Von Würzburg in die Welt
31.10.2016Karl Foerster ist schon als Student und erst recht nach seinem Studium der Volkswirtschaft in der Welt herumgekommen. Inzwischen ist der Alumnus der Uni Würzburg Geschäftsführer von PlasticsEurope in Brüssel. Studierenden rät er, möglichst exotische Erfahrungen zu sammeln.
Was arbeiten Absolventen der Universität Würzburg? Um den Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Karl Foerster an der Reihe.
Foerster hat an der Universität Würzburg Volkswirtschaftslehre studiert. Er ist Geschäftsführer von PlasticsEurope, dem europäischen Verband der Kunststofferzeuger mit Sitz in Brüssel und weiteren acht Büros in Europa. Karl Foerster war unter anderem als Bundesvorstand bei AIESEC aktiv und hat so laut eigenen Aussagen bereits während des Studiums relevante berufspraktische Dinge gelernt.
Herr Foerster, warum haben Sie in Würzburg studiert? Ich komme aus Kassel, und Würzburg ist nicht so weit. Würzburg ist keine reine Studentenstadt wie beispielsweise Göttingen. Ich finde die Atmosphäre, das Leben und die Mentalität der Leute super; ich hatte von der ersten Minute an ein sehr positives Bild von Würzburg.
Und wie sind Sie zu Ihrer aktuellen Position gekommen? Dazu muss ich ein bisschen ausholen: Ich habe nahezu jede Semesterferien ein Praktikum im Ausland absolviert, denn anfänglich hatte ich den Plan, eine Karriere in einer Bank einzuschlagen. Ich war deshalb zuerst in London und Singapur und nach dem Vordiplom ein Jahr in Malaysia. In Seoul war ich danach bei Tetra Pak und zum ersten Mal im Marketing. Das hat mir mehr Spaß gemacht. Und im Marketing habe ich dann später auch bei der BASF begonnen, nachdem ich mein MBA-Studium in den USA abgeschlossen hatte.
Sie sind ziemlich viel rumgekommen. Ja, es ging dann recht schnell nach Japan, wohin man mich aufgrund meiner Asienerfahrung entsandt hat. Nach Stationen in Deutschland, Irland und England war ich fünf Jahre für die BASF in den USA tätig. Bis 2004 habe ich dann wieder in der Zentrale in Ludwigshafen gearbeitet, bevor ich Vorstandsmitglied in einem mittelständischen Chemieunternehmen geworden bin. Danach war ich als CEO in Athen für ein Chemieunternehmen tätig. Also 30 Jahre alle Erfahrungen vom Geschäftsaufbau bis hin zu Restrukturierungen. All diese Stationen haben mich quasi für meine jetzige Aufgabe als Geschäftsführer des Verbandes der europäischen Kunststoffhersteller qualifiziert.
Eine Welt ohne Plastik ist kaum vorstellbar. Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft; in welche Richtung weisen die Trends? Die Steigerung der Ressourceneffizienz wird in Europa das beherrschende Thema sein. Dazu leisten Kunststoffe unverzichtbare Beiträge. Dabei muss Europa aber noch besser werden in der Müllverwertung, denn Abfall ist ein werthaltiger Rohstoff. Darin liegt auch gleichzeitig einer der effektivsten Lösungsansätze, um die Meeresvermüllung zu vermeiden. Wir helfen dabei, geschlossene Kreisläufe auszuweiten.
Wie muss man sich Ihren Berufsalltag vorstellen? Unsere Büros arbeiten im Auftrag unserer Mitglieder, wir vertreten die Industrie zum Beispiel bei der Europäischen Union und in den Medien. Auch nationale Ministerien benötigen unsere Expertise, Daten und Vorschläge. Nachhaltige Lösungen geraten immer mehr in den Vordergrund. Auch legen wir großen Wert auf einen offenen und ständigen Dialog mit anderen offiziellen Institutionen, Interessensverbänden und Nicht-Regierungsorganisationen.
Ein anderer Bereich ist der interne Prozess – die Arbeit und der Austausch mit unseren Mitgliedern. Hier ist die Herausforderung, dass es aufgrund der Vielzahl und der Heterogenität der Mitglieder sehr viele unterschiedliche Prioritäten gibt, die wir in einem dynamischen Umfeld unter einen Hut bringen möchten.
Das hört sich ganz schön stressig an. Mir macht die Arbeit riesigen Spaß, ich fühle mich heimisch in diesem internationalen Umfeld.
Welche Themen stehen auf Ihrer Agenda ganz oben? Ressourceneffizienz und Meeresvermüllung beispielsweise. Wir haben den World Plastics Council gegründet, um mit Produzenten aus allen Teilen der Welt konstruktive Problemlösungsansätze zu entwickeln. Vor 20 Jahren hätte man das Problem Müll in den Weltmeeren defensiv angegangen, indem man darauf hingewiesen hätte, dass nur zwei Prozent dieses Mülls aus Europa kommen. Heute gehen wir das Thema als globales, gemeinsames Thema an. Etwa so wie das Thema „Weltklima“.
Auf welche Fähigkeit könnten Sie in Ihrem Job keinesfalls verzichten? Glaubwürdigkeit, meine interkulturellen Erfahrungen und Stressstabilität.
Was würden Sie Studierenden raten, die einen ähnlichen Berufsweg einschlagen möchten? Ich glaube, das Wichtigste ist, möglichst breite und vielfältige Erfahrungen zu sammeln, beispielsweise durch eigenes Engagement in Organisationen und im Ausland. Mit 19 Jahren sollte man kein Spezialist sein wollen. Also: Sammeln Sie Erfahrungen, je exotischer, desto besser. So was macht man nämlich nur in jungen Jahren (lacht).
Was verbindet Sie heute noch mit Würzburg? Wann immer ich die Gelegenheit habe, biege ich von der Autobahn in die Stadt ab und gehe zum Beispiel in den einschlägigen Lokalen essen. Besonders aus meiner Tätigkeit bei AIESEC habe ich noch viele aktive Freundschaften.
Vielen Dank für das Gespräch.