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Harald Reinhart, Ausbildung am Uniklinikum, Pharmazeutische Industrie

04.10.2018

Alumnus Harald Reinhart hat am Universitätsklinikum in der Anästhesiologie, Psychiatrie und in der Inneren Medizin in der Ausbildung gearbeitet. Über 20 Jahre war er in der Pharmazeutischen Industrie tätig und ist heute in der Antibiotica Entwicklung als Chief Medical Officer bei einer chinesischen Firma tätig.

Foto: Privat

Der Mediziner hat  am Universitätsklinikum in der Anästhesiologie, Psychiatrie und in der Inneren Medizin in der Ausbildung gearbeitet. In den USA hat er seine Facharztausbildung für Innere Medizin absolviert, mit einer Spezialisierung auf infektiöse Krankheiten. Er ist Adjunct Clinical Professor (Infectious Diseases) an der Yale University School of Medicine, wo er als Attending Physician Patienten betreut. Über mehr als 20 Jahre hinweg war Reinhart in leitender Stelle in der Pharmazeutischen Industrie tätig. Unter anderem war er maßgeblich an der Entwicklung des Antibiotikums Ciprofloxacin beteiligt sowie an anti-viralen Medikamenten, beispielsweise gegen HIV, und an einem Medikament für Malaria. Aktuell ist er als Chief Medical Officer bei einer chinesischen Firma tätig. Harald Reinhart lebt mit seiner Familie in den USA und Jordanien.

Herr Professor Reinhart: Wie unterscheidet sich ihre Arbeitssituation in den USA von der in Deutschland?
Im Vergleich zu Deutschland sind die Unterschiede schon gravierend und vieldimensional. Die USA hat ein wesentlich härteres medizinisches Umfeld, welches mehr als anderswo leistungsbezogen ist und auf Technologien setzt. Eigeninitiative wird vorausgesetzt und ist absolut erforderlich. Die Qualität der Versorgung ist noch immer richtunggebend, die Ausbildung hervorragend und sehr praxisorientiert.

Und wie ist die Situation in Jordanien?
Dort sieht es ganz anders aus. Obwohl ich dort nicht als Arzt zugelassen bin, habe ich doch viele Einblicke in das Krankenhaus-System und die Versorgung gewonnen. Jordanien hat ein exzellentes Versorgungsnetz; viele Ärzte sind im europäischen Ausland oder in den USA ausgebildet. Was fehlt, sind qualitative hochstehende Ausbildungsangebote für junge Ärzte, und es mangelt an Forschungseinrichtungen, wie wir sie in Deutschland – und noch mehr in den USA – an den Universitäten haben.

Wie können wir uns Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
Ich bin seit 25 Jahren im Klinikdienst bei Yale und dort mit der ambulanten Betreuung von stationären und ambulanten Patienten befasst. Ich werde von Kollegen als ID Consultant für kompliziertere Fälle hinzugezogen. Wie vielerorts heutzutage haben auch wir Probleme mit multiresistenten Keimen, und wir werden mit komplexen diagnostischen Fragen, beispielsweise bei immunsupprimierten Patienten, konfrontiert. Ich arbeite dabei regelmäßig mit Krankenhaus-Hygienikern und Mikrobiologen zusammen. In meinem Team sind auch Medizinstudenten und Kollegen in der Facharztausbildung. Didaktischer Unterricht und Vorträge sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Aufgaben.

Und was sind Ihre Aufgabe bei Allphase Pharma Consulting?
Meine Beratertätigkeit als Chef von Allphase Pharma Consulting ist breitgestreut. Wir sind mit Projekten in aller Welt befasst, von der frühen Phase in Forschung und der frühen klinischen Entwicklung bis hin zur Einreichung bei Registrierbehörden. Wir sind spezialisiert auf die Entwicklung neuer Antibiotika und beraten und unterstützen Firmen operativ und strategisch, die sehr teure Entwicklungsarbeit kosteneffizient und erfolgreich durchzuführen.

Das klingt so, als schaden Kenntnisse der Wirtschaftswissenschaften dabei nicht.
Sie haben Recht: Ein gutes Verständnis der geschäftlichen Aspekte wird immer wieder gebraucht und geschätzt. Leider ist dies ist ein Gebiet, das von vielen Medizinern vernachlässigt wird. Die Kostenstrukturen sind in den meisten Ländern noch sehr undurchsichtig, und nur der niedergelassene Arzt sieht sich auch als Geschäftsmann in eigener Sache. Für Pharmaforschung, Gesundheitseinrichtungen, die Arzneimittel-Industrie und Apotheker, Registrierbehörden, Versicherungsträger, Investoren und finanzielle Institute dreht sich doch letztlich alles um Kosten, Rendite und Effizienz.

Wie haben Sie sich diese Kenntnisse angeeignet?
Ich hatte Gelegenheit, bei verschiedenen Business Schools in den USA Kurse zu belegen, die dort speziell für Pharma Executives angeboten werden. Ähnliche Institutionen gibt es auch in Europa, und ich kann nur empfehlen, ein gutes Verständnis für die finanziellen Aspekte des Medizingeschäfts zu erwerben.

Was gefällt Ihnen am Leben und Arbeiten in Jordanien?
So vieles hier ist anders als man es in den Nachrichten zu hören bekommt. Jordanien ist ein relativ armes Land, ohne größere Industrie, aber mit vielen jungen Menschen, die Arbeit suchen. Die Alterspyramide ist folglich das Gegenteil von der in den meisten europäischen Staaten, in denen der Anteil der älteren Bevölkerung kontinuierlich wächst. Es ist einfach schön, in einer Umgebung zu sein, die noch im Aufbau begriffen ist, wo nichts stagniert, und wo weniger reglementiert ist. Ich bin mir aber auch der Nachteile bewusst, die ein Leben in einem Entwicklungsland mit sich bringt, das ist nicht für jeden.

Können Sie denn dort gut arbeiten?
Jordaniens Hauptstadt Amman hat eine zentrale Lage im Mittleren Osten, gute Verkehrsverbindungen in alle Welt, einen modernen Flughafen und Internet fast an jedem Ort. Insofern kann ich meine Geschäftskontakte von hier aus ebenso effizient führen wie von Boston, New York oder Berlin. Übrigens: Deutschland wird in Jordanien sehr verehrt als ein Land, in dem man sowohl eine gute Ausbildung als auch ein anständiges Einkommen erwerben kann.

Und was gefällt Ihnen am Leben und Arbeiten in den USA?
Ich bin überzeugt davon, dass die medizinische Ausbildung nirgendwo besser ist als an den US-Universitäten, die in allen Ranglisten der Welt noch immer ganz weit oben sind. Die Ausbildung in den USA ist zwar teuer, dafür haben aber die Studierenden im Gegenzug mehr Mitspracherecht auf Ausbildungsinhalte, können von den Dozenten mehr Lehrzeiten einfordern, auf Qualität bestehen und haben Zugang zur Klinikleitung. Dies bewirkt, dass Ausbildung wirklich auch von allen Beteiligten ernst genommen wird. Es geht sehr intensiv zu, und das macht Spaß. Es bewegt sich.

Und das Leben neben der Arbeit?
Das Leben ist bestimmt hektischer; Work-Life-Balance ist mit deutschen Verhältnissen nicht vergleichbar und auch schwer aus deutscher Sicht zu akzeptieren. Dies beruht auf dem total anderen kulturellen Ansatz, dem man in den USA begegnet. Aber das ist ein Thema für sich.

Warum haben Sie sich auf Infektionskrankheiten spezialisiert?
Infektiologie ist meiner Meinung nach das intellektuell stimulierendste Gebiet in der Medizin. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich unser Gebiet sehr erweitert, man kommt aus dem Lernen nicht heraus. Das ist einerseits begründet in der Vielzahl neuentdeckter Keime – denken Sie nur an Helicobacter, HIV, und Hepatitis – aber auch in neuen therapeutischen Verfahren, die nur unter Antibiotika-Schutz denkbar sind. Wir sehen heute keine Billroth-Operationen mehr bei einem Magengeschwür, und Aids-Patienten haben eine fast normale Lebenserwartung. Immunsuppression, Transplantation, chirurgische Prothetik, Frühgeburten: Das alles sind Gebiete, die auf eine Kontrolle von Infekten angewiesen sind oder hierdurch erst möglich wurden. Zum anderen leben wir in einer Zeit, in der die Schnelldiagnostik riesige Fortschritte macht. Die neuen molekularen Methoden der spezifischen Keimentdeckung inklusive Resistenzprofil werden unser Gebiet auch in Zukunft stark verändern.

An welche Begebenheit aus Ihrer Würzburger Zeit erinnern Sie sich besonders gerne?
Viele meiner Würzburger Professoren habe ich noch in sehr guter Erinnerung; ich verdanke ihnen viel. So bin ich noch immer beeindruckt von Professor Seeliger, dem langjährigen Leiter der Mikrobiologie und Hygiene, der mich für sein Gebiet begeistert hat. Ich bin auch stark von den Professoren Bauereisen und Henschler in der Physiologie und Pharmakologie-Toxikologie beeinflusst worden, zwei ausgezeichneten Lehrern, deren Hingabe zu ihrem Fach mich tief beeindruckt hat. Ich denke auch gerne zurück an Professor Franke und seine mitreißenden Vorträge in der Medizinischen Poliklinik, einem Kliniker, der sich der Lehre verpflichtet fühlte.

Sind Sie mit dem Thema „Alumni“ in Yale in Berührung?
Nur indirekt und eher peripher. Da ich meine Medizin-Ausbildung in Würzburg abgeschlossen habe, war die Uni Würzburg für mich immer „meine“ Alma Mater, worauf ich auch immer stolz hingewiesen habe, wo immer ich war.

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