I.t.f.305
Die sieben Weltalter des Dr. Hartmann Schedel
Hartmann Schedel: Liber chronicarum
Nürnberg: Anton Koberger für Sebald Schreyer und Sebastian Kammermeister, 1493; Ganzledereinband, Holzdeckel, 307 Blatt
Vorbesitzer: Abt Michael Bernhart, Benediktinerabtei St. Stephan, Würzburg
Signatur: I.t.f.305
Inhalt:
In der Zeit des Frühhumanismus und der Hochblüte der alten Reichsstadt Nürnberg entstand die «Schedelsche Weltchronik», die nach ihrem Entstehungsort oft auch «Nürnberger Chronik» genannt wird und aus der Feder des Nürnberger Stadtarztes Dr. Hartmann Schedel stammt. Die Weltchronik ist das bilderreichste Werk des 15. Jahrhunderts, über 1800 Holzschnitte sind darin enthalten. Auch darüber hinaus kann die Chronik mit Superlativen punkten: hergestellt in der Werkstatt Anton Kobergers, der zur damaligen Zeit bedeutendsten Druckeroffizin Deutschlands und illustriert in der größten Malerwerkstatt Nürnbergs, zu einer Zeit, als der junge Albrecht Dürer dort gerade seine Lehre beendete. Die darin enthaltenen Städteansichten, die die Chronik so berühmt gemacht haben, sind zum Teil die ältesten Ansichten der dargestellten Städte überhaupt. Die Deutschlandkarte Hieronymus Münzers, die auf der 1439 erschienenen Karte des Nikolaus von Cues basiert, ist die erste in einem Buch erschienene Deutschlandkarte und bildet den Abschluss der Chronik.
«Registrum» lautet das erste Wort des Titelblatts der lateinischen Ausgabe und tatsächlich beginnt die Chronik mit einem alphabetischen Register der darin erwähnten Personen, Orte und Dinge. Hartmann Schedel hat sein Werk als Enzyklopädie konzipiert, in dem die Zeitgenossen dank des umfassenden Registers das gesamte Wissen der Weltgeschichte von der Schöpfung bis zum Jüngsten Gericht bequem und mühelos nachschlagen konnten. Am 04. Juni 1493 war die Chronik fertiggestellt: «Dieses Werk, das von der Geschichte aller Weltalter handelt und Städte beschreibt, wurde in der berühmten Stadt Nürnberg vervollständigt und nun zu einem glücklichen Ende gebracht. Mit äußerstem Fleiß wurde es in kurzer Zeit von Doktor Hartmann Schedel zusammengetragen ...»
Gegliedert in sieben Weltalter, erstrecken sich die ersten fünf von der Entstehung der Welt bis zum Römischen Reich, unter Einbeziehung bedeutender Philosophen, Heiliger und Herrscher der Zeit. Das sechste Weltalter umfasst 1493 Jahre und ist das umfangreichste Kapitel der Chronik. Es beginnt mit dem Lebens- und Leidensweg Christi und endet in der Gegenwart unseres Autors. Die in Weltalter fünf begonnene Linie der Kaiser wird um die Linie der Päpste ergänzt, darunter auch die sagenumwobene Päpstin Johanna, leicht erkennbar an Tiara und Kind. Zahlreiche, nun schon recht authentische Stadtansichten bereichern Weltalter sechs, darunter auch die Ansicht Würzburgs. «An vil enden sind die berg mit weingarte besetzet …» Und der beste Frankenwein stammt aus Würzburg, lobt Hartmann Schedel in seiner Beschreibung die Stadt. Im siebten Weltalter «Von dem todt und der endschaft der ding» thematisiert Schedel das Erscheinen des Antichrists, den Weltuntergang, das Jüngste Gericht und die Auferstehung der Toten, die mit einem der großartigsten Holzschnitte Michael Wolgemuts illustriert ist: die Gräber öffnen sich und die Skelette vollführen einen Freudentanz. Im Anschluss an das siebte Weltalter finden sich einige Nachträge in der Chronik, darunter eine Beschreibung Polens, eine Charakteristik der Deutschen, eine Beschreibung ihrer Geschichte und ein Überblick über die europäischen Länder.
Schadensbild:
Einband:
Das Bezugsleder weist sowohl auf dem Vorder- als auch auf dem Rückdeckel massive Gebrauchsspuren auf. Durch die intensive Benutzung wurden auch das goldgeprägte Supralibros von Michael Bernhart auf dem Vorderdeckel und die große Kiliansplatte auf dem Rückdeckel in Mitleidenschaft gezogen. Das Entfernen der Eckbeschläge hat das Einbandleder zusätzlich strapaziert. Die Ecken sind stark bestoßen, die untere rechte Ecke des Vorderdeckels sogar bis auf den Holzdeckelkern. Das Rückenleder ist am Fuß im Falz gebrochen. Am Rückdeckel finden sich zahlreiche Wurmfraßlöcher.
Buchblock:
Der Buchblock ist sehr verschmutzt und auf den vordersten Blättern der ersten Lage sind massive Wasserränder zu sehen. Der vordere Spiegel weist zahlreiche Wurmfraßlöcher auf und das fliegende Blatt ist nahezu lose. An einigen Stellen ist das Papier leicht stockfleckig und schon etwas abgebaut. Mehrere Blätter weisen große Risse und Fehlstellen auf, bei einigen wurden Überklebungen mit holzschliffhaltigem Papier angebracht.
Kosten (Restaurierung inkl. Digitalisierung): 980,- €