Uni leitet einen mittelständischen Fruchtsafthersteller.
Was arbeiten Absolventinnen und Absolventen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU)? Um Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Sebastian Koeppel an der Reihe.
Der Alumnus der JMU hat Betriebswirtschaftslehre studiert und im Jahr 2004 als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Inzwischen ist er Fruchtsaftsommelier und geschäftsführender Gesellschafter der Beckers Bester GmbH, einem mittelständischen Fruchtsafthersteller mit Sitz in Niedersachsen.
Herr Koeppel, in Ihrem Linkedin-Profil steht „Unternehmenshüter bei beckers bester“. Was ist damit gemeint? Entstanden ist diese Bezeichnung, weil ich den Begriff „geschäftsführender Gesellschafter“ schon immer furchtbar fand. Meine Assistentin kam dann eines Tages mit diesem Vorschlag. Der Hintergrund ist, dass wir mitten in einer fundamentalen Veränderung sind in der Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten wollen. Von einem patriarchalisch und stark hierarchisch geführten Unternehmen hin zu kollegialer Selbstführung. In einem mehr und mehr auf den Prinzipien von Selbstverantwortung und Kompetenzhierarchien aufbauenden Unternehmen sehe ich als meine wichtigste Aufgabe, die Struktur und die Kultur des Unternehmens zu bewahren. Beides soll sich natürlich verändern und entwickeln dürfen, aber sich niemals mehr Einzelinteressen – die unserem Motto der Wertschätzung von Mensch und Natur entgegen stehen – unterordnen.
Wie wurden Sie geschäftsführender Gesellschafter? Meine Urgroßmutter Bertha Becker hat das Unternehmen 1932 gegründet. Ich bekam dann die Chance, als Vertreter der vierten Generation ihr Wirken fortzuführen.
Und was lieben Sie besonders an Säften? Ganz egoistisch liebe ich an unseren Säften, dass sie uns die Möglichkeit geben im Sinne unseres Wofürs und unserer Werte zu handeln. Dabei sind sie ein weitestgehend unverfälschtes Naturprodukt, das eine natürliche Alternative einer ausgewogenen Ernährung bietet.
Wo sehen Sie in diesem Bereich Herausforderungen und Chancen für die Zukunft? Unsere große Herausforderung in der Branche sehe ich im verantwortungsvollen Management der Lieferketten. Hier haben wir unmittelbaren Einfluss auf soziale und ökologische Auswirkungen. Eine Verantwortung, der wir uns sowohl als Unternehmen als auch in unserer Rolle als Konsumentinnen und Konsumenten stellen müssen! Branchenunabhängig sehe ich als große Herausforderung unserer Zeit die Transformation unserer Gesellschaft.
Was meinen Sie mit „Transformation“? Während unsere Eltern- und Großelterngenerationen noch sehr in einem Wir-Denken von Pflichterfüllung lebten und geprägt wurden, sind wir aus meiner Sicht heute viel zu stark auf dem Ich-Pol unterwegs. Das eigene Interesse steht oftmals über Bedürfnissen der Allgemeinheit oder der Natur. Als Reaktion darauf entstehen immer mehr gesetzliche Vorgaben oder moralischer Gesinnungsdruck, die nur eine weitere Spaltung der Gesellschaft in „Freiheitsliebende“ und „Gemeinwohlorientierte“ nach sich zieht.
Was lieben Sie besonders an Ihrem Beruf? Dass ich daran arbeiten und dafür sorgen kann, Menschen einen Raum psychologischer Sicherheit zu ermöglichen, in dem sie sich entwickeln und ihr ganzes Sein einbringen können, ohne sich verstellen zu müssen. Wie schon oben beschrieben, möchte ich, dass wir Teil einer gesellschaftlichen Veränderung werden können. Dadurch dass wir eine „Konsument:innenmarke“ herstellen, haben wir eine gewisse Aufmerksamkeit, die wir versuchen können aus unserer Sicht sinnvoll zu nutzen. Gleichzeitig wachsen, verändern und entwickeln wir uns in diesem Prozess selber, was uns dabei hilft, wirkmächtigere Bürgerinnen und Bürger zu werden.
Wie schaffen Sie es, inspiriert und frisch in Ihrem Job zu bleiben? Eine sehr gute Frage. Ich liebe meine Familie und die Natur. Ich liebe es aber auch, an meiner eigenen Entwicklung zu arbeiten. Dazu gehört aktuell eine Ausbildung zum Coach und eine zum systemischen Organisationsentwickler. Dazu lese ich auch sehr viel. Sehr wichtig ist für mich aber auch eine regelmäßige Meditationspraxis und die Arbeit mit meiner Coach. Was mich enorm inspiriert, ist, immer wieder erleben zu dürfen, welch großartigen Potentiale in jeder und jedem von uns liegen. Daraus ergibt sich, dass mein Job im wahrsten Sinne des Wortes zur Berufung geworden ist.
An welche Begebenheit aus Ihrem Studium erinnern Sie sich besonders gerne? Oh, auch das ist eine sehr gute Frage. Ich habe das Studium in Würzburg wirklich auf allen Ebenen sehr intensiv genossen, und da sind auch so manche Erinnerungen auf der Strecke geblieben… Im Ernst: Das Studium hat mich vieles lernen lassen. Auch wenn ich die Lehrinhalte in meiner beruflichen Entwicklung kaum brauchen konnte. Ich erinnere mich zum Beispiel noch sehr gut, wie hilflos wir zum Anfang des ersten Semesters vor den ganzen Aushängen standen und uns unseren Semesterplan selber zusammensuchen mussten. Da war nichts mundgerecht vorbereitet. Wir mussten uns aktiv mit der Studienordnung auseinandersetzen und selber sehen, was wir wann belegen und wie die Kurse zusammenpassen. Ich habe vieles gelernt was Selbstorganisation angeht und was mein Denken geprägt hat. Die Fachkenntnisse habe ich dann später erworben.
Das hört sich jetzt aber nicht wirklich nach angenehmen Erinnerungen an. Ich erinnere mich aber besonders gerne an das Studentenleben und die Stadt Würzburg. Vielleicht meine unbeschwerteste Zeit. Auch heute noch bindet mich ein starkes emotionales Band an Würzburg, da ich während des Studiums beim Corps Moenania aktiv war, und hier die vielleicht schönsten Erinnerungen an diese Zeit liegen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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