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Nachruf von Prof. Dr. Siegfried Ebel

20.09.2019

Am 29. Juli 2019 verstarb Professor Ebel im Alter von 85 Jahren. Er prägte das Deutsche und Europäische Arzneibuch entscheidend mit, erfand und entwickelte viele Messtechniken – insbesondere Rechner-gestützte und bildete Hunderte von Studenten und Doktoranden in der statistischen Auswertung von Messwerten aus.

Professor Ebel hat in Marburg Pharmazie, Chemie und Lebensmittelchemie in nur 5 Jahren studiert und unter Professor Böhme mit einem eher synthetischen Thema („Über die Umsetzungen von Schiff'schen Basen mit aktiven Methylenverbindungen und mit Säurechloriden“) promoviert. Damit war für ihn die Karriere in der Synthese beendet, wie er immer wieder erzählt hat. Er hat sich umgehend der Analytik zugewandt und 1968 in Pharmazeutischer Analytik mit dem Thema „Bestimmung des Endpunktes bei registrierten potentiometrischen Titrationen“ habilitiert. Schon zu dieser Zeit erkannte er das große Potential der „Digitalisierung“ in der Analytik, was zur damaligen Zeit visionär war. Auch das Thema Reproduzierbarkeit stand sehr früh im Fokus seiner Arbeiten. Die Probleme, die heute zur vielfach diskutierten Reproduzierbarkeitskrise führten, hat Herr Ebel bereits vor 40 Jahren erkannt.


Mit seinem Arbeitsgebiet war er ein „Fremdkörper“ in dem organisch-synthetisch geprägten Marburger Institut, wurde aber umgehend zum Professor für Pharmazeutische Analytik berufen. Seine großen Kenntnisse in der Analytik haben ihm zahlreiche industrielle Aufträge beschert, mit denen er seine Forschung finanziert hat. Dies war zur damaligen Zeit so fremd für seine Kollegen, dass man ernsthaft erwogen hat, die Menge an industriellen Drittmittel pro Professur zu begrenzen. Glücklicherweise ist es dazu nicht gekommen.


Professor Ebel hat 1983 einen Ruf an die Universität Würzburg angenommen, wo er den einzigen Lehrstuhl für Pharmazeutische Analytik in Deutschland bis zu seiner Pensionierung 1999 innehatte. Seine Würzburger Jahre waren geprägt von der Arbeit für „Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis“, dessen Mitherausgeber er für viele Jahre war, aber auch von der Arbeit für das Europäische Arzneibuch, für das er zahllose Monographien bearbeitet hat. Hinzu kam eine intensive Gremienarbeit am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), zuerst in Berlin, dann in Bonn, und das European Directorate for the Quality of Medicine and Healthcare (EDQM) in Strasbourg. Auch als er schon lange keine Doktoranden mehr hatte, die die Laborarbeiten hätten erledigen können, war er am EDQM noch Berater für Instrumentelle Methoden, denn niemand kannte die Messinstrumente so genau in ihrem Aufbau, ihre Vor- und Nachteile, wie Herr Ebel.


Neben dem Analytiker Ebel gab es selbstverständlich auch den Privatmann Ebel. Ähnlich facettenreich wie sein analytisches Oeuvre, waren dabei seine Freizeitaktivitäten. Schon als Kind und Jugendlicher hat er sich für die Natur interessiert und war ehrenamtlicher Vogelwart auf einer unbewohnten Nordseeinsel. Später entwickelte er sich zum Experten in der (Arznei )Pflanzenbestimmung und führte zusammen mit der Pharmazeutischen Biologie in Würzburg zahlreiche Exkursionen durch. Bei Pflanzenbestimmungen in alpinem Gelände konnte er gleich zwei seiner Leidenschaften verbinden: botanisieren und bergsteigen bzw. bergwandern. Wenn er seiner Frau beim Erreichen einer Berghütte eine Zahl zurief, dann handelte es sich mit Nichten um die Anzahl gewanderter Kilometer, sondern um die Anzahl verschiedener Enzianarten, die er unterwegs identifizieren konnte. Die Bergsteigerei führte ihn auch mehrfach nach Nepal und einmal sogar auf einen 7000er. Die anschließende Diashow zu dieser Expedition war ein „Straßenfeger“ in der Würzburger Pharmazie. Wenn Herr Ebel nicht gerade zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs war, dann nutzte er die Bahn. Er begeisterte sich dabei nicht nur für das Original, sondern auch für einen bestimmten Maßstab einer Modelleisenbahn (Spur-N-Modelle), von dem er eine vollständige Sammlung aller Wagen und Lokomotiven besaß, die er mit hoher Präzision und Richtigkeit eines Analytikers katalogisierte. Die Sammlung ist nun im Verkehrsmuseum in Nürnberg zu besichtigen. Neben Natur und Technik, spielte auch die Musik im Leben von Herrn Ebel eine große Rolle. Er spielte mittelalterliche Instrumente und sang in einem Sextett. Fand eine Analytiker-Tagung in Würzburg statt, so unterhielt er die Kolleginnen und Kollegen mit seinem musikalischen Talent mitunter beim festlichen Abendessen.


Professor Ebel war ein charismatischer Redner. Er wird aufgrund seiner brillanten Vorträge und pointierten Vorlesungen stets in Erinnerung bleiben. Herr Ebel hat insgesamt 120 Doktoranden zur Promotion geführt und damit die Pharmazie mit Analytikern bereichert, und zwar nicht nur die Industrie, sondern auch den akademischen Bereich. Vier seiner Schüler sind bzw. waren selbst als Professoren an Universitäten tätig. Aus den zahlreichen Drittmitteln hat Herr Ebel zum Ende seiner Universitätstätigkeit eine Stiftung ins Leben gerufen, aus deren Ausschüttungen jedes Jahr Doktoranden der Pharmazeutischen Analytik in Würzburg eine Tagung besuchen können, so dass auch dadurch sein Erbe weiterlebt.


Knut Baumann, Braunschweig
Ulrike Holzgrabe, Würzburg
Peter Surmann; Berlin
Hermann Wätzig; Braunschweig

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