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Von Würzburg in die Welt

11.01.2016

Dr. Harald Parigger hat an der Uni Würzburg für das Lehramt studiert und promoviert. Heute ist er Autor von Kinder- und Jugendbüchern und Leiter der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit. Für Studierende hat er jede Menge Tipps parat.

Dr. Harald Parigger
Lehrer, Seminarleiter, Direktor, Autor und mehr: Dr. Harald Parigger hat nach seinem Lehramtsstudium vielfältige Aufgaben übernommen. (Foto: privat)

Was arbeiten Absolventen der Universität Würzburg? Um den Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Dr. Harald Parigger an der Reihe.

Parigger wurde in Flensburg geboren – als Sohn eines Wieners und einer Nürnbergerin. Mit 18 Jahren hat er sich in Richtung Süden aufgemacht; heute bezeichnet er sich als „naturalisierten Franken“. Harald Parigger hat an der Universität Würzburg Geschichte, Germanistik und Sozialwissenschaften studiert und anschließend promoviert. Es folgten Stationen als Lehrer, Seminarleiter und Direktor des Gymnasiums Grafing; anschließend übernahm er im bayerischen Kultusministerium die Leitung der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit in München.

Außerdem ist Parigger als Kinder und Jugendbuchautor tätig. Für seine Werke „Die Hexe von Zeil“, „Im Schatten des schwarzen Todes“ und „Der schwarze Mönch“ wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Herr Dr. Parigger, an welche Begebenheit aus Ihrer Studien- oder Promotionszeit erinnern Sie sich besonders gerne? An eine Begebenheit erinnere ich mich, als ob sie gestern gewesen wäre, sie war einfach großartig: Ich kam ausgepumpt, aber zufrieden aus dem Rigorosum, draußen standen die Kollegen und Freunde mit Schampus, meine Freundin mit einer roten Rose senkte ihren Blick tief in den meinen (sehr nachhaltig, sie ist seit 36 Jahren meine Frau), dann kam der Dekan und sagte: „Besser hätten Sie es gar nicht machen können!“ Das war ein Moment wirklicher Glückseligkeit, in dem ich dachte: „So, Welt, nun zeig dich, mal sehen, was ich von dir haben will!“ Die Welt hat mir erst mal was gehustet, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Sie schreiben Romane – wie sind Sie Autor geworden? Ich habe schon immer sehr gern geschrieben, als Kind, als Schüler, als Student, später für meine Schulkinder. Irgendwann habe ich eine Sammlung von Geschichten, Gedichten und Theaterstücken an eine Reihe von Verlagen geschickt. Viele Absagen kamen, freundliche und unverschämte, auch ein paar ermunternde, aus denen sich schließlich das erste Projekt ergab, ein „Adventskalender voller Geschichten“, der sich binnen sechs Wochen fünfzigtausendmal verkaufte. Das war ein Riesenglück, denn jetzt kamen weitere Angebote, vor allem durfte ich mir den Stoff selbst wählen. So entstand „Der schwarze Mönch“, der bis heute in drei Hardcover- und 13 Taschenbuch-Auflagen erschienen ist.

Wie finden Sie Ihre Plots? Meine „Plots“ hängen wohl mit meiner historischen „Sozialisation“ zusammen: Mich haben schon seit Beginn meines Studiums die Mentalitäts-, Alltags- und Sozialgeschichte interessiert, die Geschichte der kleinen Leute, das Einzelschicksal, Menschen in Grenzsituationen. Dazu kamen ein großes Faible für die Medizingeschichte,  meine Vorliebe für das 12. bis 17. Jahrhundert und die römische Republik – na, und da schwirren die Plots doch nur so in der Gegend rum! Meine Protagonisten – und nicht nur sie – haben außerdem immer was mit lebenden Menschen aus meinem engeren oder weiteren Umkreis zu tun.

Und was gefällt Ihnen besonders am Lehrerberuf? Nun ja, ich mag Kinder! Außerdem: Lehrer ist der wichtigste Beruf, die wichtigste Berufung, die es geben kann: So wie die Gegenwart durch die Geschichte geformt wird, so sehr werden die Menschen durch ihre Lehrer (innen!) geformt – im Guten wie im Schlechten! (Ich wünschte deshalb, manche Professoren würden sich als Lehrer genauso engagieren wie als Forscher und Wissenschaftler!). Mit Kindern und Jugendlichen kreativ zu arbeiten, gehört zu den befriedigendsten Tätigkeiten. Außerdem habe ich auch etwas von einer Rampensau: Ich rede, rezitiere, spiele gern: Und ein Klassenzimmer beziehungsweise ein Hörsaal ist ja auch immer so etwas wie eine Bühne, freilich keine mit Guckkasten-Effekt, sondern eine, bei der das Publikum kräftig mitmischen sollte.

Worin sehen Sie die besonderen Herausforderungen dieses Berufs? Herausforderungen gibt es unendlich viele: sich rapide ändernde Kommunikationsformen, steigende gesellschaftliche Ansprüche an Schule und Lehrer, Eltern, die ihre Kinder als Selbstverwirklichungsprojekt ansehen, überbordende Schulverwaltung, Kultuspolitik, die allerorten am nächsten Wahlerfolg ausgerichtet ist und nicht an der Nachhaltigkeit, kleinliches Parteien- und Lobbyistengezänk, über dem die Frage vergessen wird, was ein Heranwachsender wirklich braucht, Probleme der Integration und Inklusion, dazu der Alltag: Bombendrohung, Nazischmierereien, Schülerfreitod … Immer der ganzen Gemeinschaft gegenüberstehen, immer eine Antwort haben müssen, in jeder Situation für alle da sein zu müssen, auch das ist eine echte Herausforderung. Aber wenn man es hinkriegt, gibt es auch ein wunderbares Gefühl der Befriedigung.

Was begeistert Sie besonders an Ihrer aktuellen Stelle als Leiter der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit? Die unglaubliche Vielfalt der Gruppen und Individuen, mit denen man zu tun hat. Ich habe Menschen kennengelernt, denen ich in der „schulischen Provinz“ nie begegnet wäre, in einer Bandbreite von großer Prominenz über große Originalität bis zu großer Skurrilität. Ich arbeite im Spannungsfeld zwischen Politik und bildungspolitischer Erziehungsarbeit – das ist oft schwierig, aber auch fesselnd. Man kann eine ganze Menge erreichen, aber man muss auch verlieren können.

Wie können wir uns einen typischen Tagesablauf vorstellen? Jour fixe mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Konferenz mit dem Leiter des Ministerbüros, Projektverhandlungen, Zusammenkunft mit Landtagsabgeordneten, Leitern von Institutionen der politischen Bildung, Projektpartnern, Treffen mit einem Landrat wegen eines Museumsprojekts, Schreiben eines Beitrags für die Hauszeitschrift, E-Mail-, Post- und Aktenbearbeitung, Mitarbeitergespräch, Kostenabsprache mit der Verwaltungsleitung … die Tage sind gut ausgefüllt.

Was würden Sie Studierenden raten, die eines Ihrer Berufsfelder anstreben? Sie sollten Fächer unbedingt nach Neigung und Fähigkeit, nicht nach Statistik auswählen, Scheuklappen gar nicht erst anziehen, bei einem guten Angebot nicht auf die Geografie schauen, irgendetwas gut machen, was andere nicht können, nicht immer unauffällig in der Masse mitschwimmen! Zivilcourage entwickeln, sich gegen Niederlagen wappnen, auf keinen Fall einen Beruf nur wegen der Pensionsberechtigung oder der Schulferien wählen, das geht schief. Sich selbst prüfen und sich nichts vormachen: Auch ein brillanter Historiker kann besser fürs Archiv geeignet sein als für den Umgang mit Menschen. Kein Elfenbeinturmstudium durchziehen, sondern überall hineinschnuppern, wo es interessant ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

Von Michaela Thiel / Gunnar Bartsch

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