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Vom Programmieren zur Prosa

06.03.2020

Ulrike Schäfer hat an der Universität Würzburg Germanistik studiert. Sie hat sich selbstständig gemacht und ist als Autorin in einem Trio mit zwei weiteren Alumni der JMU aktiv.

liTrio - von links: Ulrike Schäfer, Martin Heberlein, Hanns Peter Zwißler. Foto: Thomas Stadler
liTrio - von links: Ulrike Schäfer, Martin Heberlein, Hanns Peter Zwißler. Foto: Thomas Stadler (Bild: Thomas Stadler)

Frau Schäfer, wie und warum sind Sie nach Ihrem Studium zur Autorin/zur Prosadichterin geworden?

Zunächst einmal bin ich Programmiererin in einer Softwarefirma geworden und habe später freiberuflich als Softwareberaterin gearbeitet. Geschrieben hatte ich als Kind und Jugendliche, dann war das lange verschüttet, weil mich das analytische Arbeiten im Studium und später in der IT auch begeisterte. Aber etwa ab 30 merkte ich, dass etwas Entscheidendes fehlt, und machte wieder erste zaghafte Versuche. Nach und nach schrieb ich dann regelmäßiger, und irgendwann kamen die ersten ermutigenden Rückmeldungen von außen, Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Preise.

Wie gestaltet sich die Arbeit in Ihrem Trio - können Sie etwas zu den jeweiligen Stilen sagen?

Wir haben ganz unterschiedliche Themen und Stile, haben aber alle drei das gute Gefühl, dass es vom Niveau her sehr gut zusammenstimmt. Hanns Peter Zwißler schreibt v. a. Romane, die von seiner großen Fabulier- und Formulierungskunst geprägt sind. Ich bin eher die knappe, sparsame Erzählerin von atmosphärisch dichter Kurzprosa. Martin Heberlein schreibt v. a. ironische und satirische Lyrik und führt darüber hinaus mit seiner Moderation durch das Programm, das ist eine ganz wichtige Komponente bei unseren gemeinsamen Lesungen. So entsteht bei aller Vielstimmigkeit ein in sich runder Abend.

Wir treffen uns jedes Jahr vorab und besprechen das aktuelle Jahresprogramm mit neuen Texten, das geht inzwischen überraschend mühelos. Im Laufe der Jahre haben wir Erfahrung gesammelt und wissen schon sehr gut, wie viel Raum sich jeder nehmen kann und was sich eignet. Es haben sich auch feste Programmpunkte entwickelt wie Martin Heberleins „Rausschmeißer-Gedicht“ am Ende, auf die sich das Stammpublikum dann schon freut.

Aus welchen Quellen speisen Sie Ihre Inspiration/woher kommen Ihre Ideen für Texte (gibt es Trends, gesellschaftliche Entwicklungen, Erfahrungen, die Einfluss auf Ihre Arbeit haben)?

Die Ursuppe bilden oft Versatzstücke aus der Wirklichkeit: eine Begebenheit, Erinnerungen, ein Satz, den jemand sagt und der hängenbleibt. Oft verklinken sich irgendwann ganz disparate Dinge, zum Beispiel das persönliche Erlebnis eines Hausverkaufs und das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein. Das verfremdet und verwandelt sich und mündet in eine fiktive Geschichte.

Bisher habe ich dabei nicht gezielt Trends oder gesellschaftlich relevante Themen aufgegriffen. Sie fließen eher unwillkürlich im Zuge dieses Prozesses in manche Geschichten ein. Als Leser könnte man dann hinterher sagen: Aha, hier geht es um gesellschaftliche Randfiguren, hier um Magersucht, hier um Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern. Anderen Lesern fällt das vielleicht gar nicht auf, weil etwas ganz anderes für sie im Vordergrund steht. Und im Entstehungsprozess ist das so programmatisch auch nicht der Ausgangspunkt. Ich muss den Ton finden, an die Figur rankommen, vor allem an etwas, das ich für mich „den Magnetismus der Geschichte“ nenne. Es hängt nicht so sehr davon ab, was ich rein intellektuell als relevant erachte, sondern wo die erzählerische Nadel ausschlägt.

Allerdings merke ich in letzter Zeit, dass mich bestimmte gesellschaftliche Themen wie die Klimakrise oder der zunehmende Rechtsextremismus nicht nur persönlich umtreiben, sondern dass sie in Form von solchen Versatzstücken – Sätze, die jemand sagt, Gelesenes, Gehörtes – immer öfter in dieser erzählerischen Ursuppe landen. Vielleicht geht das vielen Schreibenden zurzeit so.

Haben Sie einen guten Tipp, wie man Denk- und Schreibblockaden auflösen kann?

Das Ego aus dem Weg räumen, und das auf möglichst freundliche Weise.

Viele Schwierigkeiten haben ja einfach mit dem Text zu tun und sind natürlicher und notwendiger Teil des Entstehungsprozesses. Dazu gehören auch Stopps, Irrwege und Scheitern.

Aber wenn man von Blockade spricht, ist Angst im Spiel. Die kenne ich gut. Für mich ist dann – vor allen nützlichen Techniken und Methoden – ein Gedanke hilfreich: Mein Glück und mein Selbstwert stehen nicht auf dem Spiel. Hört sich einfach an, ist aber immer wieder schwierig, gerade wenn einem das Schreiben sehr wichtig ist. Aber wenn man sich um sich selbst sorgt (was, wenn dieser Text wieder nichts wird; oh nein, ich bin schon wieder blockiert; ich finde einfach nicht den richtigen Ton; etc. pp.), dann reißt man sich selbst immer wieder an die Oberfläche, kommt gar nicht in die Tiefe, in der man an die Geschichte und die Figuren andocken könnte. Dazu muss man sich ein Stück weit selbst vergessen. Das geht am besten, wenn man von sich selbst nichts zu befürchten hat. Keine Vorwürfe, kein inneres Getöse, kein Glücksentzug.

 

liTrio feiert sein 10-jähriges Jubiläum! - Zu diesem Anlass finden Bühnenprogramme moderiert von Martin Heberlein (mit den besten Texten der letzten zehn Jahre) statt, welches musikalisch von Jazz-Saxophonist Anton Mangold abgerundet wird. Die Veranstaltungen finden am 5. März ab 19:30 Uhr in der Disharmonie Schweinfurt und am 6.März ab 19 Uhr im Kunsthaus Michel in Würzburg statt. Karten können im Vorverkauf erworben oder reserviert werden. Kartenvorverkauf bei main-lit.de.

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