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Dr. Urs Ganse forscht in Finnland

29.10.2020

Alumnus Dr. Ganse hat ein Buch geschrieben - ein Handbuch fürs Weltall.

Foto: Marje Niemelä
Foto: Marje Niemelä

Herr Dr. Ganse, von Würzburg nach Helsinki (oder in den finnischen Wald?) - wie kam es dazu?

Während meiner Promotion in der Astronomie in Würzburg gab es ein DAAD-Austauschprogramm zwischen Deutschland und Finnland. In dem Rahmen hatte ich häufige Forschungsaufenthalte in Helsinki. Und plötzlich, als die Promotion abgeschlossen war - ein Jobangebot!

Doch dort endete der Weg noch nicht. Nach 2 Jahren in Finnland ging es zunächst weiter nach Südafrika, zur Northwest University Potchefstroom (mit einem DFG-Forschungsstipendium), dann an die Universität Turku in Westfinland und an das Finnische Meteorologische Institut. Schliesslich bin ich vor 3 Jahren an die Universität Helsinki zurückgekehrt.

Dann kam das Coronavirus und die Finnen taten das, was sie am besten können: jeder zieht sich in sein eigenes Häusschen im Wald zurück, und man interagiert am besten gar nicht miteinander. Also sitze ich seit einem halben Jahr in einer Holzhütte an einem See, und habe gemerkt, dass man eigentlich überall theoretische Astrophysik praktizieren kann (solange man eine ausreichend schnelle Internetverbindung hat).

Sie haben zusammen mit Ihrer Schwester ein Buch geschrieben - wie würden Sie den Inhalt zusammenfassen?

Das Buch versucht, genau das zu sein, was der Titel verspricht: Ein Handbuch für diejenigen, die gerne in den Weltraum fliegen wollen und an allen möglichen Details interessiert sind.

Dabei geht es in den ersten Kapiteln darum, wie Raumschiffe gebaut werden (und warum sie so seltsame Formen haben) und wie man diese steuert, wenn man zu einer Raumstation, zum Mond oder zu anderen Planeten fliegen will. Dann geht es weiter mit dem Alltag im Weltraum: Wie kocht man eigentlich Kaffee, wenn man keine Schwerkraft hat, die die Flüssigkeit durch ein Filter zieht? Wird die Luft in einem Raumschiff nicht schnell stickig? Wie geht man im Weltall auf's Klo? Schliesslich geht es in einem ganzen Kapitel um Weltraummedizin. Muskeln und Knochen werden in Schwerelosigkeit nicht belastet, und bauen ihre Struktur ab. Also kann man auch auf dem Flug zum Mars nicht faul bleiben, sondern muss die Muskeln mit richtigem Training und Ernährung in Schuss halten.

Die Zielgruppe des Buchs sind dabei ganz normale Menschen -- denn es sieht so aus, dass der Weltraumtourismus in der nahen Zukunft deutlich mehr als nur den "Besten der Besten" Zugang zum Weltraum bietet.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Angefangen hat es vor ein paar Jahren, als ich auf der "Gulasch-Programmier-Nacht", einer Veranstaltung über Technologie und Computerprogrammierung in Karlsruhe, einen Vortrag darüber hielt, wie man eigentlich Raumschiffe fliegt.

Kurz darauf wurde ich von dem Verlagshaus kontaktiert, ob ich daraus nicht ein Populärwissenschaftliches Buch machen möchte. Und schon hatten wir einen Veröffentlichungsvertrag in der Tasche!

Was fasziniert Sie an Ihrem Fach?

Tatsächlich ist die bemannte Raumfahrt gar nicht mein Forschungsgebiet. In meinem *eigentlichen* Job arbeite ich an Plasmaphysik-Simulationen des Erdnahen Weltraums und versuche zu erklären und vorherzusagen, wie Fluktuationen im Sonnenwind zu Magnetfeldschwankungen und Nordlichtern führen (auch deswegen ist Finnland das richtige Land für mich). Aber beiden liegt eine grundlegende Faszination für den Weltraum zugrunde. Vielleicht habe ich als Kind einfach zu viel Star Trek geschaut, aber die Idee, in meinem Leben "Irgendwas mit Weltraum" zu machen fühlte sich immer normal und richtig an.

Was wäre Ihre Zukunftsvision in Bezug auf die bemannte Raumfahrt?

Wiederverwendbare Raketen werden die Raumfahrt deutlich verändern. Raketenstarts sind aktuell noch seltene Ereignisse, aber schon sehr bald werden Raketen vermutlich wie Flugzeuge betrieben werden: Starten, Menschen in den Weltraum bringen, Landen, Auftanken, wieder starten. Dann ändert sich plötzlich sehr viel: Raumstationen wie die ISS, die zur Zeit noch Milliarden verschlingen, werden plötzlich auch für kleinereb Länder erschwinglich. Edelmetalle aus Asteroiden werden evtl. ein eigener Wirtschaftszweig. Und was danach Neues erfunden wird (sowohl technologisch als auch gesellschaftlich) lässt sich nur erahnen. Vielleicht ziehen wir bald alle nach der Pensionierung in Altenheime auf dem Mond, wo die geringere Schwerkraft das Leben einfacher macht.

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