Dr. Jörg Zeuner, WIWI, KfW-Bankengruppe
07.04.2014Aktuell: Chefvolkswirt Studium: Wirtschaftswissenschaften
Auslandserfahrungen machen und sich in mehrere Themen einarbeiten: Das empfiehlt der Volkswirt und Uni-Alumnus Dr. Jörg Zeuner allen Studierenden für ihre Karriereplanung.
Jörg Zeuner hat mit dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Würzburg angefangen und es dann an der Universität Glasgow in Schottland fortgesetzt und abgeschlossen. Zur Promotion im Fach Volkswirtschaftslehre kam er nach Würzburg zurück, sein Doktorvater hier war der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Seit 2012 ist Zeuner Chefvolkswirt der staatlichen KfW-Bankengruppe und dort Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung.
Herr Zeuner, die KfW ist eine Förderbank. Was kann man sich darunter vorstellen?
Eine Förderbank gleicht Marktversagen aus. Zum Beispiel, indem sie langfristige Kredite an Kunden vergibt, die normalerweise keinen Kredit bekommen oder nur zu teuren Konditionen. Das betrifft etwa kleine Mittelständler, die in der Regel niedrige Kreditvolumina benötigen, was ihrer Hausbank weniger Ertrag einbringt.
Oder auch Gründer, deren Erfolgsaussichten wegen der ja fehlenden Vorgeschichte von der Hausbank nur schwer beurteilt werden können. Wir erleichtern es den Banken und Sparkassen, solche Kredite doch auszugeben, indem wir uns an der Finanzierung beteiligen oder in manchen Fällen einen Teil des Kreditausfallrisikos übernehmen. Darüber hinaus helfen wir, gesellschaftlich relevante Ziele zu erreichen. Wir unterstützen zum Beispiel Hausbesitzer bei der energetischen Sanierung ihrer Immobilien.
Sie haben bei Professor Peter Bofinger promoviert. Heute sind Sie selbst Experte, und Ihre Meinung zu volkswirtschaftlichen Fragen wird von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Was ist das für ein Gefühl?
Das bringt vor allen Dingen Verantwortung mit sich. Ich versuche daher, das Machbare im Auge zu behalten und keine unrealistischen Visionen zu entwerfen. Daher orientiere ich mich in meiner Arbeit auch an der Realität und den Erfahrungen, die ich während meiner langen Zeit beim Internationalen Währungsfond sammeln durfte. Ich freue mich natürlich auch darüber, wenn meine Meinung gefragt ist.
Im September 2012 haben Sie den Posten des Chefvolkswirtes der Staatsbank KfW übernommen. Welchen Herausforderungen steht die KfW aktuell gegenüber?
Deutschland muss sich einer Reihe von Herausforderungen stellen. Neben der Globalisierung sind das vor allem der demografische Wandel und der Umbau der Energieversorgung. Europa braucht eine krisenfestere Architektur, und an deren Aufbau muss sich Deutschland beteiligen.
Die KfW stellt mit ihren Angeboten für Unternehmen, Kommunen, Studierende und Hausbesitzer wichtige Finanzierungsinstrumente zur Bewältigung dieser Aufgaben zur Verfügung. Wir waren in der Krise auch eine wichtige Stütze der deutschen Kreditwirtschaft. Jetzt hat die KfW ein großes Interesse, dass Europa schnell wieder seine Stärke zurückgewinnt. Wir können uns dann neuen, langfristigen Aufgaben stellen.
Was raten Sie unseren Studenten und Absolventen, wenn diese sich auch für eine Karriere im Bereich der Volkswirtschaftslehre interessieren? Was war für Ihren eigenen Karriereweg hilfreich?
Mir hat es sehr geholfen, im Ausland zu leben und zu studieren und neben dem Studium sehr verschiedene Aufgaben zu übernehmen. Ich war etwa für die deutsche Handelskammer in Korea und für die Weltbank in Äthiopien.
Ich finde es gut, wenn sich Studenten, die sich bei mir bewerben, in mehrere Themen eingearbeitet haben, etwa in die Kapitalmärkte und die Entwicklungsökonomie oder in die Ökonometrie und die Geldpolitik.
Zu guter Letzt: Warum haben Sie sich nach Ihrem Studium in Schottland für Würzburg entschieden? Und was ist Ihre schönste Erinnerung an Ihre Promotionszeit in Würzburg?
Ich hatte mein Studium in Würzburg begonnen und habe sehr schöne Erinnerungen sowohl an die Anfangszeit als auch an die Promotionszeit. Mit Professor Bofinger habe ich eine spannende Frage bearbeitet – das Verhalten der Devisenhändler großer Banken.
Außerdem hat mir die Fakultät damals ermöglicht, die erste wirtschaftswissenschaftliche Promotion in englischer Sprache vorzulegen. Den hohen Freizeitwert Frankens und Würzburgs schätze ich noch heute.
Vielen Dank für das Gespräch!