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Was in der Gründungsurkunde steht

31.08.2016

Die Universität Würzburg als Quell für alle, die „danach lechzen, mit den Lehren der Schriften benetzt zu werden“: So heißt es in der Gründungsurkunde der Universität aus dem Jahr 1402. Das Dokument wurde jetzt aus dem Lateinischen übersetzt.

Die Urkunde von Papst Bonifaz IX. zur Universitätsgründung in Würzburg von 1402. (Foto: Gunnar Bartsch)
Die Urkunde von Papst Bonifaz IX. zur Universitätsgründung in Würzburg von 1402. (Foto: Gunnar Bartsch)

Rom im Jahr 1402: Papst Bonifaz IX. lässt eine Urkunde aufsetzen, in der er dem Würzburger Bischof Johann von Egloffstein die Gründung einer Universität nach dem Vorbild von Bologna gestattet. Dieses historische Dokument ist erhalten; es wird im Staatsarchiv Würzburg aufbewahrt.

Die Urkunde, geschrieben in Latein, ist die Wurzel der Universität Würzburg. Die Hohe Schule der Bischofsstadt am Main war – nach den Universitäten Prag, Wien, Heidelberg, Köln und Erfurt – die sechste Hochschulgründung im damaligen deutschsprachigen Raum.

Erstaunlicherweise gab es bislang keine deutsche Version der Gründungsurkunde. Lange Zeit hielt man die lateinische Version offenbar für ausreichend, so Universitätsarchivar Dr. Marcus Holtz – ausgehend davon, dass an der Universität ohnehin Alle des Lateinischen mächtig seien.

Im Auftrag des Universitätsarchivs hat nun aber Privatdozent Dr. Jochen Schultheiß vom Kolleg Mittelalter und Frühe Neuzeit der Universität Würzburg den lateinischen Text ins Deutsche übersetzt. Gleichzeitig wurden die ältesten erhaltenen Statuten der Universität aus der Echterzeit (1587) übersetzt – zur Vorbereitung auf das Echterjahr 2017 (400. Todestag des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn).

Den Verstand der Menschen erleuchten

Papst Bonifaz IX. betont zuerst, dass er gerne das Studium der Wissenschaften unterstützt, um zum Wohl aller Menschen den Glauben auszuweiten und die Gerechtigkeit zu pflegen. Nun habe ihn der Bischof von Würzburg darum gebeten, eine Universität mit jeder beliebigen zulässigen Fakultät einzurichten – zum Wohl der Stadt und ihres Umlands, auf dass dort „der Verstand der Menschen erleuchtet werde“. Die Stadt sei dafür gut geeignet, denn dort herrsche ein gemäßigtes Klima, es gebe genug Lebensmittel und auch viele andere Dinge für den menschlichen Bedarf.

Wenn er all dies bedenke, so der Papst, fühle er sich von einem „glühenden Begehren“ angetrieben, Würzburg mit den Wissenschaften zu schmücken. Darum „beschließen und legen wir mit apostolischer Autorität … fest, dass in derselben Stadt es in Zukunft eine Universität nach dem Vorbild der Universität in Bologna gebe und dass diese für ewige Zeiten dort blühen solle“.

Der Papst legt in der Urkunde weiterhin fest, wer Magister- und Doktorwürden verleihen kann. Und er bestimmt, dass die lehrbefähigten Absolventen der Würzburger Hochschule auch an anderen Universitäten lesen und lehren dürfen. Wolle jemand dies verhindern, könne er sich der Empörung Gottes und seiner seligen Apostel Petrus und Paulus gewiss sein.

Hier die Übersetzung im Wortlaut:

Bischof Bonifatius, Knechte der Knechte Gottes. Zum ewigen Andenken an die Sache.

Auf die Warte der höchsten apostolischen Würde von göttlicher Hand, wenngleich ohne irgendein Verdienst gestellt, richten wir die Schärfe des uns zuteilgewordenen Blickes, soweit es uns von oben erlaubt ist, auf alle Regionen der Gläubigen, die uns anvertraut sind, und auf ihr Voranschreiten und auf ihre Vorteile, wie der Hirte der gesamten Herde des Herrn. Dabei erweisen wir gerne unsere gefällige Gunst und freigebig erteilen wir die Hilfe einer günstigen Annehmlichkeit den Gläubigen selbst, damit sie nach dem Studium der Wissenschaften streben, durch das die Verehrung des göttlichen Namens und seines katholischen Glaubens ausgeweitet, die Gerechtigkeit gepflegt, sowohl Öffentliches als auch Privates nutzbringend erledigt und für alle das Gedeihen des menschlichen Daseins gefördert wird.

Nun hegt, wie es im Namen unseres verehrungswürdigen Bruders Johannes, des Bischofs von Würzburg, uns gegenüber vorgebracht wurde, der Bischof selbst den dringlichen Wunsch, dass –nicht nur zum Nutzen und Gedeihen eines solchen Staates und der Bewohner der ihm untergebenen Länder, sondern löblicherweise auch in Berücksichtigung der anderen, benachbarten Gegenden – in seiner Stadt Würzburg, da sie sehr bedeutend und sehr passend und geeignet hierfür sei – in ihr herrscht ein gemäßigtes Klima, findet sich eine Fülle an Lebensmitteln und auch eine Menge an übrigen Dingen, die den menschlichen Bedarf anbelangen –, durch den apostolischen Stuhl die Errichtung einer Universität mit jeder beliebigen zulässigen Fakultät angeordnet werden solle, auf dass ebendort der Glaube selbst verbreitet werde, dass das ungebildete Volk unterrichtet werde, die Billigkeit gewahrt bleibe, die Vernunft des Urteilsspruches Kraft habe, die Geister erhellt und der Verstand der Menschen erleuchtet werde.

Wenn wir das Vorausgehende und auch die herausragende Aufrichtigkeit des Glaubens und der Ergebenheit, welche der Bischof selbst bekanntlich der Heiligen Römischen Kirche und dem katholischen Glauben entgegenbringt, sorgfältig bedenken, werden wir von glühendem Begehren angetrieben, dass die vorher erwähnte Stadt mit den Sitten der Wissenschaften so geschmückt werden soll, auf dass sie Männer hervorbringe, die durch die Reife ihres Urteils berühmt, mit dem Schmuck der Tugenden bekränzt und durch die Würden verschiedener Fakultäten gebildet sind, und auf dass dort ein Quell und Ursprung der Wissenschaften sei, aus deren Fülle alle schöpfen sollen, die danach lechzen, mit den Lehren der Schriften benetzt zu werden.

Aus all diesen Gründen und insbesondere wegen der Eignung der genannten Stadt, die, wie man sagt, in der Tat zur Mehrung der Samen der Gelehrsamkeit und zur Hervorbringung von heilsamen Keimen geeigneter und passender als die anderen Städte und Orte in jenen Gebieten sein wird und nach gründlicher Abwägung beurteilt wurde, und weil wir nicht nur den Vorteil und das Voranschreiten der Stadt selbst, sondern auch der herumliegenden Gegenden und Bewohner mit väterlichen Gefühlen eifrig anstreben und wir in dieser Sache durch Bitten des oben genannten Bischofs bewegt wurden, beschließen und legen wir mit apostolischer Autorität zum Lob des göttlichen Namens und zur Verbreitung des rechten Glaubens fest, dass in derselben Stadt es in Zukunft eine Universität nach dem Vorbild der Universität in Bologna gebe und dass diese für ewige Zeiten dort blühen solle, sowohl in der Fakultät der Theologie, als auch des kanonischen und Römischen Rechts, als auch in jeder anderen erlaubten Fakultät, und dass die Lehrenden und Studierenden sich ebendort aller Privilegien, Freiheiten und Immunitäten, die den Magistern in der Theologie, den lehrenden Doktoren, den Studierenden und den Anwesenden an der Universität in Bologna zugestanden sind, auf jede beliebige Art erfreuen und diese nutzen können.

Und (wir legen fest), dass jene, die im Laufe der Zeit sich die Belohnung erworben haben, an jener Fakultät, an der sie studiert haben, eine Lehrerlaubnis zu erhalten – zum einen für sich, zum anderen damit sie andere zu unterrichten vermögen – und die die Ehre einer Magisterwürde oder eines Doktorats zu erlangen erstreben, durch einen oder mehrere Magister oder Doktoren jener Fakultät, in der die Prüfung abzulegen wäre, dem Bischof von Würzburg, der zu dem Zeitpunkt im Amt ist, oder seinem nachrückenden und geeigneten Stellvertreter, den eben hierzu der Bischof meinte einsetzen zu müssen, vorgestellt werden sollen; wenn aber der Bischofsstuhl der Kirche in Würzburg selbst vakant ist, sollen sie jenem vorgestellt werden, der durch die geliebten Söhne des Kapitels der genannten Kirche von Würzburg als Stellvertreter in geistlichen Dingen eingesetzt wurde; und derselbe Bischof oder Stellvertreter, – je nachdem was es bevorzugt wird –, soll, nachdem die Magister und die Doktoren, die in derselben Fakultät durch ihr Amt dort lenken, zusammengerufen sind, jene in den Dingen, die von denjenigen, die zur Ehre der Magisterwürde oder des Doktorats promoviert werden sollen, verlangt werden, gemäß dem Maß und der Gewohnheit, die bei solchen Dingen an den Universitäten beachtet werden, gründlich zu prüfen streben, und er soll ihnen, wenn sie für hierzu ausreichend und geeignet befunden werden, eine Erlaubnis solcher Art zukommen lassen und die Ehre der Magisterwürde und des Doktorats übergeben und auch gewähren.

Jene aber, die an derselben Universität der genannten Stadt examiniert und zugelassen wurden und die Lehrbefugnis und eine Würde von besagter Art erhalten haben, sollen künftighin ab dem Examen oder einer anderen Lese- und Lehrzulassung, sowohl an der genannten Universität der Stadt selbst als auch an einzelnen anderen Universitäten, an denen sie lesen und lehren wollen, die volle und freie Befähigung hierzu haben, ohne dass irgendwelche widerstrebenden Statuten und Gewohnheiten, – sei es dass sie durch apostolische Autorität, sei es dass sie durch irgendeine andere Festlegung gestützt sind –, dem in irgendeiner Weise entgegenstehen können. Überhaupt keinem Menschen soll es also erlaubt sein, gegen diese Seite unseres Statuts und unserer Anweisung zu verstoßen oder ihr in frevlerischer Verwegenheit entgegenzuhandeln. Wenn sich aber jemand anmaßt, dies zu versuchen, dann soll er wissen, dass er sich die Empörung des allmächtigen Gottes und seiner seligen Apostel Petrus und Paulus zuziehen wird.

Gegeben in Rom beim Heiligen Petrus, an den 4. Iden des Dezember, im 14. Jahr unseres Pontifikats [10. Dezember 1402].

Von Robert Emmerich

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