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Lilian Nassi Calò, Chemie & Biochemie, WHO São Paulo

03.08.2015

Aktuell: Koordinatorin für wissenschaftliche Kommunikation Studium: Chemie und Biochemie

Lilian Nassi Calò, Koordinatorin für wissenschaftliche Kommunikation und ehemalige Humboldt-Stipendiatin (Foto: Privat)

Sie ist Brasilianerin, Chemikerin und ehemalige Humboldt-Stipendiatin der Uni Würzburg. Jetzt arbeitet Lilian Nassi Calò im Gesundheitsbereich. In ihrer Heimat bereitet sie wissenschaftliche Informationen so auf, dass sie der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehen.


Dr. Lilian Nassi Calò hat in ihrer Heimat Brasilien Chemie und an der Universität von São Paulo in Biochemie promoviert. Nach ihrer Promotion kam sie für zwei Jahre als Humboldt-Stipendiatin an die Universität Würzburg. Anschließend arbeitete sie an ihrer Heimatuniversität und in der Chemieindustrie, bevor sie Koordinatorin für wissenschaftliche Kommunikation im medizinischen Bereich am Zentrum für wissenschaftliche Information im Gesundheitsbereich für Lateinamerika und Karibik (BIREME), einem Fachzentrum der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation und der Weltgesundheitsorganisation WHO in São Paulo wurde.

 


Frau Calò, wenn Sie an Ihre Zeit in Würzburg denken, woran erinnern Sie sich dann?

Es war eine wundervolle Zeit für mich, beruflich und privat. Ich habe die Atmosphäre in den beiden Instituten, in denen ich gearbeitet habe, dem Institut für Toxikologie und dem Institut für Organische Chemie, sehr genossen. Mein Betreuer war Professor Waldemar Adam vom Institut für Organische Chemie. Meine Aufgabe war es, synthetische Stoffe, die von der Arbeitsgruppe Adam entwickelt worden waren, in Zellkulturen im Institut für Toxikologie zu testen. Dabei habe ich sehr viel von beiden Arbeitsgruppen gelernt. Außerdem habe ich sehr gerne in einer so schönen Stadt wie Würzburg gewohnt. Ich hatte auch die Möglichkeit sehr viel zu reisen und so Deutschland und ein paar Nachbarländer besser kennen zu lernen. In dieser Zeit habe ich etliche gute Freunde gefunden, zu denen ich noch heute engen Kontakt habe.

 


Und warum haben Sie sich damals für Würzburg entschieden?

Mein Doktorvater in Brasilien, Professor Cilento, der inzwischen leider verstorben ist, kannte Professor Adam durch gemeinsame Projekte. Während eines Besuchs von Professor Adam in unserem Labor habe ich ihn auf einen Kaffee in unsere Cafeteria eingeladen. Während unseres Gesprächs diskutieren wir auch einige Punkte meiner Dissertation. Er schlug mir vor, nach der Fertigstellung meine Arbeit nach Würzburg zu kommen, und zum Glück stimmte ich zu. Später bewarben wir uns für ein Humboldt-Stipendium, das dann auch für einen Zeitraum von neun Monaten gewährt wurde. Danach wurde es zweimal verlängert, so dass ich insgesamt zwei Jahre in Deutschland bleiben konnte. Diese zwei Jahre waren zwei der glücklichsten Jahren meines Lebens.

 



Hat sich die Würzburger Uni von Ihrer Heimatuniversität unterschieden?

Die Universität Würzburg ist mehr als 600 Jahre alt – im Gegensatz zu meiner Heimatuniversität USP, einer der größten und wichtigsten Universität Brasiliens, die erst 1984 gegründet wurde. Beeindruckt haben mich auch die vielen, gut ausgestatteten Labore und die vielen Doktoranden und Post-Doktoranden aus der ganzen Welt – China, Indien, USA, Griechenland, Italien, Argentinien, Brasilien, Großbritannien und natürlich Deutschland –, die dort arbeiteten. Gut gefallen haben mir auch die wöchentlichen Besprechungen unserer Projekte und die Diskussion unserer Ergebnisse. Dabei trafen sich bis zu 25 Personen, alle an einem riesigen Tisch, für ergiebige und bisweilen lebhafte Diskussionen.

 



Jetzt sind Sie Koordinatorin für wissenschaftliche Kommunikation im medizinischen Bereich. Wie können wir uns Ihre Arbeit vorstellen?

Hauptsächlich arbeite ich an Forschungsartikeln, Regierungsdokumenten, Monographien und anderen wissenschaftlichen und fachlichen Informationsquellen aus ganz Lateinamerika und der Karibik. Schließlich spielen Information und Wissen eine wesentliche Rolle für die Gesundheit der Bevölkerung. Daher ist es unsere Aufgabe, die besten wissenschaftlichen und fachlichen Informationen auszuwählen und für Fachleute, Forscher, Studenten, Politiker und anderen Interessensgruppen aus dem Gesundheitsbereich zusammenzustellen. Auch für die Bevölkerung erstellen wir, basierend auf den Forschungsergebnissen, Material, um bei Gesundheitsfragen zu helfen. Und wir organisieren Kurse und Seminare und arbeiten dafür mit Autoren und wissenschaftlichen Redakteuren zusammen. Ziel ist es, die wissenschaftliche Kommunikation und regionale Fachzeitschriften zu stärken.

 


Die WHO ist in vielen Ländern durch regionale Institutionen vertreten, wie etwa dem Zentrum für wissenschaftliche Information im Gesundheitsbereich für Lateinamerika und Karibik, an dem Sie arbeiten. Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Jedes Land in Amerika hat eine eigene PAHO-Niederlassung, eine Niederlassung der Pan American Health Organization. BIREME ist keine dieser WHO-Repräsentationen, die Niederlassung der WHO befindet sich in der Hauptstadt Brasiliens. BIREME ist allerdings auch ein Fachzentrum. Unser Fokus liegt auf der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen zur Information und Wissensvermittlung im Gesundheitsbereich zugunsten von allen Ländern dieser Region. Darüber hinaus entwickeln wir gezielt Projekte mit dem Ministerium für Gesundheit der brasilianischen Regierung und auch zusammen mit fast jedem anderen Land der Region.

 


Was bedeutet das konkret?

Zum Beispiel haben wir „SciELO“ entwickelt, eine frei zugängliche Plattform für wissenschaftliche Artikel mit höchster Qualität. Dort sind über 1.000 Fachzeitschriften mit Creative-Commons-Urheberrechtslizenz im Volltext für jedermann zugänglich, sowie eine Auswahl an eBooks. Weitere Bestandteile sind eine virtuelle Gesundheitsbibliothek, ein Netzwerk von 115 Einrichtungen, die wissenschaftliche und fachliche Informationen maßgeschneidert für bestimmte Zielgruppen anbieten – sortiert nach Nationen, Regionen und Themen. Und etliches andere mehr.

 


In Brasilien läuft gerade die Fußball-Weltmeisterschaft. Interessieren Sie sich dafür?

Ich bin nicht wirklich ein großer Fußballfan, aber mein Sohn dafür umso mehr. Er sieht sich viele Spiele an und spielt auch selbst in der Universitätsmannschaft. Aber ich werde mir sicherlich auch ein paar Spiele ansehen und mit meinen Freunden zusammen jubeln und Spaß haben.

 


Die WM zieht auch viel Kritik auf sich. Wie sehen Sie das?

Ich bin ein wenig besorgt über die Vorbereitung einer solchen Veranstaltung, die mein Land als Gastgeber vornehmen muss, wie beispielsweise den Ausbau der Infrastruktur. Wir sind nicht gerade die bestorganisierten Menschen in der Welt. Aber ich hoffe, dass wir jeden Besucher von unserer besten Seite willkommen heißen werden. Und im Gegenzug, dass die Besucher unsere Anstrengungen zu schätzen wissen.

 


Ihr Tipp fürs Finale? Wer gewinnen wird?

Das weiß nur Gott allein, aber ich werde natürlich Brasilien anfeuern.

 


Vielen Dank für das Gespräch!

Von Michaela Thiel

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