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Wenn das Herz vorzeitig altert

24.01.2023

Wissenschaftlerinnen des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz haben entdeckt, wie genetische Veränderungen in Kernhüllenproteinen zu Herzmuskelerkrankungen führen.

Die Biomedizinerin Ruping Chen (PhD) hat sich auf die Erforschung von Alterungsprozessen spezialisiert.
Die Biomedizinerin Ruping Chen (PhD) hat sich auf die Erforschung von Alterungsprozessen spezialisiert. (Bild: Kirstin Linkamp / UKW)

Wie können wir das Altern verlangsamen? Und wie lassen sich typische Alterserkrankungen verhindern? Einen Baustein zur Erkenntnis von Alterungsprozessen im Herzen haben jetzt Ruping Chen und Brenda Gerull aus dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) am Uniklinikum Würzburg geliefert.

Die Wissenschaftlerinnen forschen schon seit Längerem an Mutationen im Kernmembranprotein LEMD2. Genetische Veränderungen im LEMD2-Protein führen ähnlich wie Mutationen im Lamin-Protein zu vorzeitigen Alterungskrankheiten, die, wenn sie das Herz betreffen, bereits in jungen Jahren progressive Herzschwäche und schwere Herzrhythmusstörungen verursachen können. Spezifische Therapien gibt es bislang nicht.

Mutation führt zu Einstülpungen der Zellkernmembran

Um die komplexen Mechanismen aufzudecken, die das Herz durch die Genmutation früher altern lassen, hat Ruping Chen die menschliche LEMD2-Mutation namens p.L13R sowohl im Maus- als auch im Zellkulturmodell näher untersucht. Erste molekulare und zelluläre Veränderungen am Herzen der Mäuse konnte die Biomedizinerin schon nach wenigen Wochen beobachten. Nach neun Monaten haben die Mäuse schließlich einen klinischen Phänotyp entwickelt, der dem bei jungen Menschen, die diese Mutation tragen, sehr ähnlich ist: Die zunehmende Steifheit begünstigt den fibrotischen Umbau und führt in der Konsequenz zu Herzschwäche und schweren Arrhythmien.

Doch warum altert das Herz durch die Mutation vorzeitig? „Wir haben in elektronenmikroskopischen Aufnahmen des Zellkerns gesehen, dass die Mutation zu Einstülpungen der eigentlich rundlichen Zellkernmembran führt, was wiederum die Funktionen des Zellkerns stört. Es kommt zu Rupturen in der Kernhülle und zur Erschöpfung der zelleigenen Reparaturmechanismen. Die Zellkernmembran wird löchrig, und damit kommt es zu DNA-Schäden. Die Zelle kann ihre natürlichen Reparaturfunktionen nicht mehr vollständig gewährleisten“, erklärt Ruping Chen.

Gestörter Reparaturmechanismus begünstigt vorzeitige Zellalterung

Zum Hintergrund: Schätzungen zufolge wird die DNA in jeder Zelle des Körpers täglich bis zu einer Million Mal geschädigt. Der gesunde Mensch verfügt jedoch über einen guten Reparaturmechanismus, denn sein Genom enthält die Anleitung für sämtliche zellulären Prozesse im Körper, auch für Reparaturen. Das heißt, die DNA erkennt die Schäden und repariert sie. Mit zunehmenden Alter, durch Umwelteinflüsse und ungesunde Lebensweisen lassen diese Funktionen jedoch nach, die Schäden mutieren im Genom, der Altersprozess wird beschleunigt, es kommt zu Krankheiten.

„Wir konnten mit unseren Untersuchungen nun Signalwege postulieren, deren Aktivierung eine vorzeitige Zellalterung und damit verbunden Entzündung und Fibrose fördert“, resümiert Brenda Gerull, Leiterin des Departements Kardiovaskuläre Genetik am DZHI. „Letztlich erweitert unsere Arbeit zum LEMD2 mechanistische Erkenntnisse, die auch bei anderen Kardiomyopathien, aber auch im natürlichen Alterungsprozess eine Rolle spielen könnten.“

Die Studie, die in Kooperation mit der Medizinischen Klinik I am Uniklinikum Würzburg und dem Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg durchgeführt wurde, hat jetzt das Fachjournal Circulation Research veröffentlicht.

Originalpublikation

Mechanistic Insights of the LEMD2 p.L13R Mutation and Its Role in Cardiomyopathy. Ruping Chen, Simone Buchmann, Amos Kroth, Anahi-Paula Arias-Loza, Michael Kohlhaas, Nicole Wagner, Gianna Grüner, Alexander Nickel, Alexandra Cirnu, Tatjana Williams, Christoph Maack, Süleyman Ergün, Stefan Frantz and Brenda Gerull. Circulation Research. 2023;132:e43–e58. https://doi.org/10.1161/CIRCRESAHA.122.321929

Zur Publikation gibt es in der Ausgabe vom 20. Januar 2023 (Volume 132, Issue 2) zudem ein Editorial.

Möglichkeiten für therapeutische Interventionen

In den nächsten Schritten möchten die Wissenschaftlerinnen verschiedene Möglichkeiten der therapeutischen Interventionen testen und hierbei unter anderem ein humanes Modell nutzen, so genannte induzierte pluripotente Stammzellen. Ferner soll die Aktivierung der Bindegewebszellen, der so genannten Fibroblasten, näher untersucht werden, da sie neben den Herzmuskelzellen, den so genannten Kardiomyozyten, eine wichtige Rolle beim Fortschreiten der Erkrankung spielen.

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Von Pressestelle UKW

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