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Der Vollzug untersagter Zusammenschlussvorhaben nach dem Faber/Basalt-Beschluss des Bundesgerichtshofs

03.04.2011

Zeitschrift für Wettbewerbsrecht (ZWeR) 2011, S. 110-131

Unter welchen materiellen und formel­len Voraussetzungen dürfen die Fusionsparteien einen angemeldeten Zu­sam­men­­schluss trotz seiner Untersagung durch das Bundeskartellamt vollziehen?

Ergebnis:

1. Der Vollzug eines untersagten Zusammenschlussvorhabens ist nur in folgenden Fällen erlaubt: (1) Das Bundeskartellamt befreit die Unternehmen ausnahmsweise vom Vollzugs­verbot, § 41 Abs. 2 GWB. (2) Das Bundeskartellamt hebt den Untersagungs­be­schluss gemäß § 48 VwVfG auf und trifft eine neue (für die Fusionsparteien positive) Entscheidung. (3) Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie erlaubt den untersagten Zusammen­schluss auf der Grundlage von § 42 GWB. (4) Das Beschwerde­gericht hebt die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren auf. (5) Das Beschwerdegericht befreit die Unternehmen im Rahmen des auf Aufhebung der Untersagungsverfügung gerichteten Beschwerdeverfahrens vorläufig vom Vollzugs­verbot, §§ 64 Abs. 3, 60 Nr. 1, 41 Abs. 2 GWB. (6) Praktisch zu vernachlässigen ist die Möglichkeit des Beschwerdegerichts, im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gerichtet auf Verpflichtung des Bundeskartellamts, die Parteien gemäß § 41 Abs. 2 GWB vom Vollzugsverbot zu befreien, einstweilige Anordnungen gemäß §§ 60 Nr. 1, 64 Abs. 3 S. 1 GWB zu erlassen.

2. Der Vollzug des Zusammenschlussvorhabens ist in den genannten Fällen zulässig. Die zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte sind daher zivilrechtlich wirksam. Auch ein Bußgeld kann nicht verhängt werden. Einzig das Risiko einer späteren Entflechtungs­anord­nung bleibt bei einer nur vorläufigen Vollzugserlaubnis (Fälle 1, 5, 6) bestehen. Anzustreben ist daher eine schnelle und endgültige gerichtliche Klärung der Rechtslage im Hauptsacheverfahren (Fall 4). Diesem Bedürfnis versuchen die Unionsgerichte mit ihrem beschleunigten Verfahren (expedited procedure) zu entsprechen.

3. Vollziehen die Parteien den untersagten Zusammenschluss ohne vorherige einst­weilige oder endgültige Befreiung, hängen die möglichen Sanktionen davon ab, ob und aus welchen Gründen die ergangene Untersagungsverfügung in einem nachfolgenden beschwerdegerichtlichen Verfahren aufgehoben wird bzw. ob eine Ministererlaubnis ergeht. Die vom Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom Beschluss v. 14.10.2008 – KVR 30/08 in Sachen Faber/Basalt (WuW/E DE-R 2507) judizierte Ausweitung des Anwendungsbereichs des Vollzugsverbots gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 GWB ändert insoweit nichts. Dasselbe gilt im Hinblick auf die vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss v. 29.4.2009 – VI-Kart 18/07 (V) – Faber/Basalt, WuW/E DE-R 2622) eingeführte Ausdehnung  des Kreises der anmelde- und kontrollpflichtigen Zusammen­schluss­vorhaben auf Fälle, in denen zweifelhaft ist, ob die formellen Aufgreifkriterien vorliegen. Erweist sich die Untersagungsverfügung im beschwerde­gerichtlichen Verfahren als rechtswidrig oder erlaubt der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie das untersagte Zusammen­schlussvorhaben später (§ 42 GWB), kommt eine Entflechtungs­anord­nung nicht in Betracht. Nach zutreffender Ansicht setzt ein Entflechtungsverfahren zudem die Bestandskraft der Unter­sa­gungs­­­ver­fügung voraus. Auch ein Bußgeld scheidet in diesen Fällen regelmäßig aus. Ihm stehen das Bestimmtheitsgebot bzw. das Opportunitäts­prinzip entgegen. Belastend wirkt sich für die Parteien jedoch die bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung bzw. Ministererlaubnis andauernde schwebende Unwirksamkeit der vollzogenen Transaktion aus.

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