Dr. Mareike Huhn, Meeresbiologie, Forschungsprojekte Meeresschutz
01.06.2018Unsere Alumna hat Meeresbiologie studiert und ist Gründerin von „Luminocean“. Das Soziale Unternehmen bringt indonesische mit ausländischen Studierenden zusammen; in Zusammenarbeit mit der Bogor Agricultural University und dem Fischerei-College fördert es auf den Banda-Inseln Forschungsprojekte, die dem Meeresschutz dienen.
Frau Dr. Huhn, wie haben Sie Ihren Forschungsschwerpunkt gefunden? Meinen Forschungsschwerpunkt habe ich dank des Studien- und Forschungsprogrammes GAME (Global Approach by Modular Experiments) des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Geomar in Kiel gefunden. Daran habe ich teilgenommen, um meine Diplomarbeit zu schreiben. Professor Linsenmair, der Inhaber des Lehrstuhls für Tierökologie und Tropenbiologie in Würzburg, hat mich damals betreut
Und warum haben Sie sich für Indonesien entschieden? Ich war zunächst für den Forschungsteil meiner Arbeit in Kiel und bin von dort nach Indonesien gegangen. Die Bogor Agricultural University ist nämlich eines von vielen Partnerinstituten von Geomar weltweit, an denen Teilnehmer von GAME im Team mit anderen Studierenden des jeweiligen Partnerinstituts ihre Forschungsarbeit absolvieren.
Wie sind Sie damals zum Forschungsprogramm GAME gekommen? Ich habe mich regulär beworben, da es für mich eine Möglichkeit war, meinen Forschungsschwerpunkt in den marinen Bereich zu legen. Die Tropen hatten mich schon immer fasziniert und, nachdem ich während des Studiums Tauchen lernte, dann auch besonders die belebte Unterwasserwelt. Bei GAME wird jedes Jahr ein Thema im Bereich der marinen Benthosökologie – also der Ökologie der Lebensgemeinschaft am, auf und im Meeresboden – festgelegt, an dem alle Teams an den verschiedenen Institutionen weltweit gleichzeitig arbeiten. Auf diese Weise können Experimente geographisch zur selben Zeit repliziert werden.
Woran haben Sie geforscht? Thema in meinem Jahr war ein Vergleich von invasiven und nativen Populationen global verbreiteter benthischer Arten. Auf diese Weise begann ich mit dem Schwerpunkt „Marine Invasionsbiologie“, mit dem ich mich weiterhin beschäftige. Dabei geht es konkret um die Stressökologie von asiatischen Grünlippmuscheln (Perna viridis). Da wir interessante Ergebnisse erhielten, entschied ich mich, an dem Thema weiterzuarbeiten, und erhielt dafür ein Doktoranden-Stipendium vom DAAD.
Warum sind Sie in Indonesien geblieben? Während meiner Zeit in Bogor als Doktorandin – und auf der Suche nach Grünlippmuscheln in vielen Teilen Indonesiens – wuchs meine Faszination für das Land. Kaum ein anderes kann eine derartige kulturelle und – sowohl im terrestrischen als auch im marinen Bereich – biologische Vielfalt vorweisen. Ganz besonders in Ostindonesien findet man die artenreichsten Korallenriffe der Welt. Das ist ein Traum für jeden Taucher und erst recht für Meeresbiologen.
Und von dort ging es auf die Molukken und zur Gründung von Luminocean. Ja, meine Suche nach Grünlippmuscheln führte mich in die in Ostindonesien gelegenen Molukken, unter anderem nach Ambon und auf die Banda-Inseln. Die Banda-Inseln sind sowohl unter Wasser als auch an Land und geschichtlich faszinierend. Ich entschied mich dafür, mich für die Intaktheit der Natur einzusetzen und dieses Engagement mit meiner Forschung zu kombinieren. Erleichtert wurde diese Entscheidung außerdem dadurch, dass mein Partner auf den Banda-Inseln das Management der damals einzigen Tauchschule übernehmen konnte. Mit zwei engen Freundinnen, die aus Jakarta und Bogor stammen, habe ich 2014 Luminocean gegründet. Hier kombiniere ich nun Forschung, Bildung und Meeresschutz.
Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen? Mein Arbeitsalltag ist sehr abwechslungsreich. Da wir mit der praktischen Arbeit an die Transit-Saisons von September bis Dezember und von März bis Mai zwischen den Regenzeiten gebunden sind, verbringe ich während dieser Zeiten einen sehr großen Teil unter Wasser. Teils um Proben zu nehmen und Bestandsaufnahmen in den Korallenriffen durchzuführen, teils um Studierende oder Volontäre auszubilden. Da wir mit Luminocean außerdem in der Forschung an nachtaktiven Blitzlichtfischen mit Professor Herlitze aus der Zoologie der Uni Bochum kooperieren, kommt es auch häufig vor, dass ich erst um 22 Uhr zum letzten Mal an einem Tag auftauche. Da diese Fische absolut lichtscheu sind, können wir für dieses Projekt nur nachts arbeiten.
Sie arbeiten aber nicht nur unter Wasser? Nein, einen anderen Teil meines Alltags verbringe ich damit, Kindern Englisch beizubringen und sie für die marine Umwelt zu sensibilisieren. In diesem Jahr habe ich mit Hilfe einer Online-Kampagne und des von mir mitgegründeten deutschen Fördervereins Banda Sea e.V. ein Bildungszentrum auf der Insel Hatta gegründet. Natürlich verbringe ich – wie jeder Wissenschaftler – auch viel Zeit am Schreibtisch, um Ergebnisse auszuwerten und Manuskripte und Anträge zu schreiben. Dabei kommt mir die Monsunzeit im Juni und Juli und im Januar entgegen. Da ist dann die Verlockung tauchen zu gehen, im Gegensatz zu den sonnigen Monaten, geringer.
Was lieben Sie ganz besonders an Ihrem Beruf? Die Abwechslung und die Möglichkeit, viel Zeit draußen und im Wasser zu verbringen. Außerdem konnte ich durch meine Tätigkeiten auf Banda schon viele interessante Bekanntschaften machen, aus denen sich einige gute Freundschaften entwickelten. Mein Beruf ist intensiv, teils sehr zeitaufwändig, aber spannend, und er hält immer wieder Überraschungen bereit. Im April 2017 Jahres hatte ich beispielsweise meine erste Begegnung mit einer Gruppe Orkas, die plötzlich auftauchte und Delfine jagte.
Welche Eigenschaft sollte man in diesem Beruf unbedingt mitbringen? Geduld, Ausgeglichenheit und Begeisterungsfähigkeit. In Indonesien und insbesondere auf weitab von Jakarta gelegenen Inseln funktioniert das Meiste ein bisschen langsamer und entspannter als in Deutschland. Geduldig zu sein und Rückschläge mit Gelassenheit zu nehmen, kann einem das Leben daher sehr erleichtern.
Das klingt, als hätten Sie damit reichlich Erfahrungen gesammelt. Im ersten Jahr in Indonesien habe ich gelernt, dass es nichts bringt zu versuchen, Dinge mit aller Kraft voranzutreiben. Man läuft schnell gegen Wände. Ich habe außerdem festgestellt, dass sich jedes Problemchen irgendwann von alleine löst. Es geht immer weiter. Die Begeisterung für mein Arbeitsfeld hilft natürlich ungemein dabei, nicht die Geduld zu verlieren. Jeder Sonnenuntergang mit Blick auf das Meer oder eine Begegnung mit Hammerhaien und Teufelsrochen erinnert mich dann daran, warum es sich lohnt diesen Weg zu gehen.
Was würden Sie Studierenden raten, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten? Studierenden, die im Bereich Meeresbiologie oder im Ausland tätig werden wollen, kann ich sehr empfehlen, sich selbständig um Praktikumsmöglichkeiten zu kümmern. Bei der Abschlussarbeit sollte man über ein Thema schreiben, das einen wirklich interessiert. Das bedarf Eigeninitiative. Der DAAD bietet hierfür gute Stipendienmöglichkeiten, und man sollte es einfach versuchen, sich zu bewerben. Selbst Praktika, die im Rahmen des Studiums stattfinden, können gefördert werden.
Sie selbst bieten ebenfalls Praktika an – oder? Mit Luminocean bieten wir zum Beispiel die Möglichkeit, dass Studierende, die Auslandserfahrung sammeln oder neue Methoden lernen wollen, an unseren regulären Programmen teilnehmen. Dabei arbeiten sie an aktuellen Forschungsprojekten in der Meeresbiologie mit und tragen zum interkulturellen Austausch und zur Bildung im Bereich Meeresschutz bei. Studierenden, die eigene Ideen mitbringen, bieten wir die Möglichkeit, ihre Forschungsarbeit für F2-Praktika oder die Bachelor- oder Masterarbeit bei uns durchzuführen. Dies kann entweder im Zusammenhang mit einem unserer Forschungsprojekte oder als komplett unabhängiges Projekt geschehen. Wir unterstützen dann durch Betreuung, Logistik und bei der Beantragung von Forschungsgenehmigung und Visum.
Links und Kontakt
Spendenkampagne “Education for Kids”
Mareike Huhn: mareike@luminocean.com