Volkskrankheit Übergewicht
08.02.2016Rund 1,5 Millionen Euro Exzellenzförderung vom Europäischen Forschungsrat gehen an Dr. Grzegorz Sumara. Der Biologe von der Universität Würzburg befasst sich mit der Volkskrankheit Fettleibigkeit.
In der aktuellen Ausschreibung haben europaweit nur 291 Wissenschaftler eine Starting-Grant-Förderung für bahnbrechende Ideen ergattert. „Unser Projektantrag musste mehrere kritische Instanzen durchlaufen und war großer Konkurrenz ausgesetzt“, berichtet Sumara. „Als die Zusage kam, haben wir uns alle wahnsinnig gefreut.“
Sumara forscht am Rudolf-Virchow-Zentrum für experimentelle Biomedizin der Universität Würzburg. Er interessiert sich auf molekularbiologischer Ebene für den starken Anstieg von Fettleibigkeit und der damit verbundenen Zuckerkrankheit Typ-2-Diabetes. Weltweit sind rund 380 Millionen Menschen davon betroffen. „Es ist beunruhigend, wie viele Kinder schon an Übergewicht leiden – nicht nur in Nordamerika, auch in Europa“, sagt der 35-jährige Wissenschaftler.
Protein Pkd entscheidend für Stoffwechselkrankheiten
Mit genetischen und biochemischen Ansätzen erforscht Sumara das komplizierte Zusammenspiel der einzelnen Zellsignale im Stoffwechsel. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Proteingruppe Proteinkinase D (Pkd). Erste Forschungsergebnisse aus seinem Labor weisen darauf hin, dass Pkd eine entscheidende Rolle im Stoffwechsel spielt, besonders in Fett- und Leberzellen.
Fettgewebe und Leber sind entscheidend für die Anpassung an Nahrungsentzug und an Nahrungsaufnahme. Sie können große Mengen an Nährstoffen aufnehmen und bei Bedarf freisetzen. Im gesunden Menschen regelt ein komplexes System von Zell- und Hormonsignalen, ob man sich hungrig oder satt fühlt. Überernährung und Bewegungsmangel stören die Erkennung von Nährstoffen – das komplexe System gerät aus dem Gleichgewicht. Fettzellen speichern die nicht verbrauchte Energie aus der Nahrung. Mit zunehmendem Übergewicht steigt dann das Risiko für eine Typ-2-Diabetes Erkrankung und somit auch für eine potenziell lebensbedrohende Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Projekt „Signalkaskaden in Stoffwechselkrankheiten“
In früheren Studien hat Sumara entdeckt, dass eine Untergruppe mit dem Namen Pkd1 und Pkd2 großen Einfluss auf die Fetteinlagerung im Körper hat. Eine weitere Untergruppe namens Pkd3 scheint den Stoffwechsel in der Leber gezielt zu beeinflussen. Manipuliert er diese Untergruppen von Proteinen in Zellkulturen und Mäusen, kann er die Anfälligkeit für Übergewicht trotz eines Überangebots an Nahrung drastisch reduzieren.
Warum es zu dieser Wirkung kommt und wie diese molekularen Mechanismen zusammenarbeiten, möchte Sumara jetzt detaillierter erkunden. Und das in einem ganzheitlichen molekularbiologischen Ansatz, der Zellkulturen, Expressionsmuster und Maus-Studien analysiert. Erste Ergebnisse zeigen, dass auch sogenannte „non-canonical“-Signalmoleküle entscheidend für die Regulation des Stoffwechsels sind – ähnlich wie Pkd.
Könnte man die wichtigsten Mechanismen identifizieren und charakterisieren, würden sich daraus vielleicht neue Therapiemöglichkeiten für die Behandlung von Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes ergeben.
Zur Person
Dr. Grzegorz Sumara ist seit 2013 Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter am Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg. Nach seinem Biologiestudium in Krakau (Polen) schloss er 2009 an der ETH Zürich (Schweiz) seine Doktorarbeit ab. Danach forschte er als Postdoc an der Universität Columbia (New York, USA).
Fakten über die ERC-Grants
Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) vergibt Grants an ausgewählte Spitzenwissenschaftler in Europa nach einem strengen Auswahlverfahren. Die Preise sind sehr hoch dotiert und ermöglichen es den Preisträgern, aufwändige Projekte in Kollaboration mit anderen Forschungseinrichtungen anzugehen. Der Forschungsrat vergibt die Förderung seit 2008 in verschiedenen Kategorien. Für „aussichtsreiche Nachwuchsforscher“ gibt es die sogenannten Starting Grants.
Weblink
ERC-Grants an der Universität Würzburg
Kontakt
Dr. Grzegorz Sumara, Forschungsgruppenleiter, Rudolf-Virchow-Zentrum, Universität Würzburg, T (0931) 31-89263