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Alumnus Frank Stößel würdigt 100. Geburtstag von Dr. Karlheinz Deschner.

28.06.2024

Unser Alumnus Frank Stößel hat anlässlich des 100. Geburtstags von Dr. Karlheinz Deschner, einem der bedeutendsten Kirchenhistoriker des 20. Jahrhunderts, recherchiert.

Dr. Karlheinz Deschner (Foto: Evelin Frerk)

Artikel verfasst von: Frank Stößel, Mitglied im Alumni-Verein der Universität Würzburg. Frank Stößel, Sonderschulrektor a.D., Bestattungssprecher und Tee Sommelier, war im Ruhestand von 2010 bis 2014 ehrenamtlicher Lese-Opa in einer Grundschule und ist seit 2020 in einem Senioren- und Pflegeheim tätig. Darüber hinaus engagiert er sich ehrenamtlich in der Geschichtswerkstatt Alfred Eck der Stadt Aub und im Projekt Würzburg liest.

Anlässlich der 100. Wiederkehr seines Geburtstages am 23. Mai 1924 in Bamberg darf man durchaus feststellen, dass der Agnostiker und Freigeist Karlheinz Deschner ohne Zweifel mit seiner akribischen Kirchenkritik - insbesondere an der römisch-katholischen Kirche - maßgebliche Denkanstöße gegeben hat, sich nicht von der letzten absoluten Monarchie in Europa von Gottes Gnaden im persönlichen Glauben oder Nichtglauben einschüchtern zu lassen.

Ja, Karlheinz Deschner legte den Finger in zahlreiche offene Wunden der Kirche. Diese Kärrnerarbeit hatte er sich selbst zur lange angelegten Aufgabe gemacht, obwohl er vielleicht als Autor nur von Erzählungen und Romanen eine existentiell ergiebigere Karriere hätte hinlegen können. Deschner nahm die Entstehungsgeschichte des Christentums und die daraus folgenden Dogmen zuweilen gnadenlos unter die Lupe. Mit akribischer Arbeit stellte er als Historiker und Schriftsteller  die "unglaubliche Fundamente" der vatikanischen Kirche und die aus der Zeit gefallene "Kirchenstaatsverträge" im wahrsten Sinne des Wortes in Frage.

Um einiges milder versuchen das wie zur Zeit der frühen Konzile heute aufgeklärte Laien, um - vielleicht im Gegensatz zu Deschner auf das Gute in ihrer Kirche bauend - zu retten. Man versucht ebenso beharrlich wie Deschner in seinem Hauptwerk "Kriminalgeschichte des Christentums" alte Zöpfe der Kirche, die den Menschenrechten entgegen stehen, abzuschneiden. Der agnostizistische Humanist Deschner ermutigte nach seinen schrecklichen Erlebnissen als Wehrmachtssoldat geradezu zur Zähmung übereifriger Glaubensideologien in Kirche und Gesellschaft. Nur so kann man doch für Gläubige, Anders- und Nichtgläubige im Dialog unserer liberalen Gesellschaft glaubwürdig bleiben.

Gewiss ist die offener gewordene, berechtigte Kritik an Kirche und Religion neben vielen anderen Menschen auch ein Verdienst des einst so mutigen Karlheinz Deschner. Ein Verdienst, welches ihm orthodox Gläubige noch immer nicht zugestehen wollen, was aber aus Sicht liberaler Demokratinnen und Demokraten durchaus anerkannt wird, wenn auch eher hinter vorgehaltener Hand.

Niemand hat die Weisheit für sich gepachtet. Diese Erkenntnis ist nach meiner Ansicht ein Teil des Vermächtnisses von Karlheinz Deschner, an dessen 100. Geburtstag ich heute zu würdigem Gedenken aufrufen möchte. Es lohnt sich noch immer, Karlheinz Deschners Bücher zu lesen. Wer sich für ihn besonders wegen seines Hauptwerkes "Kriminalgeschichte des Christentums" nicht nur als den bedeutendsten Kirchenkritiker des 20. Jahrhunderts interessiert, sondern auch als sprachmächtigen Schriftsteller und Literaturkritiker, dem seien diese Werke empfohlen: "Florenz ohne Sonne", "Die Nacht steht um mein Haus", "Die Rhön", "Kitsch, Konvention und Kunst".

 

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