Würzburger Bienenstudie abgeschlossen
21.06.2022Wie steht es um die Wildbienen in Würzburg? Diese Fragen habe Studierende der Universität Würzburg über ein Jahr hinweg mit Beteiligung der Bevölkerung untersucht. Jetzt liegen die ersten Ergebnisse vor.
Wissenschaftliche Studien zeigen es immer deutlicher: In Deutschland nimmt die Menge an Insekten messbar ab – sowohl die Artenvielfalt als auch die Zahl der jeweiligen Insekten ist auf dem Rückgang. Davon betroffen sind auch Wildbienen.
Um mit Hilfe der Stadtbevölkerung zu ermitteln, wie es um die Wildbienen in Würzburg steht, haben deshalb Raphael Binder und Anna Hofmann im Frühjahr 2021 das Citizen-Science-Projekt “#Beobachte Bienen” gestartet. Die beiden studieren an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) für das Lehramt; das Projekt ist ihre Zulassungsarbeit. Betreut wurden sie dabei von Dr. Antonia Mayr vom Lehrstuhl für Zoologie III (Tierökologie und Tropenbiologie) der JMU.
Große Vielfalt in den „Insektenhotels“
„Wir haben Nisthilfen an sechs unterschiedlichen Standorten in der Stadt aufgestellt, die mal wenig, mal viel Grün in der näheren Umgebung hatten“, beschreibt Binder die Vorgehensweise der beiden Nachwuchsforschenden. Begleitend dazu haben sie Infotafeln aufgestellt, an denen Interessierte Fragebögen ausfüllen und so einen Beitrag dazu leisten konnten, die Besiedelung der Nisthilfen zu erfassen. „Auf diesem Weg wollten wir auch ermitteln, inwieweit sich die Bevölkerung für Wildbienen interessiert und was sie von ihnen denkt“, ergänzt Anna Hofmann.
Nachdem die Nisthilfen und ausgefüllten Fragebögen über den Winter ausgewertet wurden, können nun die Ergebnisse der Arbeit vorgestellt werden. Diese zeigen eine große Vielfalt unter den Bewohnern der gerne auch „Insektenhotel“ genannten Bauten.
Knapp 300 Bienen- und Wespennester
„Wir haben insgesamt 241 Bienen- und 57 Wespennester gezählt“, fasst Raphael Binder das zentrale Ergebnis zusammen. Bienen haben dabei 987 Brutzellen belegt, Wespen 196. Dabei zeigten sich „regionale“ Unterschiede: „Während bei den meisten Standorten die Bienennester mit rund 80 bis 99 Prozent in der Überzahl waren, dominierten am Alten Kranen und an den Mainwiesen in der Zellerau Wespennester mit einem Anteil von rund 70 Prozent“, erklärt Anna Hofmann.
Obwohl die Untersuchung nur im Stadtgebiet erfolgte, fanden sich in den Nestern nicht nur Bienenarten, die an solchen Standorten typischerweise zu erwarten sind, wie beispielsweise die Rote Mauerbiene. Auch Blattschneiderbienen und kleine Scherenbienen, Löcherbienen und Maskenbienen hatten die Nisthilfen bezogen.
Und je nach Vorliebe der jeweiligen Gruppe waren die Nester auf ganz unterschiedliche Arten und Weisen verschlossen: mal mit Lehm, Harz oder Steinchen, mal mit Pflanzenstücken wie beispielsweise Blättern oder einem cellophanartigen Häutchen, welches aus Drüsensekreten produziert wird.
Nistplatz auch für natürliche Gegenspieler
Bei den Wespen fanden die beiden Studierenden sogar den Stahlblauen Grillenjäger, eine Grabwespenart, die Heuschrecken jagt. Ursprünglich in Mittel- und Nordamerika beheimatet, wurde die Art in den 1960er-Jahren nach Südfrankreich eingeschleppt und breitet sich seitdem weiter aus. Andere Wespenarten, die in Würzburg heimisch sind, jagen Blattläuse, Staubläuse und Blattflöhe, Schmetterlingsraupen, Käfer oder Spinnen und leisten somit einen Beitrag zur Schädlingskontrolle.
Darüber hinaus beherbergten die Nisthilfen nicht nur Wildbienen und Wespen, sondern auch ihre natürlichen Gegenspieler, die für ein ökologisches Gleichgewicht unerlässlich sind.
Viel Grün sorgt für eine größere Vielfalt
Und wie beeinflusst jetzt die Umgebung der Nisthilfen deren Besiedlung? „Der Vergleich der verschiedenen Standorte in Würzburg zeigt, dass sich ein hoher Anteil an Grünflächen in der Umgebung positiv auf die Nestbauaktivität der Wildbienen auswirkt“, erklärt Raphael Binder. Insbesondere ein Anteil von Sträuchern und Bäumen von 30 bis 40 Prozent im Umkreis von 500 Metern um die Nisthilfen habe einen positiven Effekt. Mit einem höheren Anteil von Grün siedelten sich auch eine größere Vielzahl an Wildbienengattungen an.
Abgeschlossen ist die Auswertung der Nester im Übrigen noch nicht. „Anhand der Nestmorphologie und des Futters konnten wir die Bienen und Wespen bislang nur auf höherer Ebene bestimmen“, sagt Hofmann. Erst wenn der Nachwuchs geschlüpft sei, werde es möglich, die Arten exakt zu bestimmen. Auch die Nahrungspflanzen der Bienen können erst jetzt genauer untersucht werden, nachdem Pollenreste aus den Brutzellen entnommen wurden und damit die Pflanzenarten genetisch bestimmt werden können.
Große Motivation zum Wildbienenschutz
Mit der Bürgerbeteiligung an diesem Projekt sind Anna Hofmann und Raphael Binder zufrieden: „Wir haben insgesamt 175 ausgefüllte Fragebögen erhalten“, sagen sie. Dabei habe sich der Standort an der Kurt-Schumacher-Promenade mit 54 Teilnehmenden als größter Publikumsmagnet erwiesen.
Was die beiden besonders freut: „29 Prozent der Teilnehmenden haben gesagt, dass sie bereits Zuhause eine Nistgelegenheit für Wildbienen aufgestellt haben, und mehr als die Hälfte hat sich dazu bereit erklärtet. Als Grund dafür gaben 88 Prozent an, damit etwas für den Wildbienenschutz tun zu wollen.“ Diese große Motivation sei zu begrüßen, reiche jedoch noch nicht aus. „Für den Schutz der Wildbienen ist es unbedingt nötig, ausreichend Futterressourcen und auch Bodennistgelegenheiten zu schaffen, da Nisthilfen für stängelnistende Arten in der Regel nur die häufigen Arten fördern“, sagen sie.
Großer Anklang bei der jungen Generation
Nicht ganz dem Querschnitt der Bevölkerung entsprochen hat die Zusammensetzung der Teilnehmenden: Fast die Hälfte von ihnen gab an, sich noch in Ausbildung oder im Studium zu befinden. Verwunderlich sei das nicht: „Unser Projekt fand offenbar besonders Anklang bei der jungen Bevölkerung, die sich ja auch durch die Fridays-for-Future-Bewegung besonders hervorhebt. Zudem hatten mehr als die Hälfte der Teilnehmenden bereits das Volksbegehren ‚Rettet die Bienen‘ unterstützt und damit schon länger Interesse am Bienenschutz“, sagt Binder.
Trotzdem: Sowohl Anna Hofmann als auch Raphael Binder werten das Projekt „#Beobachte Bienen“ als Erfolg. „Wir haben dadurch viele Informationen über die Wildbienen in der Stadt sowie die Einstellung der Würzburger Bevölkerung ihnen gegenüber gewonnen.“ Darüber hinaus sei es ihnen gelungen, mehr Menschen auf den Wildbienenschutz aufmerksam zu machen.
Kontakt
Raphael Binder, raphael.binder@stud-mail.uni-wuerzburg.de
Anna Hofmann, anna.hofmann1@stud-mail.uni-wuerzburg.de