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Zum Wohle von Mutter und Kind

02.10.2023

Ulrich Pecks besetzt ab Oktober die Professur „Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft“ und leitet die Geburtshilfe am Uniklinikum Würzburg.

Ein geburtshilfliches Register, Diskussionsveranstaltungen, App-basierte Angebote für die Begleitung schwangerer Frauen, innovative Lehrkonzepte für Studierende: Ulrich Pecks hat viele Ideen, die er in Würzburg umsetzen will.
Ein geburtshilfliches Register, Diskussionsveranstaltungen, App-basierte Angebote für die Begleitung schwangerer Frauen, innovative Lehrkonzepte für Studierende: Ulrich Pecks hat viele Ideen, die er in Würzburg umsetzen will. (Bild: Thomas Eisenkraetzer / UKSH)

Die Begeisterung für die Geburtshilfe wurde bei Ulrich Pecks während seiner Ausbildung zum Krankenpfleger geweckt. Dort faszinierte und prägte ihn die enge Zusammenarbeit von Hebammen, Pflegekräften und Ärztinnen und Ärzten, die ein gemeinsames Ziel haben: Frauen in ihrer Schwangerschaft und rund um die Geburt zu stärken und zu begleiten.

Die Gesundheit der Frauen vor, während und nach der Geburt wurde daher zu seinem großen Thema im späteren Medizinstudium, der Promotion und der Habilitation. Seine Ziele, sich für eine Familiengesundheit einzusetzen, haben sich weiter gefestigt. Für die Umsetzung böte die Universitätsmedizin Würzburg einen fruchtbaren Boden und mit ihrer interdisziplinären Struktur sowie exzellenten Kolleginnen und Kollegen allerbeste Voraussetzungen.

Pecks folgte dem Ruf der Universität Würzburg: Ab Oktober besetzt er den Lehrstuhl „Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft“ und leitet die Geburtshilfe in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Würzburg.

Lehre und Klinik auf wissenschaftlichem Boden harmonisieren

„Vom ersten Kontakt an habe ich in Würzburg eine große Willkommenskultur erfahren und gespürt, dass die Mutter-Kind-Gesundheit nicht nur eine Formalie ist, sondern sowohl am Uniklinikum als auch in der Medizinischen Fakultät der Universität ein großes Bedürfnis besteht, hier etwas aufzubauen“, freut sich Ulrich Pecks, der zuvor die Geburtshilfliche Abteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) am Campus Kiel geleitet hat und im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) ist.

Der große Reiz seines künftigen Wirkungsfeldes in Unterfranken bestehe in der Verbindung zwischen dem Ausbau des Studiengangs Hebammenwissenschaft und der klinischen Leitung der Geburtshilfe. „Ich muss mich weder auf das eine noch auf das andere beschränken, sondern darf mit meiner Expertise alle drei Aspekte – die klinische Arbeit, die Lehre und die Wissenschaft – bestmöglich verzahnen.“

Die Strukturen in der Praxis seien vor allem in der deutschen Geburtshilfe oft noch fernab von dem, was in der Schule gelehrt wird, und umgekehrt. Gerade mit der Akademisierung der Hebammenausbildung könne man diese Kluft sehr gut überwinden. In Mira Pflanz habe er vor Ort eine exzellente Studiengangleitung und Hebamme, mit der er diesen Gedanken gemeinsam angehen könne. Es sei bereits großartige Aufbauarbeit geleistet worden und es gebe viele weitere Ideen und Pläne.

Unter anderem ist in Kooperation mit der Lehrklinik der Universität und der Studiendekanin, Professorin Sarah König, die Erstellung eines virtuellen Kreißsaals geplant, in dem Prozesse trainiert werden können, die später in der realen Betreuung bei der Geburt umgesetzt werden. „Auf die Überführung solcher Ausbildungs- und Trainingskonzepte in Zusammenarbeit mit den Hebammen im Kreißsaal, unserer leitenden Hebamme Marlene Winkler und kooperierenden Praxiseinrichtungen sowie Freiberuflerinnen freue ich mich ganz besonders,“ betont Ulrich Pecks.

Evidenzbasiertes Handeln

In Würzburg wird der duale Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft seit dem Wintersemester 2022 angeboten. 23 Studierende pro Jahr absolvieren in insgesamt sieben Semestern die vom Hebammenreformgesetzt vorgegebenen 2.200 Stunden in der Praxis und ebenso viele Stunden in der Theorie.

Neben den auf die Hebammentätigkeit fokussierten Modulen, die in jedem Semester stattfinden, studieren die werdenden Hebammen naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagen wie Physiologie, Anatomie und Pharmakologie, werden in rechtlichen Grundlagen zum Gesundheitssystem und zu sozialwissenschaftlichen Aspekten wie Kommunikation und Ethik geschult und erwerben eine wissenschaftliche Kompetenz. Das heißt, sie lernen, sich kritisch und selbstständig mit der sich fortentwickelnden Studienlage auseinanderzusetzen und ihre Arbeit nach immer neustem Kenntnisstand Evidenz-basiert auszurichten.

Zudem lernen sie, Kommunikation und Beziehungsgestaltung professionell und partnerschaftlich umzusetzen und ihr Handeln und ihre Rolle in der Versorgung und im interdisziplinären Feld kritisch zu reflektieren. Damit sei Ulrich Pecks zufolge ein wichtiger Schritt erreicht, den Hebammenberuf in Analogie zu vielen anderen wissenschaftlichen Berufen qualitativ weiter aufzuwerten.

Interprofessionelles Team und intersektorales Denken

Die moderne Geburtshilfe erfordere einen interprofessionellen Ansatz und ein intersektorales Denken. So möchte Ulrich Pecks Strukturen einer bedarfsorientierten Betreuung von Schwangeren und Gebärenden in Würzburg weiter ausbauen: „Die meisten Schwangerschaften verlaufen unkompliziert, und die Geburt kann hervorragend von einer Hebamme begleitet werden. Einen ärztlichen Dienst braucht es dabei nicht, er kann jedoch unmittelbar hinzugezogen werden, falls es zu unvorhersehbaren Ereignissen im Geburtsprozess kommt. Hingegen verlaufen manche Schwangerschaften mit Risiken oder Komplikationen für Mutter oder Kind, bei denen dann ein größeres Team für eine angemessene Betreuung aufgestellt wird.“

Eine frühzeitige Erkennung von Risiken hilft, die Schwangere der für sie optimalen Versorgungsstruktur zuzuführen, immer nach dem Grundsatz, so wenig wie möglich, so viel wie nötig und entsprechend der Vorstellungen und individuellen Bedürfnisse der Frau. Die Kooperation mit niedergelassenen beziehungsweise freiberuflich arbeitenden Kolleginnen und Kollegen ist hierbei besonders wichtig und sorgt für Sicherheit vor, während und nach der Geburt.

Geburtshilfliches Wissenschaftsnetz: Daten für eine gesunde Zukunft

„Die Geburtshilfe in Deutschland wurde im internationalen Vergleich auch wissenschaftlich in den vergangenen 40 Jahren leider vernachlässigt,“ bemerkt Pecks. Zum Beispiel gebe es keine genauen Zahlen zur Müttersterblichkeit in Deutschland. Es scheitert an Strukturen zur Datenerfassung und flächendeckenden Möglichkeiten, den Gesundheitszustand der Mütter im Zeitraum nach der Geburt zu beobachten. Die Mütter fallen aus dem Zahlenraster. Auch diesem Thema fühlt sich Ulrich Pecks, der Mitglied im Expertengremium auf Bundesebene für das Qualitätssicherungsverfahren Perinatalmedizin des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen ist, verpflichtet.

Mit einem flächendeckenden, geburtshilflichen Register will Ulrich Pecks diese Lücken zukünftig schließen. Er hatte sich das Deutsche neonatologische Netzwerk (GNN), welches von Professor Christoph Härtel, Direktor der Würzburger Kinderklinik, mitaufgebaut wurde, zum Vorbild genommen.

Während im GNN vorwiegend Daten zu versorgungsbedürftigen Neugeborenen erfasst werden, war es das Ziel von Ulrich Pecks, Daten der Mütter, ihrer Schwangerschaft und Geburt mit Daten des Kindes zu verknüpfen. „Wir standen schon in den Startlöchern“, sagt er. „Doch dann kam Corona.“ Aus dem geplanten Wissenschaftsnetz wurde kurzerhand CRONOS (das Akronym steht für Covid-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study in Germany).

In dem von der DGPM und dem Land Schleswig-Holstein geförderten Register hat das Studienteam Daten von mehr als 8.000 Frauen erhoben, die sich während ihrer Schwangerschaft mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, und konnte damit eine Grundlage zur Behandlung und Beratung betroffener Patientinnen geben. Die besonders schweren Verläufe wurden von einer Task Force aus Würzburg ausgewertet.

„Im CRONOS-Projekt habe ich bereits sehr eng und ausgesprochen gut mit der Würzburger Anästhesie, allen voran ihrem Direktor Patrick Meybohm und Peter Kranke, dem Bereichsleiter der geburtshilflichen Anästhesie, mit Achim Wöckel, dem Direktor der Frauenklinik, und Christoph Härtel sowie vielen engagierten jungen Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet“, kommentiert Ulrich Pecks. Sein Ziel ist es nun, das Netzwerk unabhängig von Covid-19 von Würzburg aus fortzuführen.

Mit einer Sprache sprechen und das Gleiche wollen

Ob geburtshilfliches Register, Diskussionsveranstaltungen, App-basierte Angebote für die wissenschaftliche Begleitung schwangerer Frauen oder innovative Lehrkonzepte für Studierende – Ulrich Pecks steckt voller Ideen. Die Arbeit in der Geburtshilfe und im Studiengang der Hebammen möchte er an einem Leitgedanken ausrichten, der einer Wertevorstellung und entsprechenden Werteakzeptanz folgt: „Wenn wir die Patientinnen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Vorstellungen unterstützen, dabei unsere eigenen Erfahrungen und Ideologien reflektieren und zum Wohle der Frau und des Kindes auf dem Boden gesicherter Erkenntnisse behandeln, dann sprechen wir alle mit einer Sprache und wollen das Gleiche.“

Zur Person

Ulrich Pecks wurde 1975 in Bremerhaven geboren und wuchs im rheinländischen Heinsberg auf. Nach dem Zivildienst absolvierte er eine Ausbildung zum Krankenpfleger und studierte direkt im Anschluss Humanmedizin – bis zum Physikum an der Universität zu Halle an der Saale, anschließend an der RWTH Aachen. Nach Famulaturen in der Unfallchirurgie im südafrikanischen Johannesburg und in der Kardiologie in Manchester (UK) festigte sich sein Wunsch, in die Frauenheilkunde zu gehen.

Er promovierte in Aachen bei Professor Werner Rath zu Zellzyklusstörungen in der Plazenta bei Präeklampsie und HELLP-Syndrom, machte seinen Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Jahr 2011 und setzte die Forschung später für ein Jahr in Bern (Schweiz) auf dem Gebiet der Langzeitgesundheit bei Mutter und Kind fort.

Im Jahr 2013 kehrte Ulrich Pecks nach Aachen zurück, wurde Oberarzt und habilitierte 2014 zum Lipidstoffwechsel bei physiologischer und pathologischer Schwangerschaft. Ein Jahr später, 2015, ging er mit Professor Nicolai Maass ans Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. In Kiel befasste er sich zunächst mit dem Aufbau des Beckenbodenzentrums und übernahm im Jahr 2020 die Leitung der Geburtshilfe.

Im Jahr 2023 folgte Ulrich Pecks dem Ruf der Universitätsmedizin Würzburg, wo er ab Oktober den Studiengang Hebammenwissenschaft mitverantwortet und von ärztlicher Seite weiterentwickelt. Darüber hinaus leitet er die Geburtshilfe in der Frauenklinik.

Von Pressestelle UKW

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