Intern
  • none

Buchentod im Botanischen Garten

09.08.2019

Die Klimaerwärmung trifft auch den Botanischen Garten der Universität Würzburg. Während die Buchen unter Hitze und Trockenheit leiden, profitieren andere Bereiche von den veränderten Bedingungen.

Insgesamt elf Buchen mussten in diesem Sommer im Botanischen Garten gefällt werden.
Insgesamt elf Buchen mussten in diesem Sommer im Botanischen Garten gefällt werden. (Bild: Gunnar Bartsch / Universität Würzburg)

Wer wissen will, wie sich der heiße Sommer 2018 und die lang anhaltende Trockenheit auf die heimischen Wälder ausgewirkt hat, muss nicht weit fahren: Im Botanischen Garten der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) lassen sich die Folgen auf engstem Raum beobachten. Insgesamt elf alte Buchen, die dort vor knapp 60 Jahren gepflanzt worden waren, haben die Kombination aus überdurchschnittlich hohen Temperaturen und unterdurchschnittlich geringen Niederschlagsmengen nicht überlebt und mussten deshalb jetzt gefällt werden. Wo bislang ein dichter Buchenwald stand, präsentiert sich jetzt den Besuchern eine große Lichtung.

Astbruch zwingt zur Fällaktion

„Im Frühjahr hat es sich schon abgezeichnet: Da war das Blätterdach zwar noch geschlossen, aber die Blätter waren schon durchwegs braun“, sagt Dr. Gerd Vogg, Kustos des Botanischen Gartens der Universität. Der ungewöhnlich heiße und lange Sommer 2018 hatte die Buchen offensichtlich unter Stress gesetzt. Als dann zusätzlich noch im Winter und Frühjahr nicht die erhofften Niederschlagsmengen fielen, bedeutete das für viele von ihnen den Todesstoß. Ursprünglich hatten die Verantwortlichen geplant, die toten Bäume so lange wie möglich stehen zu lassen. Diesen Plan mussten sie aber schnell wieder aufgeben: „Nachdem an einem Tag mehrere große Äste abgebrochen waren, waren wir aus Sicherheitsgründen dazu gezwungen, die Bäume zu fällen“, so Vogg.

Ob das Buchensterben im Botanischen Garten damit beendet ist? Für den Laien sieht es so aus – immerhin stehen die übrigen Bäume jetzt dicht und grün belaubt auf der Fläche am Rande zur B 19. Vogg ist trotzdem skeptisch, denn auch in diesem Sommer liegen die Durchschnittstemperaturen erneut deutlich über dem langjährigen Mittel und der ersehnte Regen bleibt aus – zumindest in der benötigten Menge. Außerdem bildet der Buchenwald jetzt kein geschlossenes Ensemble mehr; stattdessen stehen viele Bäume wie „isolierte Pinsel“ da. Vor heftigen Sturmböen sind diese quasi ungeschützt. „Und nachdem alle Prognosen davon ausgehen, dass es in Zukunft mehr und heftigere Unwetter geben wird, erwarten wir für unsere Buchen nichts Guten“, sagt Vogg.

Deutlicher Temperaturanstieg in Würzburg

„Zu heiß und zu trocken mit mehr Sonnenschein als gewöhnlich“: So fasst die Main-Post ihre Wetterstatistik für Würzburg im Juli 2019 kurz und präzise zusammen. Mit einem Monatsmittel von 20,9 Grad lag die Würzburger Julitemperatur genau 1,7 Grad über dem langjährigen Monatsmittel. Zur Erinnerung: Auf der Pariser Klimakonferenz 2015 haben sich die Teilnehmerstaaten darauf verständigt, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius und möglichst unter 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu beschränken.

In Unterfranken scheint dieses Ziel kaum noch erreichbar: Im Vergleich mit dem Jahresmittel von 1960 bis 1990 hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) hier für das Jahr 2018 bereits einen Temperaturanstieg von 2,1 Grad gemessen. Während der Vegetationsperiode 2018, von April bis Oktober, war die Lufttemperatur in Würzburg sogar um 2,9 Grad gegenüber dem langjährigen Mittel erhöht.

Gewinner und Verlierer auf engstem Raum

Während die Buchen – nicht nur – im Botanischen Garten bereits heute massiv unter den Folgen der Klimaerwärmung leiden, gibt es dort auf der anderen Seite natürlich auch Gewinner. „Unsere mediterrane Felsheide und die Prärie stehen super da. Da blühen mittlerweile Pflanzen, die bisher in unseren Breiten kaum zu finden waren“, sagt der Gerd Vogg. Wäre es von daher nicht eine gute Idee, in Unterfranken in Zukunft ganz auf solche Pflanzen zu setzen, die in ihren Herkunftsländern, wie beispielsweise Griechenland, Libanon oder dem südlichen Kalifornien längst bewiesen haben, dass sie mit Hitze und Trockenheit klarkommen? Nicht unbedingt, sagt der Botaniker. Schließlich gebe es hier immer mal wieder harte und kalte Winter mit Temperaturen deutlich unter minus 15 Grad. Und darauf seien diese Pflanzen nicht eingestellt.

Welche Baumarten am Besten mit den klimatischen Veränderungen im Raum Würzburg zurechtkommen: Das erforschen die Experten im Botanischen Garten in den kommenden Jahren auf einer neuen Versuchsfläche, die gerade am Westrand am Entstehen ist. Steineichen aus dem Mittelmeerraum, Tannen und Kiefern aus Nordgriechenland, Korkeichen, Zedern und andere Arten mehr haben sie dort angepflanzt. Noch sind diese jung, kaum einen Meter groß. Aber viel spricht dafür, dass die Besucher in ein paar Jahrzehnten dort eine neue Waldfläche bestaunen können, wie sie sie bisher nur aus ihren Urlaubsländern kannten.

Zweite Chance für die Buchen

Und was passiert jetzt mit den angegriffenen Stück Buchenwald im Botanischen Garten? Werden dort auch Eichen und Hainbuchen ihren Siegeszug antreten? „Nein“, sagt Gerd Vogg. „Wir wollen unseren Besuchern und Studierenden einen Buchenwald zeigen. Deshalb lassen wir dort auch wieder Buchen wachsen. Im Unterwuchs stehen schon wieder junge Buchensämlinge bereit, die in den nächsten Jahren die Lichtung wieder schließen werden“. Die Zukunft werde zeigen, ob diese Anstrengungen von Erfolg gekrönt sind. Gerd Vogg jedenfalls beobachtet die Veränderungen mit einer gewissen Gelassenheit. „Die Natur wird sich anpassen, der Wald wird sich erneuern – auch wenn das ein paar Jahrzehnte dauern kann“, ist er sich sicher.

Hintergrund

Seit 1696 steht der Universität Würzburg ein Botanischer Garten zur Verfügung. Er ging aus dem Arzneipflanzengarten (Hortus medicus) des Juliusspitals im heutigen Stadtzentrum hervor und befindet sich jetzt nach seiner dritten Verlegung am südlichen Stadtrand – 1960 wurde mit der Neuanlage am Mittleren Dallenbergweg begonnen. Seine Nutzfläche beträgt rund neun Hektar. Etwa 9.000 verschiedene Pflanzenarten werden im Freiland und in den Gewächshäusern kultiviert.

Der Botanische Garten ist eine zentrale Einrichtung der Universität Würzburg. Er dient verschiedenen Teildisziplinen der Botanik und anderen Institutionen der Universität als wichtiges Hilfsmittel in Forschung und Lehre. Außerdem ist der Öffentlichkeit zugänglich.

Kontakt

Dr. Gerd Vogg, Botanischer Garten der Universität Würzburg, T: +49 931 31 86239, vogg@botanik.uni-wuerzburg.de

www.uni-wuerzburg.de/einrichtungen/bgw

Von Gunnar Bartsch

Zurück