Wärmeproduktion von Honigbienen
22.03.2022Damit Honigbienen warm wird, nutzen sie ihre Flugmuskeln. Doch welche neurochemischen Mechanismen stecken dahinter? Das hat nun ein Team der Uni Würzburg herausgefunden – und damit eine Forschungslücke geschlossen.
Wenn wir Menschen frieren, dann zittern wir. Dadurch erzeugt der Körper Wärme. Honigbienen machen es ganz ähnlich: Sie lassen ihre Flugmuskeln zittern und produzieren dadurch Wärme. Welche chemischen Vorgänge hier bei der Honigbiene zugrunde liegen, konnte bislang nicht geklärt werden. Ein Team am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg hat hierzu nachgeforscht – und mit seinen Ergebnissen eine große Forschungslücke geschlossen.
Die Thermogenese – also das aktive Produzieren von Körperwärme – ist für Honigbienen nicht nur für das eigene Überleben wichtig. Es hat auch eine große soziale Bedeutung. Denn in erster Linie hilft die Thermogenese die Temperatur im Bienenstock optimal einzustellen. Das ist wichtig, um im Sommer konstante Brutbedingungen zu schaffen und im Winter überleben zu können.
Octopamin ist der Schlüssel
Bisherige Forschungsarbeiten deuteten darauf hin, dass Octopamin bei der Thermogenese eine wichtige Rolle einnimmt. Diese Substanz ist chemisch dem Adrenalin äußerst ähnlich und hat bei Insekten auch ähnliche Funktionen. Daher hat das Team um Dr. Markus Thamm und Sinan Kaya-Zeeb vom Lehrstuhl für Verhaltensphysiologie und Soziobiologie der JMU Octopamin näher unter die Lupe genommen.
In seinen Untersuchungen konnte das Forschungsteam zeigen, dass Octopamin und seine Rezeptoren im Flugmuskel der Honigbiene vorkommen. „Ist das Octopamin hier aber nicht in ausreichender Menge vorhanden oder die entsprechenden Octopamin-Rezeptoren sind blockiert, zeigen die Tiere eine verminderte Körpertemperatur“, erklärt Thamm.
Das Team hat daher Octopamin in den Flugmuskel injiziert, und die Körpertemperatur konnte wieder ansteigen: Laut Thamm aktiviert das Octopamin Rezeptoren, die verschiedenen Signalwege im Muskel aktivieren. „Diese kurbeln höchstwahrscheinlich die Glykolyse an – den Mechanismus, der den Treibstoff für die energiehungrige Arbeit der Muskelproteine während der Thermogenese liefert.“
„Wir konnten damit als Erste zeigen, dass Octopamin im Flugmuskel überhaupt vorkommt und einen wichtigen Anteil zur Regulation der Thermogenese beiträgt“, so der Würzburger Biologe. Als nächstes will das Team untersuchen, wie robust das Octopamin-System der Honigbienen ist. „Zentrale Fragen sind dann für uns: Wie reagiert das System bei schnellen Temperaturveränderungen? Oder was passiert bei Extremtemperaturen, zum Beispiel im Winter?“
Grundlegende Physiologie verstehen
Für unsere Ökosysteme spielen Insekten eine große Rolle, zum Beispiel als Bestäuber. Und Honigbienen sind in Deutschland auch für die Nahrungsproduktion von großer Bedeutung. „Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf Insekten verstehen wollen, ist es notwendig, die grundlegende Physiologie zu verstehen. Das schließt im Fall der Honigbiene unbedingt die Thermogenese mit ein“, sagt Kaya-Zeeb.
An der Arbeit beteiligt waren neben Thamms Team auch das Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der JMU sowie das Institut für Pharmakologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Gefördert wurde das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Publikation
Kaya-Zeeb et al.: Octopamine drives honeybee thermogenesis; in: eLife 2022; 11:e74334; doi: 10.7554/eLife.74334
Kontakt
Dr. Markus Thamm, Lehrstuhl für Verhaltensphysiologie und Soziobiologie, Biozentrum der Universität Würzburg, T. +49 931 – 31 86962, markus.thamm@uni-wuerzburg.de