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Von Würzburg in die Welt

31.08.2018

Valérie Guérin-Sendelbach hat in Würzburg Politische Wissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Geschichte studiert. Mit 52 hat sich die Lehrerin eine Auszeit genommen, um mit einem Freiwilligendienst nach Kenia zu gehen.

Valérie Guérin-Sendelbach
Auch mit 52 Jahren ist es noch nicht zu spät für ein Sabbatical und einen Freiwilligendienst in Afrika, findet Valérie Guérin-Sendelbach. (Foto: privat)

Was arbeiten Absolventen der Universität Würzburg? Um den Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Dr. Valérie Guérin-Sendelbach an der Reihe.

Die Alumna hat an der JMU Politische Wissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Geschichte studiert und arbeitet als Lehrkraft und Fachbetreuerin für Sozialkunde und Geschichte sowie als Beauftragte für politische Bildung an der Evangelischen Friedrich-Oberlin-Fachoberschule in München. Im September 2018 ist sie für einen Freiwilligendienst nach Kenia gegangen.

Frau Guérin-Sendelbach, welche Aspekte Ihres Studiums konnten Sie besonders für Ihre spätere Tätigkeit im Arbeitsleben verwenden? Ich habe nach meinem Studium zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Bonn gearbeitet. Ein solides Fundament für diese Tätigkeit haben mir beispielsweise Vorlesungen und Seminare über aktuelle Themen aus der internationalen Politik von Professor Adolf Kimmel geliefert. Hilfreich waren auch die Veranstaltungen von Professor Peter Bofinger über die europäische Wirtschafts- und Währungsunion sowie Seminare, in denen wir Methoden wissenschaftlichen Arbeitens erlernt haben. Außerordentlich wichtig und neu für mich war auch das Diskutieren in der Gruppe, da ich aus Frankreich kam und nur den Frontalunterricht von damals kannte – auch wenn manche Diskussionen nicht immer zielführend waren!

Ihr Berufsweg weist viele unterschiedliche Stationen auf. Wie ist es dazu gekommen? Geisteswissenschaftler haben es nicht immer leicht in unserer Hochtechnologie-Gesellschaft. Aber meine Fächerkombination hat mir auch ermöglicht, über die Jahre verschiedene berufliche Tätigkeiten auszuüben: von wissenschaftlichen Publikationen und Vorträgen bis hin zur Organisation und Moderation von Tagungen mit der entsprechenden Budgetverantwortung sowie dem Aufbau von Netzwerken zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. So konnte ich zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin, dann als Leiterin der Arbeitsstelle „Deutsch-französische Beziehungen“ in der DGAP arbeiten. Als diese nach Berlin umzog, bin ich zum Zentrum für Europäische Integrationsforschung in Bonn gewechselt und habe dort als Projektleiterin gearbeitet.  Auch mit der Familienplanung ließ sich mein Studium einigermaßen gut kombinieren, da ich anfangs journalistische Artikel für das Goethe-Institut/Inter Nationes von zu Hause verfassen konnte und dann die Chance hatte, diverse Lehraufträge zu übernehmen. 

Welche Herausforderungen sehen Sie in Ihrem Arbeitsbereich? Die große Herausforderung sehe ich in der Komplexität des Wandels und in der Beschleunigung dieses Veränderungsprozesses. Seit zwölf Jahren unterrichte ich unter anderem Sozialkunde und Geschichte in München. Nicht nur die Lehrpläne haben gewechselt, sondern auch die Anforderungen an die Lehrer: Es geht nicht nur um die viel diskutierten Anforderungen an die digitale Welt, sondern auch um ein anderes Verständnis vom Lernen. Bildung wird darin gemessen, wie flexibel beziehungsweise wie kompetent die Schüler sind, sich auf neue Anforderungen einzustellen.

Und welche Chancen sehen Sie? Die besonderen Chancen in diesem Beruf sehe ich als Quereinsteigerin darin, dass ich interdisziplinär denken und handeln muss, mein Fachwissen immer wieder aktualisieren und meine Didaktik immer wieder auf den Prüfstand stellen muss. Last but not least: Man muss immer gut drauf sein – ich muss meine Schüler motivieren. Das ist allerdings bei manchen Schülern eher eine Herausforderung!

Warum haben Sie sich für einen Freiwilligendienst in Kenia entschieden? Warum nicht? Mein Berufsweg ist bisher nicht linear gewesen, und ich wollte nun endlich auch das tun, was ich meinen Schülern nach dem Abi empfehle: Geht ins Ausland und engagiert Euch!  Und dafür ist es nie zu spät, auch mit 52! Dass mein Mann meine Pläne unterstützt, war für mich Voraussetzung; dass meine Schulleitung mein Sabbatical genehmigte, war Bedingung und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Die Frage war nur wohin? Ich habe mich für den Verein „Promoting Africa“ entschieden, weil die diversen Leistungen des Vereins den Schülern vor Ort direkt zukommen: Sie geben insbesondere jungen Frauen eine Chance durch Bildung. Das ist für mich entscheidend.

Wie sieht der Freiwilligendienst aus? Voraussichtlich werde ich sowohl in dessen Skill Centre, einer Berufsschule, als auch in der nahegelegenen Secondary School arbeiten. Auch dort werde ich zum Beispiel Kurse zur Prävention gegen Aids sowie Bewerbungstrainings durchführen und natürlich auch Module zur politischen Bildung anbieten. Wichtig wäre auch ein Netzwerk mit kleinen und mittleren Unternehmen aufzubauen, mit dessen Hilfe die Schüler ihre Praktika absolvieren können und später gute Berufsaussichten haben werden. Einmal die Woche werde ich die Arbeit des Vereins mit den Kindern in den Slums von Nairobi unterstützen, das wird sicher hart sein.

Und wie haben Sie sich darauf vorbereitet? Ich habe mich mit ehemaligen Freiwilligen und mit den Projektkoordinatoren getroffen, Einiges über Kenia gelesen und mein Englisch frische ich gerade auf! Aber auch etliche bürokratische Vorbereitungen gehören dazu, wie beispielsweise die Beantragung der Visa und der Abschluss einer Auslandsversicherung. Und natürlich allerlei Impfungen. 

Woran erinnern Sie sich besonders gerne, wenn Sie an Ihr Studium zurückdenken? Ich denke sehr gerne an die Stadt Würzburg. Es ist ja die Partnerstadt von Caen, woher ich komme. Ohne diese Partnerschaft hätte ich nie dort studiert und meinen Mann kennengelernt! Es bleibt für mich eine gemütliche Stadt, in der man damals gut studieren und die sommerlichen Abende bei einem Glas Beerenwein hoch über den Dächern Würzburgs nahe dem Käppele genießen konnte. Das Studium war anfangs anstrengend. Ich musste beispielsweise die Kunst der Buchführung auf Deutsch beherrschen und hatte keine Ahnung davon auf Französisch. Die gesamte Umgebung war aber fordernd und fördernd. An der Stelle möchte ich insbesondere meinem Doktorvater, Professor Kimmel, für seine Unterstützung danken und auch seiner netten und hilfsbereiten Sekretärin, Frau Lindner. Ja, die Zeit an der JMU war eine gute Zeit.

Vielen Dank für das Gespräch

Mehr Informationen zum Alumni-Netzwerk der Universität Würzburg und die Möglichkeit sich zu registrieren, gibt es hier.

Von Michaela Thiel / Gunnar Bartsch

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