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Neues Computermodell für Schwarze Löcher

04.11.2021

Das Schwarze Loch der Riesengalaxie M87 schießt einen gewaltigen Teilchenstrahl aus. Von ihm wurde nun ein theoretisches Modell entwickelt, das sehr gut zu den astronomischen Beobachtungen passt.

Das theoretische Modell (links) und die astronomischen Beobachtungen (rechts) der Abschussstelle des relativistischen Jets von M87 stimmen sehr gut überein.
Das theoretische Modell (links) und die astronomischen Beobachtungen (rechts) der Abschussstelle des relativistischen Jets von M87 stimmen sehr gut überein. (Bild: Alejandro Cruz-Osorio / Goethe Universität Frankfurt)

Die Galaxie Messier 87 (M87) befindet sich 55 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Virgo. Sie ist eine Riesengalaxie mit 12.000 Kugelsternhaufen – im Vergleich dazu wirken die 200 Kugelsternhaufen der Milchstraße sehr bescheiden.

Im Zentrum von M87 befindet sich ein Schwarzes Loch von sechseinhalb Milliarden Sonnenmassen. Es ist das erste Schwarze Loch, von dem ein Bild existiert, erstellt 2019 von der internationalen Forschungskollaboration Event Horizon Telescope.

Dieses Schwarze Loch schießt einen Plasmastrahl mit annähernder Lichtgeschwindigkeit in einer Größenordnung von 6.000 Lichtjahren aus. Die enorme Energie, die für diesen sogenannten relativistischen Jet benötigt wird, stammt wahrscheinlich aus der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs. Wie ein solcher Jet zustande kommt und was ihn über die enorme Entfernung stabil hält, ist bislang nicht vollständig geklärt.

Dreidimensionale Supercomputer-Berechnungen

Das Schwarze Loch der Galaxie M87 zieht Materie an, die in einer Scheibe auf immer kleineren Bahnen rotiert, und verschluckt sie dann. Aus dem Zentrum dieser Scheibe wird der Jet ausgestoßen.

Astrophysiker der Goethe-Universität Frankfurt haben nun mit Forschenden der Universität Harvard, der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), der Universität Shanghai, des University College London, der Universität Amsterdam, der Radboud Universität Nijmegen und des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn diese Region sehr detailliert modelliert.

Das Team verwendete hochentwickelte dreidimensionale Supercomputer-Simulationen, welche die schwindelerregende Menge von einer Million CPU-Stunden pro Simulation verbrauchen. Gleichzeitig musste es die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein, die Gleichungen des Elektromagnetismus von James Maxwell und die Gleichungen der Fluiddynamik von Leonhard Euler lösen.

Bemerkenswert gute Übereinstimmung mit Beobachtungen

Das Ergebnis war ein Modell, in dem die berechneten Werte für die Temperaturen, die Materiedichten und die Magnetfelder bemerkenswert gut mit den aus den astronomischen Beobachtungen abgeleiteten Werten übereinstimmen. Die Forschenden stellen ihr Ergebnis im Journal Nature Astronomy vor.

Auf Grundlage des Modells konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die komplexe Bewegung von Photonen in der gekrümmten Raumzeit des innersten Bereichs des Jets verfolgen und in Radiobilder umsetzen. Anschließend konnten sie diese im Computer modellierten Bilder mit den Beobachtungen vergleichen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten mit zahlreichen Radioteleskopen und Satelliten gemacht wurden.

Dr. Alejandro Cruz-Osorio, Frankfurter Hauptautor der Studie: „Unser theoretisches Modell der elektromagnetischen Emission und der Jet-Morphologie von M87 stimmt erstaunlich gut mit den Beobachtungen im Radio-, optischen und Nahinfrarotbereich überein. Daraus können wir schließen, dass das supermassereiche Schwarze Loch von M87 wahrscheinlich stark rotiert und dass das Plasma im Jet stark magnetisiert ist, wodurch Teilchen auf Skalen von Tausenden von Lichtjahren beschleunigt werden.“

Professor Luciano Rezzolla, ebenfalls von der Goethe-Universität Frankfurt: „Die Tatsache, dass die von uns berechneten Bilder so gut mit den astronomischen Beobachtungen übereinstimmen, ist eine weitere wichtige Bestätigung dafür, dass Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie die genaueste und natürlichste Erklärung für die Existenz supermassereicher Schwarzer Löcher im Zentrum von Galaxien ist. Es gibt zwar immer noch Raum für alternative Erklärungen, aber die Ergebnisse unserer Studie haben diesen Raum deutlich verkleinert.“

An der Studie beteiligt war auch Dr. Christian M. Fromm, der Anfang Oktober 2021 von der Universität Harvard als Leiter einer Nachwuchsgruppe an den JMU-Lehrstuhl für Astronomie gewechselt ist: „In den kommenden Jahren werden wir in der DFG-Forschergruppe ‚Relativistische Jets‘ an der JMU und an Partnerinstituten im In- und Ausland die Entstehung von Jets und die zugrundeliegenden Teilchenbeschleunigungsmechanismen im gesamten elektromagnetischen Spektrum mit modernen Computersimulationen und modernsten Beobachtungen weiter untersuchen.“

Publikation

Alejandro Cruz-Osorio, Christian M. Fromm, Yosuke Mizuno, Antonios Nathanail, Ziri Younsi, Oliver Porth, Jordy Davelaar, Heino Falcke, Michael Kramer, Luciano Rezzolla: State-of-the-art energetic and morphological modelling of the launching site of the M87 jet. Nature Astronomy 2021, https://doi.org10.1038/s41550-021-01506-w

Kontakt an der JMU

Dr. Christian M. Fromm, Lehrstuhl für Astronomie, Universität Würzburg, christian.fromm@uni-wuerzburg.de

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Von Robert Emmerich

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