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Das europäische Kartell- und Regulierungsrecht der Netzindustrien als intra- und interdisziplinäre Disziplin

17.07.2014

Bericht von den 20. Europarechtstagen und vom 8. Studientag des Studienkreises Wettbewerb und Innovation

Universitätsaula in der Neubaukirche, Fotos von Artur Schmidt

Am 27. und 28. Juni 2014 fanden die 20. Würzburger Europarechtstage zum Thema „Das europäische Kartell- und Regulierungsrecht der Netzindustrien – eine inter- und intradisziplinäre Disziplin“ statt. Vor 23 Jahren von Prof. em. Dr. Karl Kreuzer und Prof. em. Dr. Dieter H. Scheuing an der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg begründet, wurde die Tradition der seit 1996 jährlich stattfindenden Europarechtstage in diesem Jahr von Prof. Dr. Florian Bien und Prof. Dr. Markus Ludwigs fortgeführt. Wie in den Jahren zuvor waren auch dieses Jahr nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie arrivierte Praktiker, sondern auch etliche interessierte Studierende zu Gast in der Neubaukirche.

Gleichsam als Auftakt zu den Europarechtstagen lud Prof. Bien die Mitglieder und Gäste des Studienkreises Wettbewerb und Innovation am Vormittag des 27. Juni zu seinem 8. Studientag in die Alte Universität ein, um über das europäische Kartell- und Regulierungsrecht der Netzindustrien zu diskutieren. Es referierte Dr. Markus Schmillen von der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission über die Kommissionsentscheidung Deutsche Bahn I/II (COMP/AT. 39678 und 39731). In seinem Vortrag stellte Herr Dr. Schmillen die verschiedenen Verpflichtungszusagen betreffend das Bahnstrompreissystem dar und machte insbesondere deutlich, dass in der Einmalzahlung, zu der sich die zum DB-Konzern gehörende DB-Energie u. a. verpflichtete, kein Schadensersatz zu sehen sei. Vielmehr sollen damit die Eisenbahnunternehmen, die sich mit den Tochtergesellschaften der Deutsche Bahn AG im Wettbewerb befinden, in der Übergangsphase geschützt werden. Anschließend kommentierte Prof. Bien die Kommissionsentscheidung. Kritisch bemerkte er, dass die Zusagen in erster Linie darauf abzielten, den Wettbewerb auf dem vorgelagerten Markt der Bahnstromlieferung anzukurbeln, obwohl die potentiellen Bahnstromanbieter bislang praktisch kein Interesse an diesem Geschäftsfeld gezeigt hätten. Es sei daher fraglich, ob es gelingen werde, auf diesem Umweg funktionierenden Wettbewerb zwischen den DB-Tochtergesellschaften auf Transportebene und ihren Konkurrenten herzustellen. Nach einer lebhaften Diskussion der beiden Vorträge klang der Studientag mit einem Imbiss im Max- Stern-Keller in der Alten Universität aus.

Nach diesem Auftakt boten die Europarechtstage dann eine noch größere Bühne für das europäische Kartell- und Regulierungsrecht. Auf die Begrüßung der Gäste durch den Dekan der Juristischen Fakultät Prof. Dr. Oliver Remien folgte eine Einführung in das Thema durch die Veranstalter Prof. Ludwigs und Prof. Bien. Im ersten Vortrag wies Prof. Dr. Matthias Schmidt-Preuß von der Universität Bonn auf die „atemlose Rasanz“ des Regulierungsrechts als innovativer Materie hin und beleuchtete ihren inter- und intradisziplinären Charakter anhand von Beispielen aus dem Energie- und Telekommunikationssektor. Daran anschließend zeigte RA Robert Klotz von der Brüsseler Kanzlei Mayer Brown Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kartell- und Regulierungsrecht auf, betonte schließlich aber vor allem die Komplementarität der beiden Regelungsbereiche. Nach einer ersten Diskussionsrunde und einer kurzen Kaffeepause im Foyer der Neubaukirche fanden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Europarechtstage wieder in der Universitätsaula ein. Dort folgte zunächst ein musikalisches Intermezzo von Björn Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Bien, der ein Klavierstück vortrug. Prof. Ludwigs leitete hiernach den zweiten Teil der Vorträge ein. Die Interdisziplinarität bildete einen Teil des Themas der Europarechtstage und wurde besonders in den Vorträgen von Dr. Annegret Groebel von der Bundesnetzagentur in Bonn und Prof. Norbert Schulz, Ph. D. von der Universität Würzburg über die ökonomische Rationalität des Kartell- und Regulierungsrechts deutlich. Nach diesen beiden Vorträgen begrüßte der Vizepräsident der Universität Würzburg Prof. Dr. Wolfgang Riedel die Gäste und lud diese zu einem Empfang in das Foyer der Neubaukirche ein.

Den zweiten Tag eröffnete Prof. Dr. Torsten Körber von der Universität Göttingen, der in seinem Vortrag zum Thema „Neutralität im Netz“ den Bogen vom Gebot der neutralen Regulierung über den Wunsch nach Netzneutralität bis hin zur Forderung nach Neutralität von Internet-Suchmaschinen spannte. Der darauffolgende Vortrag von Prof. Dr. Dr. Dres. h. c. Franz Jürgen Säcker (FU Berlin) widmete sich dem wettbewerbsanalogen Preis als Kontrollmaßstab im Wettbewerbs- und Regulierungsrecht. Nach einer kurzen Pause stellte Prof. Dr. Andreas Heinemann, Vizepräsident der schweizerischen Wettbewerbskommission und Ordinarius an der Universität Zürich, das Kartell- und Regulierungsrecht der Netzindustrien aus Schweizer Perspektive dar. Netzkodizes als eine dritte Ebene des Rechts waren Schwerpunkt des Vortrags von Prof. Dr. Hartmut Weyer (TU Clausthal), der den Schlusspunkt unter die diesjährigen Europarechtstage setzte. 

Die Würzburger Europarechtstage boten auch in ihrer 20. Auflage wieder interessante Vorträge zu einem aktuellen Thema und regten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Diskussion an. In ihrem Schlusswort konnten die beiden Veranstalter Prof. Bien und Prof. Ludwigs somit auf eine erfolgreiche Veranstaltung zurückblicken.

In der Galerie finden Sie weitere Fotos der Europarechtstage. Alle Fotos in der Galerie und auf dieser Seite wurden von Herrn Artur Schmidt aufgenommen.

Christoph Hellmann

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