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Wann digitaler Stress auch positiv sein kann

14.08.2023

Vier Jahre war die Universität Würzburg an einem bayerischen Forschungsverbund beteiligt, der zum gesunden Umgang mit digitalen Technologien und Medien forschte. Nun präsentiert ForDigitHealth seine Ergebnisse.

Stress durch Apps, E-Mails, ständige Benachrichtigungen – ForDigitHealth hat Hilfestellungen für solche Themen erarbeitet.
Stress durch Apps, E-Mails, ständige Benachrichtigungen – ForDigitHealth hat Hilfestellungen für solche Themen erarbeitet. (Bild: ForDigitHealth)

Digitale Technologien und Medien sind tief in unseren Alltag integriert. Sie halten uns in Verbindung, sind die Voraussetzung für Arbeitsprozesse, ermöglichen schnelle Abstimmungen, Inspiration, Unterhaltung, Lernen, Unterstützung und vieles mehr. Gleichzeitig entsteht dadurch digitaler Stress, den wir nicht immer gut handhaben können und der zu negativen gesundheitlichen Folgen führen kann.

Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume betont: „Interdisziplinär, hochaktuell und mit Mehrwert für uns alle: Der Ansatz des Forschungsverbunds ForDigitHealth war und ist mustergültig. Digitale Technologien und Medien bestimmen unseren Alltag – die Auswirkungen müssen fundiert untersucht werden, deshalb haben wir den Forschungsverbund mit insgesamt rund 3,4 Millionen Euro gefördert. Die Ergebnisse geben uns nun wichtige Hinweise, wie wir – jeder einzelne und als Gesellschaft – mit dem Phänomen ‚Digitaler Stress‘ umgehen können. Ganz besonders freut mich, dass die Ergebnisse auch in einem Online-Wegweiser für alle zugänglich gemacht werden.“

Neben der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) beteiligten sich die Universitäten Augsburg, Bamberg, Erlangen-Nürnberg und München (LMU) am Projekt. Der Verbund war durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit rund 3,4 Mio. Euro über vier Jahre gefördert.

Verschiedene Facetten erforscht

Vier Jahre lang hat der Bayerische Forschungsverbund ForDigitHealth zum gesunden Umgang mit digitalen Technologien und Medien geforscht und herausgefunden: Es kommt auf die Einstellung zum Stress an. Wenn er durch ein Individuum als Herausforderung statt als Belastung eingestuft wird, kann sich der Stress auch positiv auf eine bessere Leistung und Wohlbefinden auswirken. Hierfür müssen aber die Bedingungen stimmen: eine ausgebildete Medienkompetenz oder die Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen beziehungsweise eines IT-Helpdesks, das Hilfesuchende zur Problemlösung befähigt und nicht nur das Problem selbst löst. In einer solchen Situation wird der Körper kurzfristig in Alarmbereitschaft versetzt, um die Situation bewältigen zu können. Langfristig kann dieser Stress aber auch mit Erkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depression in Verbindung gebracht werden.

Grund dafür sind langanhaltende Entzündungsprozesse, die der Körper im Rahmen der Stressreaktion durchläuft, wenn der Mensch über einen langen Zeitraum Stress ausgesetzt ist. So die Aussagen der beteiligten Wissenschaftler Dr. Manfred Schoch und Professor Nicolas Rohleder (Co-Sprecher, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg): „Wiederholte Stresssituationen über den Arbeitstag hinweg können langfristig chronischen Stress auslösen, der krank macht. Insbesondere die Menge der digitalen Arbeit ist Treiber von chronischem digitalem Stress am Arbeitsplatz.“

ForDigitHealth hat auch erforscht, wie digitale Technologien mithilfe nutzerzentrierter Designprozesse gestaltet werden müssen, um digitalen Stress zu verringern. Die Informatik ging neue Wege und entwickelte beispielsweise Technologie für die Arbeit im Gehen, da sich Bewegung zum Stressabbau sehr gut eignet. Auch wurde bearbeitet, wie man mithilfe von Apps digitalen Stress besser bewältigen kann und erste Prototypen vorgestellt.

Professorin Elisabeth André (Universität Augsburg) als Co-Sprecherin des Verbunds, unterstreicht: „Wir haben Ernst gemacht mit dem Anspruch unseres Geldgebers, wirklich interdisziplinär zu arbeiten, also Methoden, Theorien, Perspektiven aus den fünf vertretenen Fachdisziplinen zu integrieren und neue Erkenntnisse zu erreichen. Neben dem Anspruch an Interdisziplinarität hatten wir den Auftrag, uns in den gesellschaftlichen Diskurs zum Thema digitaler Stress einzubringen.“

Online-Wegweiser gibt Tipps

Der Bayerische Forschungsverbund hat mögliche Lösungsansätze im Umgang mit digitalem Stress aufbereitet. In „Digitaler Stress: Der Wegweiser“ wurden Informationen und Hinweise zu Ursachen, Folgen und Wirkweisen für die Öffentlichkeit auf der Webseite des Verbunds festgehalten. Auch die zugrundeliegenden Publikationen können im Wegweiser leicht nachgelesen werden. Der Verbund ist mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten aus den fünf Fachdisziplinen Medizin, Psychologie, Informatik, Wirtschaftsinformatik und Kommunikationswissenschaft besetzt. Im Rahmen von fünf übergeordneten Querschnittsthemen und in insgesamt elf Teilprojekten wurde das Thema digitaler Stress beforscht.

Die Teilprojekte im Überblick

Prof. Dr. Gerhild Nieding und Dr. Wienke Wannagat, Entwicklungspsychologinnen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, befassten sich mit digitalem Stress bei Jugendlichen sowie jungen und älteren Erwachsenen und der Frage, wie eine digitale Medienkompetenz aussehen und konkret umgesetzt werden kann.

Prof. Dr. Henner Gimpel, Wirtschaftsinformatiker an der Universität Augsburg und der Universität Hohenheim, befasste sich in zwei Teilprojekten einerseits mit der Bewältigung von digitalem Stress am Arbeitsplatz und der Frage, ob der Stress neben bekannten negativen Folgen auch positive Auswirkungen haben kann. Zum anderen wurde untersucht, wie man appgestützt den Umgang mit digitalem Stress unterstützen kann.

Prof. Dr. Jeffrey Wimmer, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Augsburg, stellte sich die Frage, in welcher Form Menschen digitalen Stress in der Freizeit wahrnehmen, wie sie damit umgehen und welche Rolle ihr soziales Umfeld dabei spielt.

Prof. Dr. Susanne Kinnebrock, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Augsburg, hat sich mit der Frage befasst, wie digitaler Stress in den Medien (u.a. in Online-Foren) dargestellt wird und welche Umfelder, Ursachen und Symptome dort thematisiert werden.

Prof. Dr. Nicolas Rohleder, Gesundheitspsychologe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, hat sich mit dem Zusammenhang zwischen psychologischen und biologischen Stressreaktionen befasst.

Prof. Dr. Dennis Nowak und Prof. Dr. Matthias Weigl, Arbeitsmediziner der Ludwig-Maximilians-Universität München und Medizinpsychologe am Universitätsklinikum Bonn, haben sich mit der Frage befasst, wie sich kurz- und mittelfristige Stressreaktionen, die durch digitale Technologien und Medien im Umfeld des Arbeitsplatzes ausgelöst werden, langfristig auswirken.

Prof. Dr. Tim Weitzel und Prof. Dr. Christian Maier, Wirtschaftsinformatiker von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Ludwig-Maximilians-Universität München, haben sich gefragt, ob digitaler Stress „ansteckend“ ist und sich auf andere Personen übertragen kann, z.B. in Teams am Arbeitsplatz.

Prof. Dr. Elisabeth André, Informatikerin an der Universität Augsburg, befasste sich mit der Frage, ob künstliche Intelligenz Anzeichen von digitalem Stress erkennen kann und wie Nutzer:innen in den Lern- und Entfaltungsprozess der KI eingebunden werden können.

Prof. Dr. Albrecht Schmidt, Informatiker an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat sich mit der Frage befasst, wie eine menschzentrierte Gestaltung von digitalen Technologien zu einer gesundheitsförderlichen Wirkung führen kann.

Prof. Dr. Matthias Berking, Klinischer Psychologe, Prof. Dr. Björn Eskofier, Informatiker (beide an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) sowie Prof. Dr.-Ing. habil. Björn Schuller, Informatiker an der Universität Augsburg haben erforscht, wie Apps so optimiert werden können, dass sie die psychische Gesundheit stärken.

Weiterführende Links

Digitaler Stress: Der Wegweiser

Webseite des Forschungsverbunds

Von Pressestelle Uni Augsburg

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