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  • Publimkum Science Slam, Foto: Universitätsbibliothek
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Nachbericht - Science Slam 2019

800 Gäste waren beim 5. Science Slam an der Uni Würzburg dabei. Der Sieger: ein „Markenprof“ der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Der Erlös des Abends fließt in zwei Deutschlandstipendien der Uni.

Können Akademiker nur „kompliziert“? Aber ganz und gar nicht! An der Universität Würzburg und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) tummeln sich eine Menge Dozentinnen und Dozenten mit wahren Entertainer-Qualitäten. Dass sie imstande sind, das, was sie lehren und forschen, witzig und fantasievoll rüberzubringen, stellten acht von ihnen beim 5. Science Slam im voll besetzten Hörsaal des Z6-Hörsaalgebäudes am Hubland unter Beweis. „Markenprof“ Karsten Kilian von der FHWS ging als Publikumssieger aus dem amüsanten Battle hervor.

Der Mensch als Kunde ist irrational

Vollständigkeit, Tiefe und Exaktheit sind beim Science Slam zweitrangig: Aufgabe der Slammer ist es vielmehr, ihr wissenschaftliches oder unternehmerisches Steckenpferd in höchstens sieben Minuten unterhaltsam zu präsentieren. Karsten Kilian, FHWS-Professor für Marken- und Medienmanagement, gelang das spielend. Am Beispiel von Jeans, Shampoos und Autos zeigte er auf, welche magische Wirkkraft Marken entfalten. Und warum der Homo oeconomicus, so er nicht schon immer eine Mär war, endgültig tot ist. Denn der Mensch verhält sich als Kunde ganz und gar irrational.

Wie stark „magische Marken“ faszinieren, zeigt dem Betriebswirt zufolge der Hype um den „Taycan“, den ersten elektrischen Sportwagen von Porsche. 20.000 Menschen hatten den hochpreisigen e-Flitzer vorbestellt, bevor er offiziell präsentiert war: „Sie wollten ihn kaufen, ohne ihn Probe gefahren zu haben.“ Was, wie auch viele der 800 Zuhörer fanden, ziemlich schräg ist.

Juristen sind echt schwierig

Wer sich immer schon gefragt hat, wieso Juristen nie auf Partys aufkreuzen, wurde beim Science Slam schlauer: Juristen werden nie eingeladen, weil sie als Spaßbremsen gelten, legte Tobias Reinbacher in seinem selbstironischen Slam-Beitrag dar.

Reinbacher ist Professor für Strafrecht an der Uni und bringt Studis den sogenannten Gutachterstil bei. Diesen Stil, durch den jede erdenkliche Situation systematisch auseinandergedröselt werden kann, schafft man sich nicht unbeschadet drauf. Irgendwann geht für Juristen ohne klare Definition gar nichts mehr. „Wir sind echt schwierig“, konstatierte Reinbacher, dessen Präsentation am Ende den zweitlautesten Applaus erhielt.

Clever mit Gehirn in Reiskorngröße

Es braucht eine gehörige Portion Courage, um am Science Slam teilzunehmen. Was zu dröge daherkommt, fällt gnadenlos durch. Anna Stöckl, Soziobiologin an der Uni, zeigte diesmal als einzige Frau den Mut, ihr alles andere als einfaches Forschungsfeld witzig darzustellen. Auf einer Wippscheibe balancierend, Insektenfühler auf dem Kopf und einen langen Rüssel im Mund, stellte sie nach, wie Falter das Nektarium von Blütenpflanzen finden. Absolut clever tun sie dies – und zwar mit einem Gehirn, das gerademal so groß wie ein Reiskorn ist.

Rembrandt mit VIPs auf Reisen

Wofür Menschen Geld ausgeben, kann schon arg verwundern. So schaffte es Joachim Kuhn, mit einer Geschäftsidee zu reüssieren, die zunächst völlig verrückt klingt: „Wir verkaufen den Menschen weniger als Luft.“ Weniger als Luft bedeutet „Vakuum“. Und jenes Vakuum, das Kuhn offeriert, hat es in sich.

Der Physiker und Alumnus der Uni Würzburg gründete ein Unternehmen, das Vakuum-Isolations-Paneele, kurz VIPs, herstellt. va-q-tec heißt der Betrieb, mit dem Kuhn und sein Geschäftspartner 2016 an die Börse gingen. Kuhn zeigte auf, was VIPs alles dämmen. Und warum ein Rembrandt beim Transport auf keinen Fall auf VIPs verzichten sollte.

Biokäse im Plastikmantel

Um ein Thema, über das aktuell lebhaft diskutiert wird, drehte sich der Beitrag von Martin Bastian: Kunststoff. „Plastic is fantastic!“, lautete die Botschaft des Chemikers und Institutsdirektors des Würzburger Kunststoffzentrums SKZ.

Tja, wäre das Thema derzeit nicht so heikel …. wäre Bastian womöglich zum Slam-Sieger gekürt worden. Denn er hängte sich richtig rein. Was damit begann, dass er den Hörsaal, angetan mit atmungsaktivem Multifunktionstrikot, via Carbon-Bike enterte. Der Anzug – Plastik. Das Bike – Plastik. Der Rucksack – Plastik. Und auch der Biokäse im Rucksack war plastikumhüllt. Sonst würde der Käse ja gammeln. Und ungegessen im Abfall landen.

Erotik mit Ekel-Effekt

Auch Geisteswissenschaft und Humor bilden keine unvereinbaren Gegensätze. Das bewies Julien Bobineau vom Lehrstuhl für Französische und Italienische Literaturwissenschaft der Uni. Bobineau beschäftigt sich mit erotischer Poesie. Und mit dem Phänomen der Mehrdeutigkeit in der Lyrik.

Was bedeutet: Liest Person A ein Gedicht, kommen ihr ganz sicher völlig andere Bilder in den Kopf als Person B. Die Slam-Gäste durften die Augen schließen. Sich erotischen Bildern hingeben. Und erlebten beim Öffnen der Augen eine Überraschung mit humorvollem Ekel-Effekt.

Bitte lächeln!

Darüber hätte sich vielleicht sogar jemand entrüsten können. Womit wir beim Thema „Gefühle“ wären, dem wissenschaftlichen Steckenpferd des Uni-Sozialpsychologen Fritz Strack. Mit einem überdimensionalen Bleistift in der Hand zeigte der Professor auf, warum der Appell: „Keep smiling!“ tatsächlich viel für sich hat.

Wie man selbst treue Kunden online vergrämen kann, führte Mario Fischer, eCommerce-Experte der FHWS, vor. Fischer hatte den 4. Science Slam gewonnen und durfte seinen Beitrag deshalb noch einmal präsentieren. Danach übergab er den Slam-Pokal an Karsten Kilian.

Erlös für zwei Deutschlandstipendien

Organisiert wird der Science Slam vom Alumnibüro der Uni Würzburg in Kooperation mit der Stadt Würzburg und der FHWS. Johannes Keppner, Moderator bei Radio Gong Würzburg und Alumnus der Uni, führte souverän durch den Abend.

Die Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten, Pausensnacks und Getränken kommen zwei Deutschlandstipendien der Uni Würzburg zugute. Für die Stipendien können sich herausragende und gesellschaftlich engagierte Studierende bewerben: Sie bekommen ein Jahr lang 300 Euro im Monat zur freien Verfügung. Schon in den vergangenen Jahren hat das Alumnibüro mit den Erlösen aus den Science Slams jeweils zwei Deutschlandstipendien mitfinanziert. Im Jahr 2018 hat die Uni insgesamt 50 Deutschlandstipendien vergeben.