Zwei Millionen für neues Forschungsprojekt
28.06.2017Digitale Geschäftsmodelle für kleine und mittlere Unternehmen zu entwickeln: Das ist das Ziel eines neuen Forschungsprojekts an der Uni Würzburg. Die EU fördert das Projekt aus ihrem Fonds für regionale Entwicklung.
Einen Förderbescheid über einen Zuschuss in Höhe von rund zwei Millionen Euro hat Bernd Sibler, Staatssekretär im bayerischen Wissenschaftsministerium, an den Präsidenten der Universität Würzburg, Professor Alfred Forchel, überreicht – verbunden mit den besten Wünschen von Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle. "Ich bin stolz und froh, dass ich der Universität Würzburg diesen Scheck übergeben darf", sagte Sibler am Mittwoch in Würzburg.
Das Geld kommt aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und fließt in das Projekt „Individualisierung digital“. Dessen Ziel ist es, neue Prozesse zur Digitalisierung von Geschäftsabläufen für kleine und mittlere Unternehmen zu entwickeln und mögliche Verbesserungen an bestehenden Geschäftsmodellen aufzuzeigen beziehungsweise Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle zu identifizieren.
Die Universitätsleitung hat die Antragstellung und die Vernetzung mit Unternehmen in der Region in Zusammenarbeit mit den Landkreisen aktiv begleitet und unterstützt. Bestehende Unternehmenskooperationen wurden zudem über das Servicezentrum SFT im Projekt eingebunden sowie neue Kooperationen zu Unternehmen insbesondere der Regionen Bad Neustadt, Bad Kissingen und Haßfurt hinzugewonnen.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem produzierenden Gewerbe. Die veranschlagten Gesamtkosten für dieses Projekt bis zum geplanten Abschluss Ende 2020 betragen rund vier Millionen Euro. Die Zuschusshöhe liegt somit bei 50 Prozent. Die Kofinanzierung wird über die Projektpartner eingebracht.
Beteiligte aus Wirtschaft, Recht und Psychologie
Sprecher des Projekts ist Professor Axel Winkelmann, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik. Weitere Beteiligte an der Universität Würzburg sind die Professoren Frédéric Thiesse (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Systementwicklung), Olaf Sosnitza (Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht), Eckhard Pache (Lehrstuhl für Staatsrecht, Völkerrecht, Internationales Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverwaltungsrecht), Tanja Bipp (Professur für Arbeits- Betriebs- und Organisationspsychologie) und Johannes Hewig (Professur für differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik).
Bei gut 50 Milliarden Euro lag der Umsatz des deutschen Online-Handels im Jahr 2016; in einigen Branchen hat er den stationären Handel bereits überholt. Das berichten zumindest die zuständigen Verbände: der Handelsverband Deutschland sowie der „Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland“.
Projekt will Chancen auch in strukturschwachen Regionen nutzen
Bei gut 50 Milliarden Euro lag der Umsatz des deutschen Online-Handels im Jahr 2016; in einigen Branchen hat er den stationären Handel bereits überholt. Das berichten zumindest die zuständigen Verbände: der Handelsverband Deutschland sowie der „Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland“.
Gerade in strukturschwachen und dünn besiedelten Regionen bietet der Online-Handel Unternehmen zahlreiche Chancen. "Ich sehe hier auch einen Effekt für die generelle Zukunftsfähigkeit von ländlichen Regionen", sagt Sibler. Händler können ihr Vertriebsgebiet vergrößern und ihre Produkte losgelöst von Öffnungszeiten und der Verfügbarkeit von beratenden Ansprechpartnern vertreiben. Außerdem haben sie die Chance, Zusatzdienstleistungen und kundenindividuelle Produkte zu entwickeln und zu vermarkten.
Dabei ist im Online-Handel nach Ansicht von Experten noch von viel Luft nach oben. „Viele Unternehmen unterschätzen das Potenzial der digitalen Produkt- oder Dienstleistungsvermarktung“, sagt Professor Axel Winkelmann. Um bei der rasanten Entwicklung im E-Commerce mithalten zu können, bedarf es deshalb nach seinen Worten „gegenseitiger Lern- und Entscheidungsprozesse an zahlreichen Schnittstellen der Produktion und des E-Commerce“.
Die im Projekt kooperierenden Forschungsgruppen wollen mit den beteiligten Unternehmen digitale Erfolgsfaktoren für die produzierende Industrie im strukturschwachen Raum herausarbeiten und Wissen für spezielle digitale Produkte entwickeln.
Bestandteil des Projekts sind dementsprechend unter anderem die Analyse von Geschäftsmodellen und Erfolgsfaktoren digitaler „Hidden Champions“ sowie ein genauer Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Gemeinsam wollen die Beteiligten die Haupthindernisse zur Einführung ergänzender digitaler Geschäftsmodelle identifizieren und im Anschluss daran aufzeigen, wie sich diese beheben lassen.
Im Fokus der Arbeits- und Betriebspsychologen stehen die Mitarbeiter von Unternehmen, die den Gang ins Internet wagen und diesen Verkaufsweg etablieren wollen. Die Wissenschaftler wollen untersuchen, welche Elemente das Lernen von Mitarbeitern inner- und außerhalb der Unternehmen fördern. Ihr Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, wie das Arbeitsengagement der Mitarbeiter gestärkt sowie deren Arbeitsleistung bei der Einführung neuartiger digitaler Geschäftsprozesse erhöht werden können.
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung
EFRE-finanzierte Maßnahmen sollen dazu beitragen, „den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt durch Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte zu stärken“, heißt es auf der Homepage des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Mit ihrer Hilfe soll die Wirtschaft vor Ort entwickelt und strukturell angepasst werden. Aus diesem Grund ist auch in einem Forschungsprojekt die enge Kooperation mit Unternehmen aus der Region Voraussetzung für eine Förderzusage.
Mehr Informationen: http://individualisierung-digital.de/
Kontakt
Prof. Dr. Axel Winkelmann, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik
T: (0931) 31-89640, axel.winkelmann@uni-wuerzburg.de