Fünf Kränze für Philipp Franz von Siebold
18.10.2016Vor 150 Jahren – am 18. Oktober 1866 – starb Philipp Franz von Siebold. Zum Gedenken an den Arzt und Naturforscher, der an der Universität Würzburg Medizin studiert hat, haben Vertreter der Universität und der Stadt jetzt Kränze an Siebolds Büste niedergelegt.
Dass Medizinstudierende in Japan bis vor wenigen Jahren Deutsch können mussten, hat er zu verantworten: Philipp Franz von Siebold. Der „wissenschaftliche Entdecker Japans“, wie er heute häufig genannt wird, war Arzt und hat während seiner mehrjährigen Aufenthalte in Japan dort auch als Arzt praktiziert, Operationen durchgeführt und Pockenschutzimpfungen etabliert. Diese Aktivitäten sind wohl, unter anderem, für den guten Ruf der deutschen Medizin in Japan verantwortlich – und damit auch für die einstige Regel, als japanischer Mediziner Deutsch beherrschen zu müssen.
Festakt an der Siebold-Büste
Anlässlich des 150. Todestags Philipp Franz von Siebolds hat die Stadt Würzburg jetzt eine Feierstunde mit Kranzniederlegung organisiert, bei der Vertreter der Stadt, der Universität, der Siebold-Gesellschaft und des Corps Moenania kurze Grußworte sprachen. Ort des Geschehens war das Siebold-Denkmal auf dem Geschwister-Scholl-Platz, direkt an der Ecke Ottostraße und Sanderring gelegen.
Philipp Franz von Siebold stammte aus einer berühmten Würzburger Familie, deren Wurzeln bis zu Carl Caspar von Siebold (1736-1807) zurückreichen, einem Mediziner und Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe an der Universität Würzburg sowie Oberwundarzt am Juliusspital. Auch dessen Söhne waren Medizinprofessoren an der Julius-Maximilians-Universität (JMU). „Am bekanntesten ist freilich sein Enkel Philipp Franz von Siebold“, sagte Unipräsident Alfred Forchel in seinem Grußwort. Verantwortlich dafür seien vor allem dessen Forschungen zur Geographie, Flora und Fauna Japans gewesen, mit denen er „weltweites Renommee“ erlangte.
Prominentenstatus in Japan
Philipp Franz von Siebold hatte von 1815 bis 1820 Medizin an der Universität Würzburg studiert und anschließend als Arzt in Heidingsfeld gearbeitet. Seine heutige Berühmtheit hat allerdings einen anderen Grund: Siebold war der erste westliche Wissenschaftler, der Japan bereisen durfte und das Land beschrieben hat. So ist zu erklären, dass in Japan noch heute jedes Schulkind seinen Namen kennt und für viele Touristen aus Japan ein Besuch im Würzburger Siebold-Museum quasi ein „Muss“ ist. „Wenn man heute in Japan in einer noch so kleinen Kneipe erwähnt, dass man aus Würzburg kommt, ist die Freude bei der Bedienung groß“, sagte Forchel. Schließlich wisse so gut wie jeder Japaner, dass Siebold von dort stammte.
Als junger Arzt war Philipp Franz von Siebold 1822 in den „Königlich Niederländischen Dienst“ getreten und als Stabsarzt der Niederländisch-Ostindischen Armee nach Japan gegangen. Sechs Jahre lang, von 1823 bis 1829, lebte er in der holländischen Handelsniederlassung auf der Insel Deshima in der Bucht von Nagasaki, baute sich am Stadtrand ein Haus, lebte mit einer Japanerin zusammen und wurde Vater einer Tochter.
Vermittler zwischen Japan und Europa
Japan war damals aufgrund seiner sorgsam gehüteten Isolation ein noch weitgehend unbekanntes Land. Erst durch Philipp Franz von Siebold gelangten nähere Kenntnisse über dieses fernöstliche Inselreich nach Europa. Seine Erfolge als Arzt eröffneten ihm Zugang zu Land und Leuten. Mit Geschick und unermüdlichem Fleiß erzielte er hervorragende Forschungsergebnisse auf den Gebieten der Botanik, Zoologie, Geographie und Völkerkunde. Er erwies sich aber auch als erfolgreicher Sprachkundler und war Berater führender Kräfte in Europa und Japan.
„Siebold war ein Vermittler zwischen Japan und Europa. Er hat einen Austausch begonnen zu einem Zeitpunkt, als dies noch sehr ungewöhnlich war. Bereits in den 1860er-Jahren konnte die Universität Würzburg erste Studenten aus Japan in ihren Hörsälen willkommen heißen“, sagte Alfred Forchel. Damit habe Siebold den Grundstock für eine Kooperation zwischen der Würzburger Universität und Partnereinrichtungen in Japan gelegt, der bis heute trägt. Derzeit hält die JMU Partnerschaften mit sechs Universitäten in Japan – das Fächerspektrum reicht dabei von der Robotik über die Nanotechnologie bis zu Biologie und Chemie.
Eine „hohe Dynamik“ zeige zurzeit die Zusammenarbeit mit der Universität Nagasaki – hier im Bereich Medizin. „Dort gibt es zahlreiche gemeinsame Forschungsprojekte und einen regen Studierendenaustausch“, sagte Forchel. Dies sei bestimmt im Sinne Siebolds. „Wir sind stolz, dass wir uns weiter auf seinen Spuren bewegen können“, so der Unipräsident.
Verhängnisvolle Sammelleidenschaft
Seine wissenschaftliche Sammelleidenschaft wurde Siebold allerdings zum Verhängnis: 1828 erfuhren die Behörden, dass er verbotene Gegenstände, darunter ein Prunkgewand des Shoguns, in seinen Besitz gebracht hatte. 1829 wurde Siebold daher des Landes verwiesen und musste ohne Frau und Tochter nach Europa zurück reisen.
In der Folgezeit ordnete Siebold seine gewaltige Sammlung an botanischen, zoologischen und landeskundlichen Objekte und verfasste drei Publikationen, die Europa und der gesamten westlichen Welt das bislang so unbekannte Japan näher bringen sollten: „Nippon. Archiv und Beschreibung von Japan und dessen Neben- und Schutzländern nach japanischen und europäischen Schriften und eigenen Beobachtungen bearbeitet“ sowie die illustrierten Bände „Flora japonica“ und „Fauna japonica“.
Ehrendoktorwürde der Universität
1832 kehrte Philipp Franz von Siebold nach Würzburg zurück und schenkte dem Botanischen Garten der Universität eine Vielzahl von Pflanzen, die er aus Japan mitgebracht hatte. Noch heute sind dort über 150 „seiner“ Pflanzen kultiviert. Nachdem sich Siebolds Ruhm schnell in der westlichen Welt verbreitete, reagierte auch die Würzburger Universität: Im März 1833 verlieh ihm die Philosophische Fakultät die Ehrendoktorwürde – ein Zeichen dafür, wie interdisziplinär der Wissenschaftler schon damals gearbeitet hatte, so Alfred Forchel.
Erst 1859 konnte Siebold zu einer zweiten Japan-Reise aufbrechen, die bis 1863 dauern sollte. Auch in dieser Zeit forschte Siebold intensiv weiter und erweiterte seine Sammlung beträchtlich. Pläne zu einer dritten Reise konnte er nicht mehr verwirklichen: Am 18. Oktober 1866 starb Philipp Franz von Siebold in München an einer Blutvergiftung und wurde im Alten Südlichen Friedhof beigesetzt.
Mit Alexander von Humboldt vergleichbar
Dass Siebold heute in Japan berühmt, aber in Deutschland außerhalb Würzburgs so gut wie vergessen ist, hält Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt für ungerecht. „Seine Name müsste eigentlich genauso bekannt sein, wie der Alexander von Humboldts“, sagte Schuchardt in seinem Grußwort. Schließlich habe er wissenschaftlich mindestens so viel geleistet wie sein heute weitaus berühmterer Forscherkollege. Und darüber hinaus habe er „Würzburg international bekannt gemacht“.
Weitere Grußworte sprachen Alexander Behringer als Vertreter der Siebold-Gesellschaft und Hubert Scheurer vom Corps Moenania, der Verbindung, der Philipp Franz von Siebold zu Beginn seines Medizinstudiums beigetreten war.