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Zwei Kilometer Erinnerung

16.10.2018

Was bleibt von den täglichen Vorgängen in Verwaltung, Fakultäten und Instituten erhalten? Wo landen abgeschlossene Akten? In Teil zwei unserer Serie über die Zentralverwaltung gibt es einen Einblick in das Universitätsarchiv.

Blick auf das Archivinformationssystem
Ein Blick hinter die Kulissen: Erfassen und Strukturieren sind wichtige Aufgaben der Archivmitarbeiter. (Foto: Corinna Russow)

Vor ein paar Jahren stellte ein Geschwisterpaar beim Universitätsarchiv eine Anfrage: Es war auf der Suche nach Informationen über die eigene Mutter. „Beide kannten ihre Mutter nicht, hatten nicht einmal ein Foto von ihr. Sie wussten nur, dass ihre Mutter vermutlich der Euthanasie der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen war“, erzählt Dr. Marcus Holtz. Er ist Leiter des Universitätsarchivs an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und mit seinen zwei Mitarbeiterinnen und sieben Hilfskräften für solche und andere Anfragen zuständig.

Auskünfte, die manchmal gar nicht so leicht zu erledigen sind, denn in jedem Einzelfall müssen die Mitarbeitenden des Uniarchivs das „berechtigte Interesse“ prüfen. Fragen, die sich die Archivare täglich stellen: Wer will das aus welchem Grund wissen? Hat die Person das Recht, diese Informationen zu erhalten?

Ausstellungen, Jubiläen, Gelehrtentafeln

Doch solche Benutzeranfragen machen nur einen vergleichsweise geringen Teil der Aufgaben des Uniarchivs aus. Das Team organisiert auch Ausstellungen, bereitet die Geschichte eines Instituts auf und forscht zu Personen. All das eben, was unter das Stichwort fällt: Wie war die Uni früher? „Wir kooperieren auch viel mit Fakultäten, anderen Abteilungen, Studierenden und oft haben wir Praktikanten zum Beispiel aus den Studiengängen Geschichte und Museologie“, erzählt Mareile Mansky, Mitarbeiterin im Uniarchiv und ergänzt: „Eines unserer Hauptziele ist, die Identifikation der Beschäftigten und Studierenden mit ihrer Uni zu stärken, indem wir die spannende und bewegte Uni-Geschichte bekannt machen.“

Auch bei Jubiläen ist das Archiv gefragt. So wie beim Röntgen-Jubiläum im Jahr 2020, bei dem es in die deutschlandweite Planung eingebunden ist, und sich mit der Nobelpreis-Urkunde von Wilhelm Conrad Röntgen für das Unesco-Weltkulturerbe beworben hat. „Das wäre eine hohe Auszeichnung mit weltweitem Renommee für die Universität, daher ist es uns wichtig und es wäre schön, wenn es klappen würde“, sagt Mansky. Erinnerung ist hier das Stichwort.

Gleiches gilt für das Gelehrtentafel-Projekt: „Das ist ein sehr arbeitsintensives Projekt, das uns noch viele Jahre beschäftigen wird“, erklärt Holtz. Hier müssen die Mitarbeitenden des Archivs zunächst aus hunderten möglichen Gelehrten geeignete Kandidaten auswählen, deren Wohn- und Arbeitsstätten herausfinden und die Informationen über diese recherchieren, bis die Tafel dann endlich enthüllt wird. Bei dem Projekt geht es darum, ehemalige „Gelehrte“ der Universität in Würzburg sichtbar zu machen und auch weniger bekannte Berühmtheiten mit der Universitätsgeschichte zu verknüpfen. Erst im Juli 2018 wurden wieder eine Reihe von Tafeln an Wohnhäusern und Arbeitsplätzen von Ehemaligen aufgehängt.

Aussonderungen bringen Neues

Eine der Hauptaufgaben des Archivs sind Aussonderungen in allen Abteilungen und Instituten der Universität. Das heißt, Schriftgut aus verschiedensten Verwaltungsprozessen zu übernehmen und so „die alten, historischen Bestände der Uni zu bewahren“, sagt Holtz. Und dafür schlüpfen die Historiker auch mal in einen Ganzkörper-Schutzanzug, um „in staubigen und mäusekotübersäten Kellern 200 Jahre alte Unterlagen zu finden“, wie Holtz erzählt. Zusätzlich bekäme das Archiv auch immer wieder Nachlässe von verstorbenen Professoren, ehemaligen Beschäftigten oder Studierenden.

Insgesamt hat das Archiv der JMU über 2.000 Regalmeter, die voll bestückt sind, mit Archivalien, Urkunden, Personalakten, verschiedensten Gegenständen und vielem mehr. Alles katalogisiert mithilfe eines Archivinformationssystems, damit die Dinge schnell wieder gefunden werden und um den Überblick zu behalten. Die Regale finden sich an drei Standorten: in der Neuen Universität, in der Alten Handelskammer und auf dem Campus Hubland Nord. Tendenz: wachsend. Archive seien nie tot oder abgeschlossen, wie Mansky sagt. „Irgendwann muss alles zu uns.“

Ein „Schatzsucher-Gen“ schadet in dem Beruf also nicht: „Das Schöne ist, dass es keinen Arbeitsalltag gibt, weil es so abwechslungsreich ist. Es gibt keinen Tag, an dem ich weiß, ich werde am Computer sitzen und mich langweilen“, sagt Mansky.

Digitales Archiv ist die Zukunft

Außerdem sei es wichtig, Augen und Ohren offen zu halten, denn im aktuellen Tagesgeschäft gebe es Vieles, das irgendwann ins Archiv müsse. Auch eine Affinität zur IT sei von Vorteil, sagt Mansky. „Der Beruf des Archivars hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark gewandelt“, erklärt Holtz.

Ein sehr großes Projekt des Uniarchivs sei deshalb die Frage, wie digitale Dokumente zukünftig archiviert werden können. „Man kann die Daten nicht einfach auf einen USB-Stick ziehen. Es muss sichergestellt sein, dass die Daten auch in hundert Jahren noch zugänglich sind“, erklärt Mansky. „Das müssen wir zum Glück nicht alleine überlegen, sondern können uns mit anderen Universitäten und mit Ministerien abstimmen“, sagt Holtz. Dafür zu sorgen, dass alle Unis die gleichen Informationen haben, sei eine Menge Arbeit. Holtz, bei dem die Leitung des Verbunds der Bayerischen Universitätsarchive liegt, koordiniert den Verbund und stellt den Austausch mit den Ministerien und der bayerischen Kanzlerrunde sicher.

Geschwister hatten Glück

Als Marcus Holtz Nachforschungen über die Mutter der beiden Geschwister anstellte, fand er in der Patientenakte ein schönes Bild von der Mutter und Briefe, die sie an ihre Kinder geschrieben hatte, die aber nie abgeschickt wurden. Holtz gab den Geschwistern Reproduktionen des Fotos und der Briefe. „Ohne diese Anfrage hätten wir das nicht entdeckt“, erklärt Holtz. „Für uns sind das Kleinigkeiten, aber die Menschen machen wir damit glücklich.“

Die Verwaltungsserie

Man kennt, grüßt und unterhält sich. Doch was die Kollegen in der anderen Abteilung den ganzen Tag machen, weiß man oft nicht voneinander. Das ändert sich nun: Einmal im Monat stellen wir hier die Arbeit einer Abteilung der Zentralverwaltung vor.

Teil 1: Technischer Betrieb

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Von Corinna Russow

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