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Ameisen als Wundärzte

14.02.2018

Ameisen kümmern sich intensiv um die Wunden, die ihre Artgenossen bei Kämpfen davongetragen haben. Im Tierreich dürfte dieses Verhalten einzigartig sein.

Eine Matabele-Ameise versorgt die Wunden einer Artgenossin, der im Kampf mit Termitensoldaten Beine abgebissen wurden. (Foto: Erik T. Frank)
Eine Matabele-Ameise versorgt die Wunden einer Artgenossin, der im Kampf mit Termitensoldaten Beine abgebissen wurden. (Foto: Erik T. Frank) (Bild: presse@uni-wuerzburg.de)

Die afrikanischen Matabele-Ameisen (Megaponera analis) versorgen die offenen Wunden ihrer Artgenossen – und sind dabei ziemlich erfolgreich. Ohne die Behandlung sterben 80 Prozent der Verletzten, nach der „wundärztlichen“ Versorgung sind es nur noch zehn Prozent.

Das haben Erik T. Frank, Marten Wehrhahn und Karl Eduard Linsenmair von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) herausgefunden. Ihre Ergebnisse sind im Journal „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht. Es sind keine anderen Insekten bekannt, die bei ihren Artgenossen die Wunden pflegen. Die Würzburger Biologen gehen sogar davon aus, dass dieses Verhalten im gesamten Tierreich so noch nicht beobachtet wurde.

Raubzüge mit hohem Risiko für Leib und Leben

Im Alltag der Matabele-Ameisen ist das Verletzungsrisiko sehr hoch: Die südlich der Sahara weit verbreiteten Tiere gehen zwei bis vier Mal am Tag auf Raubzüge. In Kolonnen aus 200 bis 600 Tieren ziehen sie los, überfallen Termiten an ihren Futterstellen, töten dort viele Arbeiter und schleppen sie zurück ins Nest, wo sie die Opfer letztendlich fressen.

Die Soldaten der Termiten mit ihren gut gepanzerten Köpfen und kräftigen Kieferzangen nehmen diese Überfälle aber nicht kampflos hin. Wenn sie zur Schlacht antreten, gibt es bei den Ameisen Tote und Verwundete – oft werden ihnen zum Beispiel die Beine teilweise abgebissen. Sind die Ameisen derart verletzt, sondern sie einen Signalstoff ab. Und der bringt ihre Artgenossen dazu, die Verwundeten zurück ins Nest zu tragen. Dieses Rettungswesen hat Erik T. Frank schon 2017 beschrieben.

Nun haben die Würzburger Biologen weitergeforscht: Was passiert mit den Verletzten, sobald sie ins Nest zurückgebracht wurden? Sie werden dort behandelt: Die Ameisen „lecken“ intensiv und oft minutenlang die offenen Wunden ihrer Kampfgenossen. „Wir vermuten, dass sie auf diese Weise die Wunde säubern und mit dem Speichel eventuell sogar antimikrobielle Substanzen auftragen, um die Gefahr von Infektionen mit Pilzen oder Bakterien zu verringern“, erklärt Frank.

Schwerverletzte bleiben auf dem Schlachtfeld

Das Team vom Biozentrum der JMU hat noch weitere spannende Details im Rettungswesen der Matabele-Ameisen gefunden. So wird schwerverletzten Ameisen, denen zum Beispiel fünf ihrer sechs Beine abgebissen wurden, auf dem Schlachtfeld nicht geholfen. Die Entscheidung, wer gerettet wird und wer nicht, treffen dabei allerdings nicht die Helfer, sondern die Verletzten selbst.

Leichtverletzte Ameisen verhalten sich ruhig und ziehen sogar noch ihre verbliebenen Beine an, um den Abtransport zu erleichtern. Anders sieht es bei Schwerverletzten aus: Sie gebärden sich sehr wild und schlagen regelrecht um sich. „Sie kooperieren einfach nicht mit den Helfern und werden dann zurückgelassen“, sagt Frank. Die aussichtslosen Fälle sorgen also selbst dafür, dass keine wertvolle Energie in ihre Rettung investiert wird.

Leichtverletzte verhalten sich ruhig

Sind Matabele-Ameisen nur leichtverletzt, bewegen sie sich viel langsamer als normal, sobald potenzielle Helfer in der Nähe sind. Mit diesem Verhalten erhöhen sie vermutlich die Chance, von der zum Nest zurückeilenden Kolonne bemerkt und mitgenommen zu werden. Eventuell können die Ameisen den „Rettet-mich-Signalstoff“ einer Verwundeten leichter lokalisieren, wenn diese ruhig bleibt.

Neue Forschungsfragen tun sich auf

Gewonnen wurden die Erkenntnisse an der Forschungsstation der Universität Würzburg im Comoé-Nationalpark (Elfenbeinküste). Sie führen zu weiteren Fragen: Wie erkennen die Ameisen, wo genau ein Artgenosse verwundet wurde? Wie wissen sie, wann sie mit der Wundversorgung aufhören können? Erfolgt die Behandlung rein prophylaktisch oder – falls es zu einer Infektion kommen sollte – auch therapeutisch?

Diese und andere Fragen wird Erik T. Frank an der Universität Lausanne in der Schweiz weiterverfolgen. Dort forscht er seit Anfang Februar 2018 als Postdoc. Seine Doktorarbeit an der JMU hat er vor kurzem erfolgreich abgeschlossen; mit den Forschern vom Biozentrum der JMU wird er weiterhin eng kooperieren.

Frank ET, Wehrhahn M, Linsenmair KE. 2018 Wound treatment and selective help in a termite-hunting ant. Proc. R. Soc. B 20172457. http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2017.2457

Kontakt

Dr. Erik T. Frank, University of Lausanne, Department of Ecology and Evolution, T +41 21 692 4176, erik.frank@unil.ch

Weblinks

Youtube-Video: Ameise versorgt die Wunde eines Artgenossen

Ameisen retten ihre Verletzten – JMU-Pressemitteilung vom 13.04.2017

Von Robert Emmerich

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