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Wie aus einem Photon vier Ladungsträger werden

14.04.2023

Manche Materialen wandeln Photonen in mehr Ladungsträger um, als zu erwarten wäre. Mit einem ultraschnellen Film konnten Forscher sich jetzt ein Bild von diesem Vorgang machen. Mit dabei waren Physiker der Uni Würzburg.

Illustration der Exzitonenspaltung in dem aus jeweils fünf Benzolringen bestehenden, organischen Halbleiter Pentacen. Anstelle der üblicherweise zwei freien Ladungsträger werden durch Absorption eines Photons in Pentacen vier freie Ladungsträger, repräsentiert durch orangefarbene Bahnen, erzeugt.
Illustration der Exzitonenspaltung in dem aus jeweils fünf Benzolringen bestehenden, organischen Halbleiter Pentacen. Anstelle der üblicherweise zwei freien Ladungsträger werden durch Absorption eines Photons in Pentacen vier freie Ladungsträger, repräsentiert durch orangefarbene Bahnen, erzeugt. (Bild: TU Berlin)

Die Photovoltaik, also die Umwandlung von Licht in Elektrizität, ist eine Schlüsseltechnologie in der nachhaltigen Erzeugung von Energie. Seit Max Planck und Albert Einstein ist bekannt, dass sowohl Licht als auch Elektrizität in winzigen, quantisierten Paketen vorkommen: zum einen in Form von Photonen und zum anderen als Elementarladungen in Form von Elektronen und Löchern.

Bessere Solarzellen dank Exzitonenspaltung

Im Material einer herkömmlichen Solarzelle wird die Energie eines einzelnen Photons auf zwei freie Ladungen übertragen, mehr nicht. Einige molekulare Materialien wie Pentacen zeigen jedoch eine Ausnahme von dieser Regel und wandeln stattdessen ein Photon in vier Ladungen um. Diese Anregungsverdopplung, die als Exzitonenspaltung bezeichnet wird, ist für die hocheffiziente Photovoltaik von großem Nutzen, insbesondere um die vorherrschenden Technologien auf Basis von Silizium zu verbessern.

Ein Team von Forschern des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft, der Technischen Universität Berlin und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat nun den ersten Schritt dieses Prozesses entschlüsselt, indem es einen ultraschnellen Film der Umwandlung von Photonen in freie Ladungsträger aufnahm und damit eine jahrzehntealte Debatte über den Mechanismus dieses Prozesses beendete.

„Wenn Pentacen durch Licht angeregt wird, reagieren die Ladungen im Material schnell“, erklärt Professor Ralph Ernstorfer, einer der Hauptautoren der Studie. „Hierbei war es eine offene und höchst umstrittene Frage, ob ein absorbiertes Photon zwei Elektronen und Löcher direkt anregt oder zunächst nur ein Elektron-Loch-Paar, das seine Energie anschließend mit einem anderen Ladungspaar teilt.“ Ernstorfer ist Leiter einer Max-Planck-Forschungsgruppe am Fritz-Haber-Institut und Professor für Experimentelle Physik an der TU Berlin.

Schnappschüsse von einem Milliardstel einer Millionstel Sekunde

Um dieses Rätsel zu entschlüsseln, nutzten die Forscher die zeit- und winkelaufgelöste Photoemissionsspektroskopie, eine hochmoderne Technik zur Beobachtung der Dynamik von Elektronen auf der Zeitskala von Femtosekunden, das heißt: einem Milliardstel einer Millionstel Sekunde.  Mit dieser ultraschnellen Elektronenfilmkamera konnten sie zum ersten Mal Bilder der flüchtigen angeregten Elektronen aufnehmen.

„Diese Ladungsträgerpaare zu sehen, war entscheidend, um den Prozess zu entschlüsseln“, sagt Alexander Neef vom Fritz-Haber-Institut und Erstautor der Studie. „Ein angeregtes Elektron-Loch-Paar hat nicht nur eine bestimmte Energie, sondern nimmt auch bestimmte räumliche Verteilungsmuster an, die Orbitale genannt werden. Um den Prozess der Singulett-Spaltung zu verstehen, ist es deshalb wichtig, die Orbitale der Ladungsträger zu identifizieren und zu sehen, wie sich deren Besetzung mit der Zeit verändert.“

Anhand der Bilder des ultraschnellen Elektronenfilms entschlüsselten die Forscher erstmals die Dynamik der angeregten Ladungsträger anhand dieser Orbitaleigenschaften. „Wir können nun mit Sicherheit sagen, dass unmittelbar nach der Photonenanregung nur ein Elektron-Loch-Paar angeregt wird, und haben den Mechanismus, der zur Verdopplung der erzeugten Ladungsträger führt, identifiziert“, ergänzt Alexander Neef.

Entscheidend für den Einsatz organischer Halbleiter

„Die Aufklärung dieses ersten Schrittes bei der Exzitonenspaltung ist entscheidend für den erfolgreichen Einsatz organischer Halbleiter in innovativen photovoltaischen Anwendungen und damit für die weitere Steigerung der Umwandlungseffizienz heutiger Solarzellen", erklärt Professor Jens Pflaum, dessen Arbeitsgruppe an der Universität Würzburg die hochwertigen Molekülkristalle für diese Studie zur Verfügung gestellt hat.

Ein solcher Fortschritt wird nach Überzeugung der Wissenschaftler enorme Auswirkungen haben, da die Solarenergie und ihre Erzeugung durch diese Zellen der dritten Generation eine dominierende Energiequelle der Zukunft sein werden.

Originalpublikation

Orbital-resolved observation of singlet fission. Alexander Neef, Samuel Beaulieu, Sebastian Hammer, Shuo Dong, Julian Maklar, Tommaso Pincelli, R. Patrick Xian, Martin Wolf, Laurenz Rettig, Jens Pflaum & Ralph Ernstorfer. Nature, https://doi.org/10.1038/s41586-023-05814-1

Einen kommentierenden Artikel hat Nature hier veröffentlicht.

Kontakt

Prof. Dr. Jens Pflaum, Lehrstuhl für Experimentelle Physik VI, T: +49 931 31-83118, jpflaum@physik.uni-wuerzburg.de

Von Pressestelle JMU

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