Zukunft hautnah: Wie soziale Roboter den Bildungsalltag revolutionieren
24.10.2024Roboter, die Nachhilfe geben und unsere Zukunft verändern – ein Blick hinter die Kulissen der Forschung an sozialen Maschinen mit Melissa Donnermann!
Melissa Donnermann gibt spannende Einblicke in ihren Arbeitsalltag als Forscherin für soziale Roboter. Von der Programmierung über den Einsatz in der Lehre bis hin zur Frage, ob Roboter ein Geschlecht haben – erfahren Sie, wie sie bereits heute an den Technologien von morgen arbeitet.
Frau Donnermann, wie würden Sie einem Laien Ihren Arbeits- bzw. Forschungsalltag beschreiben?
Der Arbeitsalltag als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei uns am Lehrstuhl für Informatik V (Socially Interactive Agents) setzt sich grundsätzlich aus drei unterschiedlich großen Teilen zusammen: Forschung, Lehre und Verwaltung. Die Forschung nimmt dabei normalerweise den größten Teil ein. Neben der üblichen Literaturarbeit beinhaltet das bei uns vor allem die Durchführung von Studien, welche zunächst konzipiert werden müssen. Dann folgt mein Lieblingsteil: das Programmieren der Roboter. Wir forschen speziell zu sozialen Robotern, welche auf die natürliche Kommunikation mit Menschen spezialisiert sind, z. B. durch Sprache, Gestik oder Mimik und somit in vielen sozialen Bereichen eingesetzt werden können. In meinem Fall ist es der Bildungsbereich und ich erstelle meist robotergestützte Lernumgebungen. So gibt zum Beispiel unser Roboter Pepper regelmäßig Nachhilfestunden für Studierende unserer Vorlesung, die fast restlos ausgebucht sind. Diese evaluieren wir dann nebenbei, werten die Daten aus und versuchen so, den positiven Einfluss des Roboters auf den Lernerfolg immer weiter zu verbessern. Die Ergebnisse publizieren wir oftmals auf internationalen Konferenzen.
Ein weiterer großer Teil meines Arbeitsalltages ist auch die Lehre. In den Semesterferien werden Abgaben korrigiert und neue Lehrveranstaltungen konzipiert, unter dem Semester halte ich Veranstaltungen verschiedener Formate wie Seminare, Übungen oder Projekte.
Ein etwas kleinerer Teil macht die Verwaltung aus. Das beinhaltet Tätigkeiten wie die Lehrorganisation und damit einhergehende Planung von Veranstaltungen, Räumen und Prüfungen, aber auch die Pflege unserer Webseite und die Verwaltung der Roboter, wie Neuanschaffungen oder Reparaturen.
Was fasziniert Sie besonders an Ihrem Forschungsfeld?
Man forscht direkt an einer Technologie der Zukunft. Aktuell sind soziale Roboter kaum verbreitet, geschweige denn bekannt. Das wird aber voraussichtlich in 20-30 Jahren ganz anders aussehen. Jetzt schon daran zu forschen, wie diese Roboter gestaltet sein müssen, um Menschen bestmöglich zu unterstützen finde ich sehr spannend. Auch motiviert mich der Gedanke sehr, an etwas zu forschen, was viele Menschen in der Zukunft unterstützen und deren Alltag vereinfachen wird. Wichtig ist uns dabei immer zu betonen, dass der Roboter niemandem den Arbeitsplatz wegnehmen, sondern vielmehr nicht vorhandene Arbeitskräfte ersetzen soll – und die vorhandenen damit unterstützen kann. Hinter dieser Idee und dem Potential sozialer Roboter, unseren privaten und beruflichen Alltag zu erleichtern, stehe ich persönlich zu 100 Prozent.
Wie ist es, bauen Sie – wenn Sie lange mit einem Roboter ‚zusammenarbeiten‘, eine Art Beziehung auf?
Ich würde die Frage eher verneinen. Grundsätzlich ist es bei der Mensch-Roboter Interaktion in manchen Einsatzbereichen wünschenswert, dass eine Art Beziehung aufgebaut wird. Beispielsweise beim Lernen kann diese nämlich förderlich für den Lernprozess sein. Als Wissenschaftlerin, die die Roboter selbst programmiert und genau in diesem Bereich forscht, ist man über die psychologischen Prozesse dahinter allerdings gut aufgeklärt und hat daher eine etwas nüchternere Sichtweise darauf. Trotzdem erwischt man sich manchmal dabei, wie man den Roboter vermenschlicht und beispielsweise unbewusst mit ihm spricht ;-)
Haben Sie einen Lieblingsroboter und wenn ja, warum?
Ich arbeite am liebsten mit dem Roboter Pepper. Das liegt aber tatsächlich eher an den technischen Möglichkeiten, die der Roboter bietet und weniger an emotionalen Gründen.
Haben die Roboter eigentlich ein Geschlecht?
Die meisten Roboter sind eigentlich vom Hersteller so designt, dass sie geschlechtsneutral sind. Dennoch gibt es Tendenzen, sie einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen, was aber meistens sehr subjektiv ist. Zum Beispiel ist unser Roboter Pepper für mich und die Kolleginnen weiblich, was wieder ein bisschen für die unbewusste Vermenschlichung des Roboters spricht. Die Wahrnehmung des Geschlechts kann man für Studien zum Beispiel mittels Stimme, dem Namen und genderstereotypischen Accessoires (z.B. Krawatte für männlich oder Tuch/Ohrringe für weiblich) manipulieren und so den Einfluss von Genderstereotypen untersuchen.
Interview: Michaela Thiel