English Intern
  • Slider für das Karriereportal

Auf den Spuren des Immunsystems

05.12.2018

Wolfgang Kastenmüller erforscht die Entwicklung spezieller Immunzellen, die unter anderem für die Krebstherapie interessant sind. Jetzt hat er dafür einen mit knapp zwei Millionen Euro dotierten ERC Consolidator Grant erhalten.

Wolfgang Kastenmüller forscht an grundlegenden Mechanismen der Immunzellentwicklung. Das Wissen darüber ist Voraussetzung für die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapieansätze.
Wolfgang Kastenmüller forscht an grundlegenden Mechanismen der Immunzellentwicklung. Das Wissen darüber ist Voraussetzung für die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapieansätze. (Bild: Gunnar Bartsch/Universität Würzburg)

Seit gut einem Jahr ist Wolfgang Kastenmüller Professor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU); er hat hier den Lehrstuhl für Systemimmunologie I inne. Gemeinsam mit Georg Gasteiger, Inhaber des Lehrstuhls für Systemimmunologie II, leitet er die neu gegründete Max-Planck-Forschungsgruppe für Systemimmunologie. Forschungsschwerpunkt dort ist das Wechselspiel des Immunsystems mit dem Organismus, insbesondere die Interaktion verschiedener Zellen des Immunsystems in lokalen Netzwerken und mit Zellen anderer Organsysteme.

Für seine Forschung hat Kastenmüller jetzt vom europäischen Forschungsrat (European Research Council ERC) eine hohe Auszeichnung erhalten: einen mit gut 1,8 Millionen Euro dotierten Consolidator Grant. Diese Art von Preis vergibt der ERC an herausragende Forscher mit einer vielversprechenden wissenschaftlichen Karriere. Kastenmüller kann damit in den kommenden fünf Jahren seine Projekte vorantreiben.

Wie Immunzellen aktiviert werden

In seinem neuen Forschungsprojekt will Kastenmüller die Aktivierung und Regulation spezieller Zellen des Immunsystems detailliert aufschlüsseln – der kurz „CD8“ genannten Zellen. Sie gehören zur großen Familie der Lymphozyten, tauchen bisweilen auch unter dem Namen „Zytotoxische T-Zellen“ auf und verfügen über die Fähigkeit, an Zielzellen zu binden und deren Zelltod auszulösen. Diese Eigenschaft macht sie unter anderem für die Krebsforschung interessant.

„Diese Art der T-Zellen eignen sich für eine Immuntherapie bei Krebs, wenn sie richtig programmiert sind“, erklärt Wolfgang Kastenmüller. Tatsächlich können T-Zellen Tumorzellen als Fremdkörper erkennen und eliminieren. Dazu müssen sie allerdings zuvor auf eine spezielle Weise aktiviert werden. Wie das funktioniert: Dafür haben in diesem Jahr die beiden Immunologen James Allison und Tasuku Honjo den Medizin-Nobelpreis erhalten. Die von ihnen entdeckte Immun-Checkpoint-Inhibition versetzt das Immunsystem in die Lage, den Tumor wirkungsvoll zu attackieren. Die darauf basierende Therapie kann selbst solche Patienten heilen, die zuvor als unheilbar krank galten.

Nicht sofort von der Schulbank ins Arbeitsleben

„Wir wissen inzwischen, dass diese T-Zellen in den Lymphknoten in einem mehrstufigen Verfahren aktiviert werden“, erklärt Kastenmüller. Bildlich gesprochen werden sie nicht direkt nach der Schule auf den Arbeitsmarkt entlassen, wo sie sich bewähren müssen. Stattdessen durchlaufen sie noch eine Reihe von Qualifizierungsmaßnahmen. Wie Kastenmüller zeigen konnte, wandern die Zellen dabei durch den Lymphknoten, unterstützt von Helferzellen und geleitet von Hilfssignalen, und absolvieren unterschiedliche Reifeschritte für den optimalen Entwicklungsprozess.

Diese Schritte detailliert zu entschlüsseln, ist Ziel des neuen Forschungsprojekts. Kastenmüller und sein Team wollen die grundlegenden Mechanismen verstehen und aufzeigen, welche Moleküle für welche Entwicklungsschritte verantwortlich sind. Grundlagenforschung sei diese Arbeit, sagt der Wissenschaftler. Das grundsätzliche Verständnis dieser elementaren Vorgänge sei aber die Voraussetzung für die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapieansätze.

Hauptsächlich in neues Personal, in Verbrauchsmaterialien und in die Entwicklung neuer experimenteller Systeme wird das Geld aus dem Consolidator Grant in den nächsten fünf Jahren fließen. Ein Teil ist aber auch für verbesserte Mikroskopie-Technik reserviert. Diese soll einen detailscharfen Blick auf die Immunzellen ermöglichen, so dass die Wissenschaftler in Echtzeit verfolgen können, wie diese Zellen sich bewegen, infizierte Zellen aufspüren und eliminieren.

Zwei ERC Grants für die Max-Planck-Gruppe

Wolfgang Kastenmüller ist übrigens nicht der einzige ERC-Preisträger an der Max-Planck-Forschungsgruppe für Systemimmunologie. Bereits im vergangenen Jahr hat Georg Gasteiger einen mit rund 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant erhalten. Der europäische Forschungsrat finanziert damit Gasteigers Forschungsprojekt „Tissue-resident Lymphocytes: Development and Function in ‚real-life‘ Contexts“.

ERC Consolidator Grants 2018

Insgesamt 291 führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa haben in der diesjährigen Runde einen Consolidator Grant erhalten. 2.389 Anträge waren dafür eingegangen. Die Erfolgsquote betrug somit gut zwölf Prozent.

38 dieser 291 Forschungsprojekte werden an einer Einrichtung in Deutschland durchgeführt, gefolgt von Frankreich (32) und der Schweiz (32). Sie werden nur übertroffen von Großbritannien: Dort forschen 55 der neugewählten Preisträger. Geht man jedoch nach der Nationalität der jeweiligen Projektverantwortlichen, liegt Deutschland an der Spitze: 49 Forschungsprojekte werden von deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geleitet.

Rund 14 Millionen Euro werden an sieben Wissenschaftler bayerischer Universitäten für ihre Forschungsprojekte fließen. Neben der JMU waren die beiden Münchner Universitäten mit jeweils drei Anträgen erfolgreich.

Kontakt

Prof. Dr. Wolfgang Kastenmüller, Lehrstuhl für Systemimmunologie I, T: +49 931 31-81816, wolfgang.kastenmueller@uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch

Zurück