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Von Zellen bis Sozialgesellschaften

27.06.2023

Chaitanya Gokhale erarbeitet prüfbare Hypothesen zu verschiedensten biologischen Fragen. Seit dem Sommersemester 2023 tut er das an der Universität Würzburg, wo er als Professor für Theoretische Evolutionsbiologie tätig ist.

Die Arbeit von Chaitanya Gokhale ist vielseitig und interdisziplinär. Sie legt häufig die Basis für innovative experimentelle Forschung.
Die Arbeit von Chaitanya Gokhale ist vielseitig und interdisziplinär. Sie legt häufig die Basis für innovative experimentelle Forschung. (Bild: Lutz Ziegler / Uni Würzburg)

In der Biologie spezialisieren sich viele Forschende auf ganz bestimmte Organismen: Pflanzen, Insekten, Säugetiere, Kleinstlebewesen – und alles was dazwischen liegt. Chaitanya Gokhales Arbeit ist da anders – „Encompasing Dynamics of Living Systems“; Umfassende Dynamik lebender Systeme – und beinhaltet sie gewissermaßen alle. Als theoretischer Biologe erstellt er auf Grundlage von Feld- und Versuchsbeobachtungen Hypothesen zu den unterschiedlichsten Szenarien seines Fachbereichs.

„Primär geht es darum, grundlegende Prozesse darüber nachzuvollziehen, wie lebende Organismen miteinander und mit ihrer Umwelt interagieren“, beschreibt Chaitanya Gokhale seine Forschung, welche er nun an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) fortsetzt.

An der JMU arbeitet Gokhale am Center for Computational Biology and Theoretical Biology (CCTB).

Ein breites Forschungsfeld

Der theoriegeleitete Ansatz Chaitanya Gokhales bildet häufig die Grundlage für experimentelle Forschung. Dies reicht von biogeochemischen Prozessen, die die Vorläufer des Lebens darstellen, bis hin zu Fragen der menschlichen Gesellschaft: In einem Projekt wendet er beispielsweise den entwickelten theoretischen Ansatz auf synthetisch hergestellte Hefezellen an, um die Überlebenstaktiken von Gemeinschaften in rauen Umgebungen zu erforschen. In einem anderen Projekt untersucht er, wie Überzeugungen Gesellschaften formen, ihren Nutzen, ihre Ursprünge und Auswirkungen.

"Eine abstrakte Analyse solch unterschiedlicher Themen deckt die grundlegenden Triebkräfte lebender Systeme auf. Der theoretische Ansatz erlaubt einem diesen Luxus der Themenvielfalt. Der Schlüssel liegt aber darin, die Einzigartigkeit jedes Systems anzuerkennen und gleichzeitig die Gemeinsamkeiten lebender Systeme auf verschiedenen Ebenen zu erkennen", sagt Gokhale.

Daher fasst er seine Forschung kurz und bündig zusammen, sie gehe „von Zellen bis zu Gesellschaften".

Der Zugang zu einem solch detaillierten Verständnis der soziobiologischen Komplexität auf verschiedenen Ebenen kann schließlich für die Entwicklung translationaler Anwendungen genutzt werden. Die interdisziplinäre Umsetzung der entwickelten Theorien in Anwendungen in der Landwirtschaft, im Naturschutz und in der Medizin ist ein aktives Bestreben der Forschungsgruppe des neuen Professors.

Interdisziplinarität im Fokus

Bei einem so diversen Arbeitsfeld spielt die Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedenster Fachbereiche eine große Rolle. In der Biologie biete etwa der Würzburger Schwerpunkt auf Mikrobiologie und soziale Insekten wie Bienen und Ameisen interessante Möglichkeiten.

Doch auch außerhalb der Fakultät sieht Gokhale viel Potenzial: „Ob Geistes- und Sozialwissenschaften, Mathematik oder Physik, das breite Angebot und die Expertise an der Uni Würzburg kommen meiner Arbeit sehr entgegen.“

Ein besonderer Zugang zur Naturwissenschaft

In der Lehre möchte der neue Professor den Studierenden vor allem einen etwas anderen Zugang zu naturwissenschaftlichen Fächern bieten: „In meinem Feld treffen biologische und geisteswissenschaftliche Themen, Evolution, Ökologie oder Soziologie, auf die zahlenbasierten Fächer wie Mathematik und Physik. Ich möchte vermitteln, dass sich diese nicht ausschließen, sondern sich stattdessen sogar ausgezeichnet ergänzen können.“

Der Werdegang des neuen Professors

Geboren in der westindischen Millionenmetropole Pune absolvierte Chaitanya Gokhale an der dortigen Universität das Bachelorstudium in Zoologie und Biotechnologie. Es folgte der Master in Bioinformatik mit einem Schwerpunkt auf Biophysik, den er durch eine Dissertation am National Center for Biological Sciences, Bangalore, entwickelte.

Anschließend zog es den Biologen nach Schleswig-Holstein, wo er am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön arbeitete und 2011, in Zusammenarbeit mit der Universität Kiel, promovierte. Als Post-Doc verbrachte er, neben drei weiteren Jahren in Plön und einem Aufenthalt am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, auch zwei Jahre an der Massey University im neuseeländischen Auckland. Seit 2016 leitet er eine Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut in Plön. Er war an Projekten mit dem Bundesamt für Naturschutz beteiligt und wurde für seine Arbeit unter anderem 2011 mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet.

Kontakt

Prof. Dr. Chaitanya S. Gokhale, Center for Computational Biology and Theoretical Biology, E-Mail: chaitanya.gokhale@uni-wuerzburg.de

Von Lutz Ziegler

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