Prof. Peter André Alt, Germanistik, Politische Wissenschaft, Präsident der HRK
19.01.2018Unser Alumnus studierte Germanistik, Politische Wissenschaft, Geschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit dem 3. Juni 2010 ist Peter-André Alt Präsident der Freien Universität Berlin. Im April 2014 wurde er als Präsident wiedergewählt. Im Dezember 2017 wurde bekannt, dass Alt designierter Nachfolger von Horst Hippler als Präsident der Hochschulrektorenkonferenz HRK ist.
Herr Professor Alt, welches sind aus Ihrer Sicht besondere Herausforderungen, denen man in heutiger Zeit als Präsident einer Universität gegenüber steht? Das eine ist, dass meine Aufgaben sehr komplex sind und im Umfang ständig wachsen. Eine andere Herausforderung besteht darin, dass durch die steigende Internationalisierung und die zunehmende Anzahl der Drittmittelprojekte der Radius des Handelns größer wird. Das ist gut so; damit verbinden sich aber auch Herausforderungen im infrastrukturellen Bereich, die so grundlegenden Fragen wie der Unterbringung, Betreuung und Verwaltung der Projekte gelten. Zusammengefasst stehen Fragen der Drittmitteleinwerbung, des Strategischen Controlling und der institutionellen Zukunftsplanung im Zentrum meiner Aufgaben.
Wie ist es, wenn man vom Lehrstuhlinhaber zum Universitäts-Präsidenten wird? Es ist nicht so selbstverständlich, vom ‚normalen‘ Professor in das Amt und die Aufgaben eines Universitäts-Präsidenten zu wechseln. Mir hat es sehr geholfen, dass ich vorher Dekan und danach Direktor der Dahlem Research School – eines unserer strategischen Zentren – war. Dadurch fand ich leichter in diverse Themen der Hochschulplanung und -leitung. Am Anfang führte ich nahezu jeden Tag intensive Gespräche mit dem damaligen Kanzler der Universität. Er hat mir auch wichtige Themen der Verwaltungsleitung, wie die Fachbereichsfinanzierung und das Haushaltscontrolling, näher gebracht. Bei meinem Antritt verfügte ich dann über eine Art ‚Instrumentenkasten‘ — und der Sprung ins kalte Wasser war nicht ganz so heftig.
Welche Eigenschaften sollte man als Präsident unbedingt haben? Auch bei guter fachlicher Vorbereitung ist es erforderlich, dass man in dieser Position ausreichenden Mut mitbringt. Man muss sich permanent mit neuen Thematiken befassen, die man nicht nur überschauen, sondern auch produktiv bewegen und bewältigen sollte. Es bleiben aber bei allem Wechsel und mancher Hektik auch Kontinuitäten. Sie liegen dort, wo es um Kommunikation und Verständigung geht. Man kann eine Universität nur führen, indem man ihre Mitglieder für neue Wege begeistert und bei Zukunftsthemen mitnimmt.
Sie haben Ihr Amt im Jahr 2010 mit dem Anspruch angetreten, demokratisch und partizipativ zu agieren. Wie sieht das heute in der Praxis aus? Offenheit und Wertschätzung waren mir als Professor wichtig, und daran knüpfte ich als Präsident an. Ich möchte ansprechbar bleiben für die verschiedenen Akteure in der Freien Universität. Daher habe ich eine feste Sprechstunde für Studierende und Beschäftigte eingerichtet. Partizipationsmöglichkeiten auf der Ebene der Studierenden sind mir wichtig. Diese besetzen in den Fachbereichen beispielsweise die Ausbildungskommission paritätisch. Da ohne diese Kommissionen keine neuen Studiengänge eingerichtet werden können, fällt den Studentinnen und Studenten hier eine verantwortungsvolle Aufgabe zu, insofern sie aktiv die Qualität der Ausbildung mitgestalten. Partizipation schließt aber nicht nur den Studienbereich ein. Wir brauchen auch neue Teilhabe-Möglichkeiten für die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, mit deren Hilfe sie sich mit Verbesserungsvorschlägen in den Arbeitsprozess einbringen können. Große Institutionen wie Universitäten sind da manchmal langsamer als private Unternehmen, die, wie ich in den letzten Jahren wahrgenommen habe, erheblich innovativer als die öffentliche Administration unseres Landes sein können.
Wie ist es überhaupt zum Amt des Präsidenten gekommen? Ich war im November 2009 in Marbach beim Deutschen Literaturarchiv, wo ich eine Schiller-Tagung leitete, als mich die Information erreichte, dass der damalige Präsident Dieter Lenzen nach Hamburg wechseln würde. Ich hörte auch, dass viele an der Freien Universität der Meinung seien, ich würde ein guter Nachfolger sein. Es wurde dann sehr schnell ernst mit beidem, dem Wechsel meines Vorgängers und der Nachfolge-Planung. Ich habe mich zuerst ausführlich mit meiner Familie beraten, ob ich eine Kandidatur erwägen sollte, denn das Präsidentenamt war nichts, was in meiner früheren Lebensplanung eine Rolle gespielt hatte. Ich habe dann aber sehr schnell gemerkt, dass mich die Aufgabe reizte, und konnte mir nach wenigen Wochen, lange vor der Wahl, auch vorstellen, sie gut auszufüllen. Das gab den Ausschlag.
Sie sind Buch-Autor und haben unter anderem Biografien über Kafka, Schiller und Freud verfasst. Wie schaffen Sie das, neben Ihren damaligen und heutigen Ämtern? Prinzipiell muss man beim Bücherschreiben – das ist zumindest meine Erfahrung – eine hohe Arbeitsökonomie entwickeln. Das gilt natürlich besonders für die Realisation großer Buchprojekte. Als ich noch in der Lehre tätig war, musste ich mich darin schulen, vom Sprechen und Reden als Dozent unverzüglich auf das ‚stille Schreiben‘ umzuschalten. Die Freud –Biografie habe ich als angefangenes Projekt mit in das Präsidentenamt genommen. Hierfür habe ich viel auf Reisen gearbeitet, gelesen und das Buch stückweise im Urlaub oder unterwegs geschrieben, es ist quasi zwischen China und deutschen Kleinstädten entstanden (lacht).
Was sagen Sie zum Thema Alumni? In Deutschland haben wir den Einstieg in das Thema verschlafen und es lange versäumt, entsprechende Bindewirkungen bei unseren Ehemaligen zu erzeugen. Heute ist das anders; zum Beispiel begrüße ich auch im Ausland immer öfter ausländische Alumni der Freien Universität – zuletzt in Korea. Dort sind koreanische Alumni zu einem gemeinsamen Abend angereist. Das war eine tolle Erfahrung, unter anderem auch deshalb, weil sich die Alumni sehr emotional an ihre Zeit auf dem Dahlemer Campus in Berlin erinnert haben. Ich beobachte zunehmend, dass Alumni sich sehr gerne engagieren – und hierfür sollte die Alma Mater ihnen Möglichkeiten eröffnen. Das ist eine schöne und wichtige Aufgabe, die auch Generationen verbindet, besonders in Zeiten, in denen der Staat nicht mehr alle Förderaufgaben übernimmt.
Welche Erinnerung haben Sie an Würzburg? Besonders die Sommer habe ich in bester Erinnerung. Ich erzähle häufig, dass ich in Würzburg den schönsten Dienstzimmerblick hatte – nach einem stressigen Tag löste die prachtvolle Aussicht auf die Festung stets eine beruhigende Wirkung auf mich aus. Auch die Offenheit, Freundlichkeit und das Engagement meiner Studentinnen und Studenten habe ich sehr geschätzt. Wir haben auf hohem Niveau miteinander gearbeitet, nicht zuletzt hat sich hier auch die Qualität des bayerischen Abiturs bemerkbar gemacht. Ein Grund für meine Rufannahme war übrigens auch der ausgezeichnete Ruf der Würzburger Uni-Verwaltung, sie hat aus meiner Sicht sehr professionell gearbeitet.