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Vor- und Nachbild vereint: Ein kunsthistorischer Glücksfall

25.04.2023

2019 tätigte das Martin von Wagner Museum den teuersten Ankauf seiner Geschichte. Eine Tagung widmet sich nun dem neuen Bild – und seinem mutmaßlichen Vorbild, das zu den frühesten Erwerbungen des Museums gehört.

Links: Bernardino Licinios Porträt von Sebastiano Serlio (um 1530) gehörte zu den frühesten Erwerbungen des „Ästhetischen Attributs der Universität Würzburg“. Rechts: Für sein Serlio-Porträt (um 1570) orientierte sich Bartolomeo Passerotti wahrscheinlich am Gemälde Licinios. Seit 2019 gehört es dem Martin von Wagner Museum.
Links: Bernardino Licinios Porträt von Sebastiano Serlio (um 1530) gehörte zu den frühesten Erwerbungen des „Ästhetischen Attributs der Universität Würzburg“. Rechts: Für sein Serlio-Porträt (um 1570) orientierte sich Bartolomeo Passerotti wahrscheinlich am Gemälde Licinios. Seit 2019 gehört es dem Martin von Wagner Museum. (Bild: André Mischke / Universität Würzburg)

Nicht jede wissenschaftliche Tagung muss in die Öffentlichkeit getragen werden, doch „Auftritt Architekt!“ verdient eine Portion Publizität. Unter diesem Titel versammelt ein internationaler Studientag Forschungen zu Architektenporträts in der italienischen Renaissance. Was daran ist so bemerkenswert?

Im Zeichen des Humanismus kam es zu einer nie dagewesenen Hebung des künstlerischen Selbstwertgefühls, der Baumeister wurde in Analogie zum Weltschöpfer gesehen. Das 16. Jahrhundert verzeichnet eine Fülle von Berufsporträts, in denen fast immer ein Zirkel für die Entwurfstätigkeit des Architekten bürgt. Dieses Attribut begegnet auch in zwei Gemälden, die am Anfang und am Ende der Sammeltätigkeit des Würzburger Universitätsmuseums stehen.

Identität des Architekten war lange unklar

1834 wurde für das zwei Jahre früher gegründete „Ästhetische Attribut der Universität Würzburg“ ein Doppelporträt erworben, das zwei Künstlerfreunde vor einem großen Spiegel zeigt. Der Architekt – ein Mann mittleren Alters mit Zirkel am Zeichenpult – blickt in den Spiegel hinein, wo er dem Blick des Malers begegnet, der sich fiktiverweise „vor“ dem Gemälde befindet. Das außergewöhnlich frühe Zeugnis einer künstlerischen Selbstthematisierung im Bild wird dem venezianischen Porträtisten Bernardino Licinio zugeschrieben und um 1530 datiert.

Die Identität des Architekten, der neben dem Selbstporträt Licinios erscheint, war lange unbekannt – bis 2018 auf dem Pariser Kunstmarkt ein weiteres Architektenbildnis auftauchte, das zweifelsfrei dem Bologneser Maler Bartolomeo Passerotti zugewiesen werden konnte. Praktischerweise nennt es den Namen des Dargestellten: Es ist Sebastiano Serlio, der wohl prominenteste Architekturtheoretiker der Hochrenaissance.

Professor Damian Dombrowski, Direktor der Gemäldegalerie, erkannte die Ähnlichkeit mit dem Unbekannten aus dem Doppelporträt und griff zu: In einer Gemeinschaftsanstrengung von Stiftungen, Kulturvereinen, Privatleuten und Universität wurden in kürzester Zeit 130.000 Euro aufgebracht, um das Bild für Würzburg zu sichern. Die Kulturstiftung der Länder begründete ihre Förderung damit, dass der Erwerbung eine „gesamtstaatliche Bedeutung“ zukomme.

Vor- und Nachbild hängen im Museum nebeneinander

„Der Licinio wurde einst aus dem Nachlass Balthasar Neumanns angekauft. Der Schöpfer der Residenz wusste wohl noch, dass es sich bei dem Dargestellten um Serlio handelt“, vermutet Dombrowski, „immerhin besaß er drei Ausgaben von dessen berühmtem Architekturtraktat“. Der Professor für Kunstgeschichte erwähnt einen besonderen Nutzen der Neuerwerbung: „Die Klärung der Identität hat auch Zuschreibung und Datierung des Doppelporträts erhärtet, denn Serlio hielt sich nur in den Jahren um 1530 in Venedig auf, wo es entstanden ist.“

Seit 2019 hängen Vor- und Nachbild – Passerotti malte sein Serlio-Porträt rund vierzig Jahre nach Licinio – im Italienersaal des Universitätsmuseums einträchtig nebeneinander. Weil es sich um eine einmalige Konstellation handelt, wurde früh der Plan einer wissenschaftlichen Tagung gefasst – nicht vom Museum allein, sondern im Verbund mit Professor Eckhard Leuschner, Vorstand des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Würzburg und Experte für Bologneser Malerei, und Professorin Sabine Frommel vom Institut national d’histoire de l‘art an der Pariser Sorbonne, die zuerst auf das Passerotti-Gemälde aufmerksam gemacht hat.

Öffentliche Tagung am 9. und 10. Mai

Nach mehrmaliger, pandemiebedingter Verschiebung kommen am 9. und 10. Mai 2023 Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker aus Italien, Frankreich und Deutschland im Martin von Wagner zusammen. Sie diskutieren über die Repräsentation des Architektenberufs zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert, ausgehend von den beiden Würzburger Porträts.

Die Tagung ist öffentlich. „Eingeladen sind alle, die sich für die Visualisierung schöpferischer Prinzipien im Medium des Bildes interessieren“, unterstreicht Dombrowski den besonderen Akzent der Tagung. Das detaillierte Programm ist hier (pdf) abrufbar.

Von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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