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Kleine RNA mit großer Rolle

15.10.2020

Die wichtigsten krankmachenden Faktoren des Magenkeims Helicobacter pylori werden zentral von einem kleinen RNA-Molekül reguliert. Und das ist nicht die einzige Überraschung, für die das Molekül gesorgt hat.

Künstlerische Darstellung von menschlichen Magenzellen, die mit dem Bakterium Helicobacter pylori infiziert sind und die spezielle Hummingbird-Gestalt zeigen.
Künstlerische Darstellung von menschlichen Magenzellen, die mit dem Bakterium Helicobacter pylori infiziert sind und die spezielle Hummingbird-Gestalt zeigen. (Bild: Lehrstuhl für Molekulare Infektionsbiologie II / Universität Würzburg / SCIGRAPHIX)

Gut die Hälfte der Weltbevölkerung trägt das Bakterium Helicobacter pylori in der Magenschleimhaut. Oft bereitet es lebenslang keinerlei Probleme. Manchmal aber kann es Entzündungen auslösen, in einigen Fällen sogar Magenkrebs.

Mehrere Faktoren können zur Krankheitsentstehung durch dieses weit verbreitete Bakterium führen. Die wichtigsten davon werden zentral von einem kleinen RNA-Molekül mit Namen NikS reguliert. Darüber berichtet das Forschungsteam von Professorin Cynthia Sharma im Journal Molecular Cell. Die Wissenschaftlerin leitet an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg den Lehrstuhl für Molekulare Infektionsbiologie II.

Zu den von NikS regulierten Zielgenen gehören die zwei wichtigsten krankheitserregenden Faktoren des Magenkeims und zwei äußere Membranproteine. Das Forschungsteam konnte insbesondere eine Regulation des CagA-Proteins zeigen. Das ist ein bakterielles Onkoprotein, dem eine zentrale Rolle bei der Krebsentstehung durch Helicobacter pylori zugeschrieben wird. Auch ein Protein mit bislang unbekannter Funktion, das von Helicobacter in die Umgebung abgegeben wird, steht unter der Kontrolle von NikS.

Die neuen Erkenntnisse sind für die Medizin relevant: „Mit dem Wissen über die unterschiedlichen Funktionen dieser kleinen RNA während der Infektion und die damit verbundenen bakteriellen Signalwege können wir neue Ansatzpunkte für antimikrobielle Strategien gewinnen“, erklärt Cynthia Sharma.

Phasenvariation auch bei kleinen RNA-Molekülen

Dass Helicobacter eine so lebensfeindliche Umgebung wie den Magen so erfolgreich besiedeln kann, liegt auch an einer speziellen genetischen Strategie: Helicobacter nutzt, wie auch andere Krankheitserreger, die sogenannte Phasenvariation, um sich möglichst flexibel an Änderungen seiner Umgebung anzupassen. Phasenvariation bedeutet, dass die Bakterien ihre Genexpression nach dem Zufallsprinzip immer wieder verändern.

Sharma und ihr Team konnten nun erstmals zeigen, dass auch die Expression einer kleinen RNA wie NikS der Phasenvariation unterliegen kann. Abhängig von den im Magen herrschenden Bedingungen können dadurch in den Bakterien unterschiedliche Mengen NikS vorliegen. Diese schwankenden NikS-Konzentrationen wiederum führen zu einer unterschiedlich verlaufenden Regulation der krankmachenden Faktoren.

NikS hilft beim Besiedeln der Wirtszellen

„Dieser Mechanismus könnte maßgeblich dazu beitragen, dass sich der Magenkeim so erfolgreich anpassen und damit seinen Wirt chronisch kolonisieren kann“, sagt Sharma. Ihr Team konnte in Experimenten unter anderem nachweisen, das NikS den Prozess beeinflusst, über den die Bakterien in ihre Wirtszellen hineingelangen. Außerdem sorgt die kleine RNA dafür, dass Helicobacter leichter Epithelbarrieren überwinden kann und somit im Magen besser an die Nährstoffe in tiefer gelegenen Geweben gelangen könnte.

In weiteren Studien will Sharmas Team nun herausfinden, wie die kleine RNA zur Kolonisation verschiedener Nischen im Magen beiträgt und ob sie noch weitere Gene reguliert, die möglicherweise ebenfalls an den krankheitserregenden Eigenschaften des Bakteriums beteiligt sind.

Publikation

Sara K. Eisenbart, Mona Alzheimer, Sandy R. Pernitzsch, Sascha Dietrich, Stephanie Stahl, Cynthia M. Sharma: A repeat-associated small RNA controls the major virulence factors of Helicobacter pylori. Molecular Cell. 2020, https://doi.org/10.1016/j.molcel.2020.09.009

Kontakt

Prof. Dr. Cynthia M. Sharma, Lehrstuhl für Molekulare Infektionsbiologie II, Institut für Molekulare Infektionsbiologie (IMIB), Universität Würzburg, T +49 931 31-82560, cynthia.sharma@uni-wuerzburg.de

Von Robert Emmerich

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