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Dr. Jürgen Lenssen, Theologie, Bistum Würzburg

08.12.2014

Aktuell: 2017 Rücktritt als Domkapitular und Leiter der Hauptabteilung Kunst, Zur Zeit des Interviews: Theologe, Domkapitular & Kunstreferent, Studium: Theologie, Kunstgeschichte & Volkskunde

Obermeier/ Museum am Dom, Jürgen Lenssen
Foto: Privat

Was arbeiten Absolventen der Universität Würzburg? Um den Studierenden einige Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Leiterin des Alumni-Büros, ausgewählte Ehemalige befragt – diesmal den Theologen Dr. Jürgen Lenssen, Domkapitular und Kunstreferent des Bistums Würzburg.

Jürgen Lenssen wurde am 11. Mai 1947 in Mönchengladbach geboren. Er studierte ab 1966 Theologie, Kunstgeschichte und Volkskunde vornehmlich an der Uni in Würzburg sowie in Münster und Osnabrück, wo er auch zum Priester geweiht wurde. Später promovierte er in der Theologie an der Uni in Würzburg. Seit 1989 ist Lenssen Kunstreferent des Bistums Würzburg und Direktor der diözesanen Museen. 2007 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2009 den Kulturpreis der Stadt Würzburg sowie in der Folge etliche weitere Kulturpreise. Er konzipierte und leitete unter anderem die Renovierungen des Neumünsters und des Doms in Würzburg.



Herr Dr. Lenssen, woran denken Sie am liebsten, wenn Sie an Ihre Studienzeit in Würzburg zurück denken?

In den beiden Fakultäten, die ich erleben durfte, herrschte unter den Studierenden und mit den Professoren ein sehr menschliches Klima, das von befruchtender Nähe geprägt war, sei es in den Seminaren, sei es in den Instituten, sei es in den vielen Begegnungen auch außerhalb der Unimauern.



Sie haben Theologie, Kunstgeschichte und Volkskunde studiert – warum haben Sie sich für diese Fächerkombination entschieden?

Zum einen wollte ich Priester werden, zum anderen hatte ich immer schon eine Beziehung zur Kunst. In seiner Suche nach einer Begegnung mit seinem Gott griff der Mensch immer auf die Werke und Sprache der Kunst zurück. Religion und Kunst sind eng miteinander verwoben. Dieser oft spannungsreichen Beziehung nachzugehen - einschließlich der Volkskunst -, reizte mich.



In Ihrer Arbeit verknüpfen Sie die Theologie und die Kunst. Wie kam es dazu und wie können wir uns Ihren Arbeitsalltag vorstellen?

Gestaltungen von nicht nur katholischen Sakralräumen, Ausstellungen, Ausbau der Kunstsammlung des Bistums, Museumsdidaktik und Führungen wie auch Vorträge und Veröffentlichungen zum Verhältnis von Religion und Kunst gehören zu meiner Arbeit, besonders hervorheben möchte ich aber den intensiven Kontakt mit Künstlerinnen und Künstlern sowie die Begegnung mit Menschen bei den Führungen.



Sie waren – auch konzeptionell – zuständig für die Renovierung des Neumünsters und des Würzburger Doms. Was war die größte Herausforderung bei diesem Großprojekt?
Was ist aus Ihrer Sicht besonders gelungen?


Bei der Konzeption stand bei allen Neugestaltungen von Kirchenräumen auch beim Neumünster und beim Dom neben den denkmalpflegerischen Aufgaben für mich die Zielvorgabe im Raum, ihm jegliche Musealität zu nehmen. Mit der Einbringung von zeitgenössischen Kunstwerken - gleichsam als Fortschreibung der überkommenen künstlerischen Ausstattung - sollen diese Räume in ihrem Gegenwartsbezug erfahren werden - und das nicht nur im Blick auf die Kunst. Ich wollte, dass auch Menschen ohne kirchliche Sozialisation die Räume als Hilfestellung für ihre Lebensreflexion annehmen. Und das wird durch ein vernehmbares Echo bestätigt.



Was meinen Sie: Kann man über Kunst streiten? Haben Sie gestritten?

Es lohnt sich nur, über Wesentliches zu streiten. Da Kunst wesentlich ist, habe ich gestritten, gerade darum, dass die zeitgenössische Kunst wahrgenommen und ihr der ihr gebührende Raum beziehungsweise die Freiheit ihrer Botschaft zugestanden wird. Kunst provoziert, das heißt, sie führt aus allen Engführungen heraus und bürstet gegen den Strich. Sie segnet nicht ab, sondern deckt auf. Da bleibt Streit nicht aus.



Was würden Sie aktuellen Studierenden raten, die einen ähnlichen Berufsweg einschlagen möchten?

Welchen Weg Studierende auch einschlagen mögen, er muss mit Leidenschaft gegangen werden. Ohne sie, ohne innere Kampfbereitschaft wird man nie die ersehnte innere Erfüllung finden. Es ist ein ständiges Ringen, was gerade für die Kunst, erst recht für unsere Gottesbeziehung gilt.



Vielen Dank für das Gespräch!
 

Von Michaela Thiel

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