Zehn Jahre M!ND-Center
08.10.2019Das M!ND-Center der Uni Würzburg gestaltet eine hochwertige Lehrpersonenbildung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Schülerinnen und Schüler können hier außerhalb der Schule forschen und experimentieren.
„Wir wollen ein Begegnungszentrum sein, in dem wir gemeinsam mit Lehramtsstudierenden, Referendarinnen und Referendaren sowie Lehrpersonen im Beruf Konzepte für einen didaktisch und inhaltlich gelungenen naturwissenschaftlichen Unterricht planen, vermitteln und evaluieren“, erklärt der Geschäftsführer des M!ND-Centers auf dem Campus Hubland, Dr. Markus Elsholz, das Ziel des Projekts.
M!ND ist das „Mathematische, Informationstechnologische und Naturwissenschaftliche Didaktikzentrum“, das vor zehn Jahren an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) ins Leben gerufen wurde. „M!ND bündelt die Fachdidaktiken der Disziplinen Biologie, Chemie, Geografie, Informatik, Mathematik und Physik und bietet Synergieeffekte im naturwissenschaftlichen Lehr- und Lernangebot.“
Gegen den „Praxisschock“
„Antrieb für die Entwicklung unseres Konzepts war es, Antworten auf den ‚Praxisschock‘ zu finden, den viele Lehramtsstudierende bekamen, wenn sie nach ihrem Studium mit konkreten Unterrichtssituationen konfrontiert wurden“, schildert Professor Thomas Trefzger, Sprecher von M!ND und Leiter des Lehrstuhls für Physik und ihrer Didaktik an der JMU.
„Die Pflichtpraktika innerhalb des Studiums boten oftmals nicht genug Möglichkeiten, eigene didaktische und inhaltliche Konzepte zu entwickeln und anzuwenden. Mit dem hochschuldidaktischen Format der Lehr-Lern-Labore bietet unser Projekt eine optimale Ergänzung zu den Schulpraktika. Hier arbeiten Lehramtsstudierende nach intensiver Vorbereitung mit kleinen Gruppen von Schülerinnen und Schülern in den Räumen des Didaktikzentrums und werden dabei von praxiserfahrenen Dozentinnen und Dozenten begleitet.“
Ein kleiner Rundgang druch das M!ND-Center via YouTube
„Unser Zentrum hat in vielen Bereichen einen wegweisenden Charakter“, betont Sprecher Professor Thomas Trefzger. „So waren wir beispielsweise einer der ersten Hochschulstandorte, der Lehr-Lern-Labore fachbereichsübergreifend systematisch in das Lehramtsstudium integrierte. Heute bieten wir mit MINT-Lehramt PLUS in enger Kooperation mit der Universität Bayreuth den bundesweit einzigen Elitestudiengang für das Lehramt an“.
Heutzutage ist das Zentrum fest an der Universität und in der Region verankert. „2014 haben wir in einem bundesweiten Wettbewerb gemeinsam mit der Stadt Würzburg den Titel „Stadt der jungen Forscher“ nach Würzburg geholt. Daraus hat sich ein stabiles Netzwerk regionaler Initiativen entwickelt, das den Forscherinnen- und Forschernachwuchs fördert. Ein regelmäßig stattfindender Förderwettbewerb bietet Schülerinnen und Schülern Gelegenheit dazu, in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über mehrere Wochen hinweg forschungsnahes Arbeiten auszuprobieren.
Durchblick durch das „Ü-Ei“
Aber nicht nur die heutigen und zukünftigen Lehrenden profitieren von dem didaktischen Angebot. „Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Region können hier außerhalb der Schule eigenständig forschen, naturwissenschaftliche Erfahrungen sammeln und in Experimenten Wissenschaft ganz praktisch kennenlernen“, führt Trefzger aus. „Und natürlich haben die jungen Forscherinnen und Forscher die Möglichkeit, ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen – zum Beispiel auf dem Campusfest der Universität, auf dem auch die besten Forschungsergebnisse prämiert werden.“
Dabei spricht M!ND Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen ab der 5. Klasse an – beginnend beim spielerischen Entdecken naturwissenschaftlicher Inhalte in der Wissenschaftsausstellung Touch Science über das Experimentieren im Klassenverband in den Lehr-Lern-Laboren bis hin zur Erforschung konkreter naturwissenschaftlicher Fragestellungen im Schülerinnen- und Schülerforschungszentrum.
„Eine Schülerin forschte zum Beispiel an alternativen Kontrastmitteln für medizinische Diagnoseverfahren. Angeeignet hat sie sich die Untersuchungsmethode, indem sie Überraschungseier auf ihren Inhalt hin analysierte.“ Was zunächst spielerisch klingt, hat einen ernsten Hintergrund, wie Trefzger betont: „Die Schülerinnen und Schüler lernen dadurch nicht nur das Experimentieren, sondern auch weitere wichtige Schritte des Forscherinnen- und Forscherlebens kennen. Beispielsweise müssen sie Kooperationsverträge mit uns abschließen, sich professionell mit der Anwendung von Gefahrstoffen auseinandersetzen und ihre Forschungen sorgfältig planen, umsetzen und präsentieren!“
Auch wenn ihre Forschungsergebnisse in der Regel nicht kommerziell verwertet werden, bestehen für die jungen Forscherinnen und Forscher neben dem Erkenntnisgewinn viele Anreize zum Mitmachen – wie die Möglichkeit zur Teilnahme am renommierten überregionalen Wettbewerb „Jugend forscht“.
Lebenslanges Lernen
Wichtig ist den M!ND-Macherinnen- und Machern, dass ihre Lehr- und Lernangebote vielen Altersgruppen und Kenntnisstufen offenstehen. Getreu dem Motto „lebenslanges Lernen“ bietet das Zentrum auch Fort- und Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer an, die mitten im Beruf stehen.
„Die technische Entwicklung schreitet rasant voran und auch manche Fachinhalte haben sich deutlich weiterentwickelt bzw. an Relevanz für den Unterricht gewonnen“, erläutert Elsholz. „Das Thema Teilchenphysik steht erst seit wenigen Jahren auf dem Lehrplan, viele Lehrerinnen und Lehrer haben das in ihrem Studium gar nicht kennengelernt! Wir helfen dabei, das Fachwissen in diesen Bereichen auf dem neuesten Stand zu halten und vermitteln zugleich aktuelle didaktische Konzepte.“
Auch der Einsatz neuer Techniken in der Schule wird am M!ND-Center vermittelt. „Oft schaffen Schulen teure Lerngeräte an, wie digitale Tablets oder elektronische Whiteboards. In diesem Zusammenhang gibt es einen großen Bedarf an fachdidaktischer Forschung und Lehrerinnen- und Lehrerfortbildungen, damit praktische Antworten auf die Frage nach dem didaktisch sinnvollen Einsatz im Unterricht gegeben werden können – bevor die Technik veraltet“, sagt Trefzger.
Raus aus dem Elfenbeinturm, rein in die Zukunft
Neben dem Service für Lehrende und Lernende öffnet das Zentrum seine Ideen und Konzepte auch für weitere Interessierte: „Mit unseren Konzepten wollen wir auch die Öffentlichkeit für mathematisch-naturwissenschaftliche Inhalte begeistern“, unterstreicht Elsholz. „Unser langfristiges Ziel ist die Etablierung eines Science-Centers in unserer Region.“
Ein großer Schritt dahin wurde mit der Eröffnung der interaktiven Dauerausstellung „Touch Science“ im Gebäude 25 auf dem Hubland-Campus Nord im Jahre 2014 bereits umgesetzt. Hier können Besucherinnen und Besucher eigenhändig und ohne Berührungsängste an vielen Mitmachstationen experimentieren. Auf der Mainfrankenmesse 2019 lud ein Informationsstand von M!ND dazu ein, verschiedene Exponate zum Thema Röntgenstrahlung spielerisch auszuprobieren.
Auch fachlich entwickelt sich das Zentrum kontinuierlich weiter. „Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, didaktische Methoden und gesellschaftliche Entwicklungen liefern laufend neue Ansatzpunkte für unsere Forschung. Dazu suchen wir auch den Austausch mit den Didaktiken der geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fachbereiche“, so Elsholz. „Wir müssen uns trauen, Neues auszuprobieren und ausgetretene Wege zu verlassen. Das M!ND-Center soll auch in Zukunft als wichtiger Baustein in Lehre und Forschung die Neugier von Lehrenden und Lernenden auf neues Wissen wecken.“