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Prof. Jürgen Deckert, Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

24.05.2018

Prof. Jürgen Deckert ist Leiter der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Die menschliche Psyche ist komplex und in Würzburg wird deshalb eng mit anderen Fachdisziplinen kooperiert. Unter anderem auch, um im neuen Feld der Epigentik und wachsenden Bereich der Angstforschung zu grundlegenden Erkenntnissen zu kommen.

Foto: Privat

Welche psychischen Krankheiten werden in Ihrer Klinik behandelt?
Das Würzburger Zentrum für Psychische Gesundheit vereint Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater und Psychologen des Universitätskrankenhauses und der Universität und kooperiert eng mit anderen medizinischen Fachdisziplinen. Durch diese enge interdisziplinäre Zusammenarbeit können auf Schwerpunktstationen und in Spezialambulanzen therapeutische Angebote für das gesamte Spektrum psychischer Erkrankungen angeboten werden.

Neu sind die Mutter-Kind-Sprechstunde in Zusammenarbeit mit der Frauenklinik, die transgenerationale Chromosom 22q11.2 Deletionssyndrom Spezialambulanz in enger Zusammenarbeit zwischen Kinder-und Jugendpsychiatrie und Erwachsenenpsychiatrie und ein umfassendes Angebot zur Behandlung von Angsterkrankungen im Rahmen des deutschlandweit einzigartigen Interdisziplinären Zentrums für Angsterkrankungen.
 

Welche neue Entwicklung der letzten Jahre halten Sie besonders wichtig?
Besonders wichtig ist meines Erachtens die Entwicklung sich zunehmend der Vorbeugung oder Prävention von psychischen Erkrankungen zu widmen statt sich ausschließlich auf ihre Behandlung zu konzentrieren.

Dies ist besonders wichtig im Bereich der Angsterkrankungen, die in der Regel in der Kindheit und Jugend beginnen und Vorläufererkrankungen für Depressionen oder Suchterkrankungen sind. Hier das Würzburger Zentrum für Psychische Gesundheit mit seinem Zentrum für Angsterkrankungen national und international ein Vorreiter.

Was fasziniert Sie besonders an Ihrer Forschung?
Psychische Erkrankungen sind in ihrer Entstehung komplex. Neben biologischen Faktoren spielen psychologische und soziale Faktoren eine grosse Rolle. Dies erfordert einen ganzheitlichen und interdisziplinären Ansatz in enger Zusammenarbeit von Ärzten, Psychologen und Biologen. Gerade die Schnittstelle zwischen biologischen Faktoren und psychosozialen Faktoren ist besonders faszinierend.

Hier eröffnet das neue Forschungsgebiet der Epigenetik , das die Interaktion zwischen Genen und Umweltfaktoren untersucht, ein völlig neues Verständnis der Entstehung psychischer Erkrankungen und ihrer Behandlung. Im Bereich der Angsterkrankungen konnten durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit am Zentrum in den letzten Jahren grundlegende Arbeiten hierzu von Wissenschaftlern des Zentrums vorgelegt werden.

Sie veranstalten regelmäßig wissenschaftliche Tagungen für Psychiater und Psychotherapeuten, die dafür aus unterschiedlichsten Ländern nach Würzburg gereist kommen. Inwieweit spielen kulturelle Spezifika in Ihrem Fach eine Rolle?
Die biologischen Grundlagen psychischer Erkrankungen sind weltweit gleich, unterschiedlich sind die kulturell geprägten psychosozialen Grundlagen. Hier gibt es Unterschiede. Internationale Forschung zu psychischen Erkrankungen in internationalen Konsortien wie den Psychiatric Genomic Konsortien und den Enigma Konsortien fokussiert daher auf biologische Aspekte psychischer Erkrankungen.

Kulturelle Aspekte werden primär im nationalen Rahmen untersucht, bekommen aber gerade auf dem Hintergrund der grossen Migrationsbewegungen eine immer grössere Bedeutung. Ein bekanntes Beispiel für Fehlinterpretationen liefert die Empathieforschung, also die Forschung zur Fähigkeit zur Anteilnahme. Nach Anwendung und Auswertung westlicher Fragebögen sind Asiaten weniger empathisch. Dies ist aber ein Artefakt, da Asiaten Empathie und allgemein Gefühle anders zeigen als Europäer oder Nordamerikaner.

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