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Prof. Martin Stadler, Lehrstuhl für Ägyptologie

03.04.2018

Im November findet das nächste Alumni-DAAD-Projekt 'EU-Nachbarschaftsforum Ägypten' statt, auf das wir Sie schon einmal einstimmen möchten. Befragt haben wir deshalb Prof. Martin Stadler, er ist Lehrstuhlinhaber des Faches Ägyptologie an der Universität Würzburg.

Foto: Privat

Prof. Stadler, wann hat sich bei Ihnen die Faszination für die Ägyptologie manifestiert?

Das kann ich Ihnen genau sagen - diese hat schon in der Grundschule begonnen. Im Religionsunterricht hat mich im Kapitel 'Joseph in Ägypten' weit mehr als Joseph das Thema Ägypten fasziniert. Besuche im Ägyptischen Museum in München, wo ich aufgewachsen bin, haben meine Faszination weiter genährt und so hatte ich das Glück schon als Sechsjähriger zu wissen, was ich später machen möchte (lacht).

 

Sie sind dann auch wirklich Ägyptologe (und sehr jung) Professor geworden. Hat sich das Fach im Laufe Ihrer Berufserfahrung geändert?

Allein durch den Umstand, dass alle Lehrstuhlinhaber, die zu meiner Studienzeit das Fach in Deutschland prägten, in den letzten Jahren in den Ruhestand gegangen sind, ist es zu einer personellen und schwerpunktmäßigen Neugestaltung gekommen. Zum Beispiel war  bis vor einigen Jahren der Kontakt zwischen der Universitätsägyptologie und Ägypten auf wenige Standorte beschränkt oder auf einzelne persönliche Kontakte beschränkt. Feldprojekte wurden hauptsächlich von den großen ägyptischen Museen in Deutschland und natürlich dem Deutschen Archäologischen Institut in Ägypten betrieben.

Heute gibt es nahezu keine Universitätsägyptologie mehr ohne Feldprojekt in Ägypten. Ich bin vor sechs Jahren berufen worden und mein Lehrstuhl unterhält aktuell zwei, bald dann drei Feldprojekte in Ägypten. Dann habe ich in unserem DAAD-Projekt mit meinem Kollegen in der Museologie, Prof. Fackler, einen dualen Studiengang mit der Helwan University in Kairo im Bereich Museum Studies aufgebaut. Mit diesem Projekt gehen wir nach drei Jahren nun in die zweite Förderphase gehen und konnten letzten Sonntag eine gemeinsame Ausstellung im renommierten Ägyptischen Museum am Tahrirplatz in Kairo eröffnen. Diese wird in diesem Jahr vielleicht auch in Würzburg zu sehen sein.


Gibt es Trends in Ihrem Fach?

Ja, aber Würzburg war in unserem Fach eher so etwas wie ein Trendsetter, bzw. hat eine Richtung als traditionellen Schwerpunkt, der heute als wesentliches Gebiet der Ägyptologie anerkannt ist, aber früher als abseitig angesehen wurde. Ich spreche von der Demotistik.

Hier geht es um die Erforschung von Texten in demotischer Schrift und Sprache (die vorletzte Sprachstufe des Ägyptischen vor der koptischen Sprache, danach ist das Ägyptische ausgestorben). Es handelt sich aber auch um eine Kursivschrift, die zwischen etwa 650 vor und 450 nach Christus verwendet wurde und deren Erforschung eben ein traditioneller Schwerpunkt in Würzburg ist. Allgemein ist sie inzwischen in unserem Fach von einem Rand- zu einem Kerngebiet avanciert.

 

Welche Rolle spielt der politische Bereich?
Eine wichtige auf mehreren Ebenen: Erstens hat die Politik auf unsere Arbeit im Land natürlich direkten Einfluss, ob wir dort arbeiten können oder nicht. Zweitens kommen die Mittel für DAAD-Projekte vom Auswärtigen Amt. Das Ziel ist es, die Zivilgesellschaft im arabischen Raum zu stabilisieren.

Ägypten ist der bevölkerungsreichste Staat im arabischen Raum und es liegt im ureigensten Interesse Deutschlands und Europas, dass Ägypten sich positiv entwickelt. Gleichzeitig ist es ein Land, das mit der ersten Staatsbildung im modernen Sinne um 3000 vor Christus mit somit etwa 5.000 Jahren die längste Staatlichkeitstradition überhaupt hat. Zwei Punkte, die zu einem originären Interesse an Austausch und Zusammenarbeit führen.

 

Welches berufliche Erlebnis hat Sie besonders 'geflasht'?
Ich forsche seit etwa 20 Jahren an einem unetymologisch geschriebenen, demotischen Ritualtext, also einer Sammlung von Sprüchen, die Priester während der Ausübung von Kulthandlungen rezitierten. Die Edition mit Übersetzung und Kommentar möchte ich in diesem Jahr abschließen. Aber die Entzifferung ist wirklich wahnsinnig schwierig. Wenn ich hier Passagen übersetzen kann und dann auch noch Parallelen in anderen Texten finde, die meine Übersetzungen bestätigen, dann sind das sogar richtig große Glücksmomente.

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