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Dr. Ruben Kubiak, Physik & Psychologie, Europäische Kommission

01.09.2014

Aktuell: Handelsreferent im USA-Referat der Generaldirektion Handel, Europäische Kommission Zur Zeit des Interviews: Generaldirektion, Energieeffizienzreferat, Europäische Kommission Studium: Physik und Psychologie (Würzburg), Promotion Bio-Mathematik (Oxford)

Ruben Kubiak - Europäische Kommission Brüssel (Foto: Privat)

Dr. Ruben Kubiak hat Physik und Psychologie an der Uni Würzburg studiert. Anschließend machte er seinen Master in Physik an der University of Texas und promovierte im Fach Bio-Mathematik in Oxford. Seit September 2012 ist er im Energieeffizienzreferat der Europäischen Kommission in Brüssel tätig.



Herr Kubiak, wieso haben Sie eigentlich Physik und Psychologie gewählt? Das ist ja doch eine eher ungewöhnliche Kombination.

Beide Studienfächer haben mich gleichermaßen fasziniert, weil diese schlussendlich der selben, grundsätzlichen Frage nachgehen: Warum ist die Welt, wie sie ist? Die Physik erklärt die Welt anhand grundlegender Naturgesetze, aber die Psychologie mit ihren Einsichten in die Wahrnehmung von und Interaktion innerhalb dieser Welt ist notwendig, um tatsächlich der Antwort nach dem „Warum“ näher zu kommen.

In fast jedem Bereich begegnet uns dieser Dualismus: Die sächliche Komponente dessen, was physikalisch möglich ist, muss immer zusammen gesehen werden mit dem Faktor Mensch, um tatsächlich unsere heutige Welt zu verstehen. Dazu ergibt diese Kombination auch einen ganz anderen praktischen Nutzen für jemanden wie mich, der ein generelles Interesse an den verschiedensten Fachgebieten hegt: Das duale Studium beider Wissenschaften gibt weitere Einblicke in solch verschiedene Felder wie zum Beispiel Medizin, Philosophie, Mathematik, Chemie oder Soziologie.



Und jetzt arbeiten Sie seit gut drei Jahren für die Europäische Union. Wie können wir uns Ihren Arbeitsalltag in Brüssel vorstellen?

Der Arbeitsalltag als EU-Beamter in der Kommission ist sehr abwechslungsreich und hängt von der jeweiligen Tätigkeit ab. Die meisten EU-Beamten werden als Generalisten rekrutiert und es wird erwartet, dass man nach einem gewissen Zeitraum die Arbeitsstelle innerhalb der EU wechselt. Meine derzeitige Arbeit als politischer Referent in der Generaldirektion Energie bringt mich in häufigen Kontakt mit Beamten aus den Mitgliedsstaaten sowie Vertretern von Industrie und NGOs, um Fortentwicklungen der Politiken zu diskutieren und die verschiedenen Ansichten in diesen Prozess einzubinden, sowohl in schriftlicher Form als auch bei Dienstreisen innerhalb und außerhalb der EU.

Diese Fortentwicklungen beinhalten die Erarbeitung von den eigentlichen Gesetzestexten, welche dann von den Mitgliedsstaaten und gegebenenfalls dem Europäischen Parlament beschlossen werden. Dazu kommen noch die normalen Verwaltungstätigkeiten, so zum Beispiel die Evaluierung von Angeboten zu öffentlichen Ausschreibungen oder die Organisation von Konferenzen. Dies führt dazu, dass der Arbeitsalltag nie langweilig wird und ich jeden Tag etwas Neues hinzu lerne.



Was können Sie unseren Studierenden und Absolventen raten, wenn diese sich für eine Karriere bei der Europäischen Union interessieren? Was  hat Ihren Karriereweg beeinflusst?

Ich kann jedem Studierenden eine Karriere bei der EU empfehlen. Die Arbeit ist spannend und abwechslungsreich, und in nur wenigen anderen Berufen lässt sich tatsächlich so viel bewegen. Die EU sucht hierbei nicht nur Politikwissenschaftler oder Juristen – viele Tätigkeiten erfordern Ingenieure, Naturwissenschaftler, Wirtschaftswissenschaftler oder Absolventen anderer Richtungen.

Wichtig ist die Lust an der Arbeit in einer multikulturellen Umgebung und die Bereitschaft, sich immer neuen Herausforderungen in den unterschiedlichsten Themengebieten zu stellen. Hier ist meine breitgefächerte Ausbildung sicherlich hilfreich. Und ganz wichtig: Man sollte sich gewissenhaft auf das Aufnahmeverfahren vorbereiten und nicht von den hohen Bewerberzahlen abschrecken lassen – der Beruf ist die Mühen wert!



In der EU wird das Thema Energieeffizienz kontrovers diskutiert. Welche Themen stehen auf Ihrer persönlichen Agenda im Energieeffizenzreferat und wie werden diese durch die unterschiedlichen Standpunkte beeinflusst?

Ich bin verantwortlich für die Ökodesign- und Energiekennzeichnungsverordnungen im Bereich Beleuchtung. Dies ist in der Tat ein höchst kontroverses Thema und beinhaltet das sogenannte Glühbirnenverbot. Bei diesem ist der Kontakt mit allen Interessenvertretern sowie den europäischen Bürgern von besonderer Wichtigkeit. Die Arbeit auf diesem Gebiet erfordert dabei sowohl technischen Sachverstand, um Standpunkte und technische Einwände korrekt einordnen zu können, als auch diplomatisches Geschick, um das Ziel eines übergreifenden Konsenses zu erreichen.

Dabei ist es wichtig, jeden Standpunkt zu würdigen und keine Meinung zu übergehen. In der Tat ist der Meinungsaustausch ein elementarer Bestandteil meiner Arbeit, da ich nur so einen Überblick über alle Auswirkungen erhalten kann und gerade die Verbesserung der Situation für den Bürger der Antrieb für die Tätigkeiten unseres Referats ist.



Wie entstehen neue Ökodesignverordnungen in der Europäischen Kommission?

Der Entscheidung, ein Produkt zu regulieren und gegebenenfalls vom Markt zu nehmen, geht ein langer, sorgfältiger Prozess voraus. Zuerst wird mithilfe von unabhängigen technischen Beratern eine Vorbereitungsstudie erstellt, welche bei mindestens zwei öffentlichen Treffen diskutiert wird. Die von den Teilnehmern geäußerten Kommentare fließen alle in diese Studie ein. Liegt die Vorbereitungsstudie vor, erarbeitet die Europäische Kommission einen ersten Regulierungsvorschlag, welcher anschließend im öffentlichen Ökodesignkonsultationsforum beraten wird.

In diesem sitzen sowohl Vertreter der Mitgliedsstaaten, von Umwelt- und Verbraucherverbänden als auch der Industrie und dem Handel. Die hier vorgebrachten Meinungen werden daraufhin in den Regulierungsvorschlag eingearbeitet und, soweit es eine generelle Zustimmung gibt, dem Regulierungskomitee zur Abstimmung vorgelegt. In diesem sitzen die Vertreter der Mitgliedstaaten. Nur wenn die Mitgliedstaaten dem Vorschlag mit einer qualifizierten Mehrheit zustimmen und sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament keine Einwände erheben, kann die Verordnung in Kraft treten.



Das Thema Energieeffizienz endet nicht an den Grenzen der EU, da die Richtlinien wie etwa für den Emissionsrechtehandel globale Auswirkungen haben. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Nicht-EU Ländern und welchen Einfluss haben zum Beispiel große Industriestaaten wie die USA oder China bei Ihrer Arbeit?

Die von uns erarbeitete Gesetzgebung hat oft Vorbildcharakter für viele andere Länder. So orientiert sich die Energiekennzeichnung in China an dem bekannten Design der EU. Mit den USA sind wir unter anderem innerhalb von Arbeitsgruppen der Internationalen Energieagentur in Kontakt. Und das Glühbirnenverbot wurde schon von vielen anderen Staaten kopiert. Doch sind wir auch offen für neue Initiativen in anderen Ländern und suchen das regelmäßige Gespräch mit unseren Kollegen in anderen Administrationen.

Da viele der von uns regulierten Produkte weltweit gehandelte Güter sind, verbindet eine bessere Zusammenarbeit den Abbau von Handelshemmnissen mit weltweiten Fortschritten im Bereich des Klimaschutzes. Energieeffizienz spielt hierbei eine besondere Rolle, weil sich unsere Arbeit immer auch in eingesparten Kosten für den Verbraucher ausdrückt.



Vielen Dank für das Gespräch.


Dieser Text gibt die Meinung des Autors wieder und repräsentiert nicht notwendigerweise die Position der Europäischen Union oder ihrer Institutionen.

Von Michaela Thiel

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