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Annäherung an ein Schwarzes Loch und seine Jets

17.12.2024

Zwei Netzwerke von Teleskopen zoomen in eine weit entfernte Galaxie: Sie zeigen, wie Bilder von einem Schwarzen Loch und seinen Jets möglich werden - und sie bestätigen, dass es dort starke Magnetfelder gibt.

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Wie emittieren Schwarze Löcher ihre gewaltigen Jets? Künstlerische Darstellung des Zentrums der Galaxie NGC 1052, die durch Gas- und Staubschichten hindurch das supermassereiche Schwarze Loch beinahe sichtbar macht. Neue Messungen zeigen, dass die endgültige Abbildung des Schwarzen Lochs – und der Ursprung seiner Jets – in der Reichweite des Event Horizon Telescope liegen. (Bild: Chalmers University of Technology | 3dVision | Johan Bournonville | Anne-Kathrin Baczko)

Wie schleudern supermassereiche Schwarze Löcher galaxiengroße Ströme hochenergetischer Teilchen – so genannte Jets – mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ins All? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen wichtigen Schritt zur Beantwortung dieser Frage unternommen: Sie haben das Zentrum der Galaxie NGC 1052 in einer Entfernung von 60 Millionen Lichtjahren von der Erde in Richtung des Sternbilds Cetus (Walfisch) genauestens vermessen.

Das Forschungsteam führte koordinierte Messungen mit mehreren Radioteleskopen durch, die neue Einblicke in die Funktionsweise einer Galaxie und ihres supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum ermöglichten. Dazu nutzte es zwei weltumspannende Netzwerke von Radioteleskopen, das Event Horizon Telescope (EHT) bei 1,3 mm und das Global mm-VLBI Array (GMVA) bei 3,5 mm Wellenlänge. Die Technik, die diese Teleskope miteinander verbindet, heißt Very-Long-Baseline-Interferometrie (VLBI).

„Das Zentrum dieser Galaxie, NGC 1052, ist ein vielversprechendes Ziel für die Beobachtung mit dem Event Horizon Telescope, aber es ist auch eine schwache Radioquelle und damit komplex und schwieriger als alle anderen Quellen, die wir bisher untersucht haben“, sagt Anne-Kathrin Baczko, die Hauptautorin der Veröffentlichung in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics. Sie ist Astronomin am Onsala Space Observatory in Schweden und auch Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.

Die Publikation ist der vorläufige Höhepunkt eines vor über acht Jahren gestarteten Forschungsprojekts, das ursprünglich an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) von Matthias Kadler in Zusammenarbeit mit Eduardo Ros am MPIfR konzipiert und dann während der Doktorarbeit von Anne-Kathrin Baczko am MPIfR in Bonn unter ihrer gemeinsamen Betreuung fortgesetzt wurde.

Zwei Jets dehnen sich Tausende von Lichtjahren durchs All aus

Die Galaxie NGC 1052 beherbergt ein supermassereiches Schwarzes Loch von etwa 150 Millionen Sonnenmassen. Es ist die Quelle zweier starker Jets, die sich in entgegengesetzter Richtung Tausende von Lichtjahren durch den Weltraum ausdehnen.

„Wir wollen nicht nur das Schwarze Loch selbst und seine unmittelbare Umgebung untersuchen, sondern auch den Ursprung der Zwillingsjets, die von ihm ausgehen. Wir haben die Gelegenheit genutzt, die GMVA und EHT bieten, um ein besonders wichtiges und zentrales Objekt an der Schnittstelle verschiedener Arten von aktiven Galaxien ins Visier zu nehmen“, sagt Eduardo Ros vom MPIfR, ein Mitglied des Forschungsteams.

Daten von einem schwachen und unbekannten Zielobjekt

Das Team führte die Messungen mit nur fünf Teleskopen des globalen EHT-Netzwerks durch – darunter das „Atacama Large Millimeter/submillimeter Array“ (ALMA) in Chile, in einer Konfiguration, die die bestmögliche Abschätzung seines Potenzials für künftige Beobachtungen ermöglicht. Das wurde ergänzt durch Messungen mit anderen Teleskopen, darunter dem GMVA.

„Bei einem so schwachen und unbekannten Zielobjekt waren wir nicht sicher, ob wir überhaupt Daten erhalten würden. Aber die Strategie ist aufgegangen, vor allem dank der Empfindlichkeit von ALMA und den ergänzenden Daten von vielen anderen Teleskopen“, sagt Anne-Kathrin Baczko.

Die Forschenden sind sich nun sicher, dass eine erfolgreiche Bildgebung in Zukunft möglich sein wird, und zwar dank zweier neuer Schlüsselinformationen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Region um das Schwarze Loch, in der sich die Zwillingsjets bilden, groß genug ist, um sie mit mm-VLBI-Beobachtungen abzubilden. Und sie leuchtet genau mit der richtigen Frequenz von Radiowellen, um die Stärken der nächsten Generation von VLBI-Netzwerken auszuspielen", sagt Matthias Kadler von der JMU Würzburg.

Magnetfeld beim Schwarzen Loch ist 40.000(1) Mal stärker als das der Erde

Aus den Messungen hat das Team auch die Stärke des Magnetfelds in der Nähe des Ereignishorizonts des Schwarzen Lochs abgeschätzt. Die Feldstärke von 2,6 Tesla ist etwa 40.000(1) Mal stärker als das Magnetfeld der Erde. Das stimmt mit früheren Schätzungen für diese Galaxie überein.

„Dieses Magnetfeld ist so stark, dass es wahrscheinlich den Einfall von Materie in das Schwarze Loch verhindern kann. Das wiederum kann helfen, die beiden Jets der Galaxie in Gang zu setzen“, sagt Christian Fromm, ebenfalls von der JMU Würzburg und Mitarbeiter am MPIfR.

Auch wenn die Quelle eine formidable Herausforderung darstellt, sieht die Zukunft vielversprechend aus. Das Team aus der Radioastronomie bereitet sich auf noch größere Teleskopnetze vor, wie zum Beispiel die neue Generation des Very Large Array (ngVLA) des NRAO und künftige 1,3-mm-Arrays mit neuen Antennen und verbesserter Ausrüstung.

Erstklassiges Ziel für die nächste Generation von Radioteleskopen

Die neuen Messungen geben eine klarere Vorstellung davon, wie das innerste Zentrum der Galaxie bei verschiedenen Wellenlängen leuchtet. Das Spektrum der Zentralquelle ist bei Millimeterwellenlängen hell genug, um die schärfsten Bilder zu liefern. Bei Wellenlängen um 2,3 mm ist es sogar noch heller, was es zu einem erstklassigen Ziel für die nächste Generation von Radioteleskopen macht.

"Dank Instrumenten wie dem EHT und dem GMVA machen wir nun bemerkenswerte Beobachtungen, die den großen Fortschritt in der Radioastronomie durch technologische Innovation und internationale Zusammenarbeit zeigen. Messungen an NGC1052, die von der Magnetfeldstärke bis zur Umgebung von Schwarzen Löchern reichen, liefern wertvolle Einblicke in die Prozesse der Jet-Bildung und Akkretion“, sagt Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration und Direktor am MPIfR. „Mit neuen Teleskopen und der nächsten Generation von Netzwerken werden wir unser Verständnis dieser faszinierenden kosmischen Phänomene weiter vertiefen.“

„Mit dem Wetterstein-Millimeter-Teleskop wollen wir ein neuartiges Radioteleskop auf der Zugspitze in Deutschland bauen, das die Leistung zukünftiger internationaler Teleskopnetze verbessern und so noch detailliertere Informationen darüber liefern wird, wie supermassereiche Schwarze Löcher relativistische Jets ausstoßen“, so Matthias Kadler.

(1) Hinweis: Der zu klein angegebene Vergleichswert aus einer früheren Version wurde korrigiert.

Publikation

The putative center in NGC 1052. Anne-Kathrin Baczko und 286 weitere Autorinnen und Autoren, Astronomy & Astrophysics, 17. Dezember 2024, DOI: 10.1051/0004-6361/202450898, Open Access https://www.aanda.org/10.1051/0004-6361/202450898


Zusätzliche Informationen

An der EHT-Kollaboration sind mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Afrika, Asien, Europa, Nord- und Südamerika beteiligt, davon rund 270 als Ko-Autoren der vorliegenden Arbeit. Ziel dieser internationalen Zusammenarbeit ist es, die detailliertesten Bilder von Schwarzen Löchern mit einem virtuellen Teleskop in Erdgröße aufzunehmen. Unterstützt durch beträchtliche internationale Anstrengungen, verknüpft das EHT bestehende Teleskope mit Hilfe neuartiger Techniken, um ein grundlegend neues Instrument mit dem höchsten bisher erreichten Winkelauflösungsvermögen zu schaffen.

Das EHT-Konsortium besteht aus 13 Instituten: Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics, University of Arizona, Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian, University of Chicago, East Asian Observatory, Goethe-Universität Frankfurt, Institut de Radioastronomie Millimétrique, Large Millimeter Telescope, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, MIT-Haystack-Observatorium, National Astronomical Observatory of Japan, Perimeter Institute for Theoretical Physics und Radboud Universität, Nijwegen.

Die Messungen von NGC 1052 wurden von fünf Teleskopen des EHT-Netzwerks durchgeführt: ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) in Chile, IRAM-30-Meter-Teleskop in Spanien, James Clerk Maxwell Telescope (JCMT), Submillimeter Array (SMA) in Hawaii sowie dem South Pole Telescope (SPT) in der Antarktis. Diese wurden durch Messungen von 14 anderen Radioteleskopen des GMVA-Netzes (Global Millimeter VLBI Array) in Spanien, Finnland und Deutschland, einschließlich des 100-Meter-Radioteleskops Effelsberg, des 20-Meter-Teleskops am Onsala Space Observatory in Schweden und der Teleskope des VLBA (Very Long Baseline Array) in den USA, ergänzt.

Die Autorinnen und Autoren der Originalveröffentlichung mit Verbindung zum Max-Planck-Institut für Radioastronomie umfassen Anne-Kathrin Baczko, die Erstautorin (Haupt-Affiliation: Onsala Space Observatory, Chalmers University of Technology), und Eduardo Ros, Christian M. Fromm, Maciek Wielgus, Thomas P. Krichbaum, Michael Janssen, Walter Alef, Rebecca Azulay, Uwe Bach, Silke Britzen, Gregory Desvignes, Sergio A. Dzib, Ralph Eatough, Ramesh Karuppusamy, Dong-Jin Kim, Joana A. Kramer, Michael Kramer, Jun Liu, Kuo Liu, Andrei P. Lobanov, Ru-sen Lu, Nicholas R. MacDonald, Nicola Marchili, Karl M. Menten, Cornelia Müller, Hendrik Müller, Aristeidis Noutsos, Gisela Ortiz-Leon, Georgios Filippos Paraschos, Felix Poetzl, Helge Rottmann, Alan L. Roy, Tuomas Savolainen, Lijing Shao, Pablo Torne, Efthalia Traianou, Jan Wagner, Robert Wharton, Gunther Witzel, J. Anton Zensus, und Guang-Yao Zhao.

Kontakt

Dr. Anne-Kathrin Baczko, Onsala Space Observatory, Chalmers University of Technology & Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn, T +46 31 772 13 47, anne-kathrin.baczko@chalmers.se

Prof. Dr. Eduardo Ros, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn, T +49 228 525-125, ros@mpifr-bonn.mpg.de

Prof. Dr. Matthias Kadler, Lehrstuhl für Astronomie, Universität Würzburg, T +49 931 31-85138, matthias.kadler@uni-wuerzburg.de

Dr. Norbert Junkes, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn, T +49 228 525-399, njunkes@mpifr-bonn.mpg.de

Weitere Bilder

Von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Max-Planck-Institut für Radioastronomie

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